-minu in Italien

Schon als Kind war Italien mein Traumziel. Wir hatten ein Ferienhaus in Adelboden – das bedeutete: Frühling in Adelboden. Winter in Adelboden. Sommer in Adelboden.

DA LECHZTE DIE SEELE NACH ABWECHSLUNG. BESONDERS DA ALLE ANDERN KINDERN VON RIMINI UND GELATO SCHWÄRMTEN.

Gottlob hatte ich eine Grosstante, die in Italien verheiratet war. Mehr noch: sie hatte sich einen Conte geangelt und lebte auf einem Gut über dem Orta-See. Zu ihr durfte ich hin und wieder in die Ferien – und das war ein anderes Leben.

Keine Minestrone aus dem Knorr-Beutel, sondern ein göttliches Gemisch aus frischen Gartengemüsen und Rinderbrühe ... es gab Damast mit eingewobenen Familienwappen ... und einen Riesengarten, wo Parma-Veilchen unter Pinien blühten. DAS WAR NICHT DIE 2-ZIMMERWOHNUNG AN DER COLMARERSTRASSE!

So schätzte ich nicht nur Zia Nelly und ihre Umgebung – so begann ich auch Italien und seine Leute zu lieben.

Mit 23 Lenzen wollte ich von der National-Zeitung weg. Mein damaliger Verleger, Fritz Hagemann, liess dies nicht zu: "Blödsinn – Sie haben es gut bei uns. Aber ich kann verstehen, wenn Sie einen Tapetenwechsel brauchen. Fahren sie nach Rom. Besuchen Sie dort die Kurse von Dante Alighieri – und kommen Sie mit einem Diplom zurück".

So fuhr ich zehn Sommer lang nach Rom, um dort mein Italienisch aufzumöbeln. Als ich das Diplom hatte, wollte ich weiterhin in Rom bleiben – und beschloss hier mein Zweitdomizil zu beziehen. Dazu kam "Mont'Argentario" – eine kleine Halbinsel am südlichsten Zipfel Italiens, wo mein Freund Innocent und ich schon seit vielen Jahren die Herbstmonate vebrachten.

Heute lebe ich immer noch in Rom – einen Steinwurf hinter dem Pantheon. Und ich pendle zwischen der Insel und der ewigen Stadt hin und her.

Etwa 6 Monate jährlich bin ich in Italien – und brauche dieses "andere Leben", um zu erkennen, dass es eigentlich überall auf der Welt dasselbe ist. Die Probleme reduzieren sich auf den Menschen. Und der ist stets gleich.

Meine Insel-Bewohner (Fischer und Rebbauern) auf Argentario unterscheiden sich übrigens kaum von den Berglern in Adelboden – erst wer längere Zeit im Ausland gelebt (und dort nicht einfach Ferien verbracht, sondern auch gearbeitet hat), merkt, dass sich das Leben überall ähnelt.