Thomas Straumann: «Ich wollte ein Hotel für die Basler»

Foto: Lucia Hunziker

Er ist scheu. («Bin ich mir nicht bewusst.»)

Zurückgezogen.

Und mag kein Scheinwerferlicht...

Persönliche Interviews gibt er eh keine.

SAGT MAN.

ICH VERSUCHS TROTZDEM.

Immerhin hat er mir mein Lieblings-Hotel neu aufgebaut. Wie einen Zahn hat er es ausgehöhlt. Frisch gefüllt. Und perfekt poliert.

Er hat somit Basels schönstes Haus am Rhein vor irgendeiner China-Mafia oder den arabischen Scheichen gerettet. Und den Baslern ein Stück Heimat bewahrt.

«Er ist der perfekte Handwerker - er besitzt das hundertprozentige Gespür», hat mein Freund Innocent mir versichert.

Wir sind zur Vernissage des renovierten Trois Rois etwas zu früh dran gewesen. Thomas Straumann tigerte noch im Überkleid im Gang herum. Und klopfte einen Nagel in die Wand, um ein Bild umzuhängen: «Das ist ein Besessener ein Perfektionist», flüsterte mein Freund. Und: «So jemand wird immer Erfolg haben...»

Irgendwie klappt es. Wir finden ein Datum. Und natürlich sucht er sich als Meetingpoint sein Hotel aus: «Wir sind dort ganz unter uns...»

UNTER UNS? IM TROIS ROIS?

Der Chef de Service führt mich in die grosse Suite: drei Schlafzimmer... ein Whirlpool auf dem Dach... und ein Tisch, gedeckt für zwei - geschmückt mit Seekuh-rosigen Tulpen aus dem Blumenladen, der gleich gegenüber dem Hotel liegt. Seine Frau hat die Boutique ins Leben gerufen - und Straumann lächelt: «Natürlich liebt sie Blumen. Aber wir brauchen täglich so viele Rosen, Orchideen, Callas im Hotel - da machte es Sinn, einen eigenen Blumenladen zu eröffnen...»

Der Oberkellner zündet die Kerzen an - der Rahmen ist gediegen. Thomas Straumann schlicht: Jeans (etwas verwaschen), Pullover (ich wage nicht abzutasten, ob es sanftweicher Kaschmir ist), eine Regenjacke - und die Brille mit den runden Gläsern, die mit den Jahren zu seinem Markenzeichen geworden ist.

Ich habe ihn rund und prall in Erinnerung. Jetzt wirkt er jünger und schlanker.

Er strahlt: «Innert zwei Jahren habe ich 20 Kilos abgespeckt...»

Fitness?

«Nein. Entschlackungskur am Tegernsee einmal im Jahr...»

Du bist aber ein Geniesser...

«Ja. Das schon. Das Arge: Ich bin ein Abend-Esser ich liebe es, abends mit meiner Familie oder Freunden zusammenzusitzen. Und etwas Gutes auf getischt zu bekommen. Das schlägt dann an...»

Sport?

«Sehe ich so aus? Nein. Da muss ich abwinken...»

Aber die Pferde...?

«Nun ja - manchmal. Aber bist du je auf einem Pferd gewesen? Da hockst du sehr hoch... obwohl ich früher auch geritten bin, überlasse ich das Reiten meinen beiden Töchtern. Beide sind echt gut unterwegs. Sie leben für die Pferde...»

Du sollst mehr an alten Autos als an jungen Pferden interessiert gewesen sein?

Er lacht nun: «Das war eine andere Zeit - ich lebte mit meiner ersten Frau und den Kindern in Gstaad. Täglich fuhr ich mit dem Auto nach Waldenburg zur Arbeit. Und abends zurück. Es war ein unglaubliches Gefühl, wenn man abends wieder in die Berge heimkam du hattest sofort wieder die nötige Distanz zum Business-Stress!»

Weshalb Gstaad?

«Meine Kinder gingen dort zur Schule. Sie fühlten sich wohl - meine Söhne lernten Skispringen...»

Du selber bist in Waldenburg auf gewachsen - es gab zwei wichtige Familien im Tal. Beides Straumann:

«Ja - die einen von der Revue- Uhrenfabrik... und dann unsere. Die Familien waren sich nicht grün - man verkehrte in verschiedenen Beizen. Ein bisschen wars wie Romeo und Julia auf dem Lande. Der Zwist hörte an jenem Tag auf, als der Gemeinderat beide Seiten gleichzeitig für deren wirtschaftliche Verdienste zu Ehrenbürgern machte - an jener Ehrung haben die beiden Straumänner das Kriegsbeil begraben.»

Wie sind die Kindheitserinnerungen - war Waldenburg nicht ein graues Umfeld für ein Kind?

«Nein. War es nicht. Wir hatten damals noch viel Industrie im «Dääli» - da war immer etwas los...»

Aber die Schule hast du trotzdem nicht dort gemacht?

«Anfangs ja. Später besuchte ich Mayenfels, die Rudolf-Steiner-Schule in Pratteln. Dann machte ich eine Lehre als Polymechaniker in unserer Firma das Handwerkliche hat mich immer fasziniert. Und der Boden... das Land... Agrarwissenschaften wäre die Alternative gewesen.»

Also gärtnerst du eigenes Gemüse?

«Leider nicht. Aber ich habe mich mit einem guten Freund gleich hinter der deutschen Grenze, wo ich auch meine Pferde stehen habe, an einen kleinen Rebberg gewagt. Dieses Jahr wurde zum ersten Mal unser Wein abgefüllt. Er schmeckt gut - wir bieten ihn auch im Hotel an...»

Apropos: Hotelier? Auch immer ein Traum gewesen?

«Ich habe stets von einem Hotel geträumt - das kam daher, dass ich auf der ganzen Welt herumreisen musste. Und lange Zeit nur in Hotels daheim war. Die meisten dieser Kästen aber sind unpersönlich - alles okay. Aber es fehlt ihnen die Seele.

Mein Traumhotel sollte den Gästen ein Zuhause bieten - eine Behaglichkeit, in der sie sich sofort heimisch fühlen. Sodass das Einchecken zum Heimkommen wird...»

Du hast dir diesen Traum dann mit dem Bellevue in Gstaad verwirklicht:

«Man hat mir das Haus angeboten. Und ich war sofort begeistert... mit dem Trois Rois in Basel war es ähnlich...»

Trotzdem - das Bellevue hast du verkauft. Das Trois Rois behalten.

«Nach einer etwas schwierigen Zeit musste ich Ballast abwerfen: Auch ich habe in meinem Leben einmal eine Fehlinvestition gemacht. Also wollte ich mich wieder auf das Wichtigste konzentrieren: die Medizinaltechnik.

Das Bellevue konnte ich an alte Freunde der Familie verkaufen - an Rudolf Maag. Er war zu Lebzeiten meines Vaters für den gesamten Bereich Osteosynthese zuständig. Nach dem Tod meines Vaters hat er im Rahmen eines Management Buy-outs diesen Bereich übernommen und die Stratec Medical gegründet. Nun führt seine Tochter das Bellevue - hervorragend übrigens...»

Und das «Drei Könige»? - In verschiedenen Medien war es bereits als «verkauft» gemeldet.

«Wir hätten es einfach nicht über uns gebracht es steckt zu viel Herzblut drin da sind die Ideen meiner Familie in jeder Ecke eingebracht...»

Er lacht nun:

«Noch in der Nacht vor dem Opening sind wir mit einem Wagen voller Bilder von Zimmer zu Zimmer gezogen. Wir haben alles selber gehängt. Wieder ausgewechselt. So wird ein Haus zu deinem zweiten Ich. Das kann man nicht einfach weggeben...»

Heute gilt es als eines der schönsten Hotels weltweit.

«Wir geben unser Bestes. Das kann man nicht messen. Vorgaben wie: eine Serviette, ein Handtuch, ein Tischtuch muss so und so viele Quadratzenti meter haben und nach Norm gefaltet sein - ALSO: DAS TREIBT MICH DIE WÄNDE HOCH. Es sind nicht die Normen, welche die Ambiance aus machen. Ich sage immer: S P Ü R T die Stimmung. Das ist das Wertvollste...»

Im Trois Rois habt ihr die Schwellenangst abgebaut - trotz Luxus-Haus!

«Das war immer mein Ziel - ich wollte ein Hotel für die Basler. Die Stadt und ihre Leute müssen einbezogen sein - und nicht nur an der Fasnacht. Mit dem Hotel wollte und will ich dieser Stadt auch etwas zurückgeben...»

Es ist also keinesewgs nur ein Haus für fremde Gäste. Sondern für uns alle...

Er schaut vom Teller auf: «Unsere Auslastung mit Übernachtungen liegt bei etwas über 60 Prozent. Das Hotel kann sich also tragen. Die Bar aber könnten wir drei Mal besetzen - der Salon mit den High Tea-Nach mittagen auch. Die Basler sind hier daheim. Das wollte ich immer.

Wir bieten eine gute Mischung von gediegenem Rahmen und Lokalem. Die Gäste schätzen das - denn Luxus-Kästen, wo sie unter sich sind, haben sie auf der ganzen Welt!»

Zu aller Pracht flimmern noch drei Michelin-Sterne von Peter Knogl - ist der Druck nicht immens?

«Peter Knogl weiss als Bayer, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht und dennoch in hohen Sphären kreativ ist, mit dem Druck umzu gehen...»

Wie plant ihr?

«Mit Peter sitze ich vier Mal jährlich zusammen. Wir hören einander zu. Und wir sind kreativ. So können die nächsten Schritte eingeleitet werden.

Und natürlich haben wir auch Pläne fürs Hotel - man muss immer investieren. Restaurieren. Neues kreieren. Ich habe ja noch die ganze Kunst, die das Donati ausmachte, gelagert... auch darüber kann man Ideen spinnen...»

Hat die Stadt je für den grossen Einsatz - er hat dich immerhin zig Millionen gekostet - gedankt?

«Mehrfach. Und ich muss sagen: Wir haben nur gute Erfahrungen gemacht. Von Anfang an konnten wir hervor ragend mit der Regierung, den Bau behörden und dem Denkmalschutz zusammenarbeiten. Sie haben u n s und wir s i e in die Pläne eingebunden - so wurde das Drei Könige unser a l l e r Projekt.

Ein Stück Basel eben...»

Vorlieben und Abneigungen

Er mag: Pferde, gemütliches Ambiente und Landwirtschaft

Er mag nicht: Nierchen, strenge Anzüge («nun ja - manchmal muss es sein») und Schlendrian

Samstag, 14. März 2020