Vom «Durchdiener» und von falschen Wimpern…

Illustration: Rebekka Heeb

Tim greift sich an die Kehle wie im Horrorfilm. Dann verdreht er die Augen: «Ich sterbe vor Durst» – und knallt mit dem Handrücken den Korken vom Bierfläschchen.

«Kannst du nicht mit einem Flaschenöffner…», höre ich meinen lahmen Einwand. Und fühle mich steinalt.

Dann: «…nimm wenigstens ein Glas!»

JETZT FÜHLST DU DICH NOCH ÄLTER!

Erschienen am: 
Dienstag, 25. August 2015

Sächsilütteplatz

Liz schaute über den grossen Platz.

Dann auf ihre Uhr: «Klar – Mia kommt wie immer zu spät.»

Dort wo bei andern ein Wecker in den Ganglien tickte, tickte bei Mia nur etwas: «KERLE! KERLE! KERLE!»

Liz schaute einem jungen Mann zu, der sich von den Wasserfontänen des Springbrunnens vollspritzen liess. Er hatte kurz gestutztes Kopfhaar. Eine schwarze Brille mit dickem Rand. Und er trug einen grauen Bankieranzug.

«Der hat klar einen an der Waffel» – dachte Liz.

Erschienen am: 
Montag, 24. August 2015

Vom kleinen Lädeli und der grossen Qualität…

Illustration: Rebekka Heeb

Tante Gertrude hatte Geld. Viel Geld. Sie war jedoch nicht deswegen meine Lieblingstante. SIE HATTE AUCH EIN GESCHÄFT. EINE GESCHÄFTIGE TANTE ALSO.

Das Schönste: In ihrem Lädeli gabs ganze Töpfe mit Schleckstängeln, Zuckererdbeeren und Bazooka-Kaugummistangen – die, mit denen man so herr­liche rosa Blasen blasen konnte. ES WAR DER ANFANG EINER ROSIGEN BLASEZEIT.

Erschienen am: 
Dienstag, 18. August 2015

Schöner Max

Sie blätterten im Album.

Es waren eingeklebte Erinnerungen.

Madeleine streichelte mit ihren feinen Fingern über ein gepresstes Edelweiss.

Auf dem Foto daneben posierte Max vor einem Fels. Wanderhose. Rote Socken. Und sein Sonnenlachen.

«Schöner Max» – lächelte Madeleine. Und strich über das Foto.

Das mit der Wanderung und dem Edelweiss, das er ihr aus einem Büschel Gras im Fels gezupft hatte,war lange her. Madeleine war damals eben vierzig geworden. Er knapp über 20.

Erschienen am: 
Montag, 17. August 2015

Vom Ruf der Berge

Illustration: Rebekka Heeb

«Ruf der Berge» – das ist nicht etwa das Neuste aus der Feder von Reinhold Messner. «Ruf der Berge» – so hat mein gütiger Vater 1956 seinen 8-Millimeter-Schmalspur-Film benannt, der ihn beim Klettern zeigt. Der Streifen wurde im Säli des Restaurants Hopfenkranz auf die Menschen losgelassen. Der Trämlerchor sang vor und nach der Spule.

Erschienen am: 
Dienstag, 11. August 2015

Krumm gelaufen

Walter kam nach Hause.

Pfeifend.

Als er den Koffer sah, war ausgepfiffen!

Es war SEIN Koffer.

Darauf ein Zettel von Martha:

«MACH DASS DU ZUM TEUFEL KOMMST. ICH WEISS ALLES!»

ALLES – das war Svetlana. Er hatte sie bei seiner Pedicure kennengelernt.

Svetlana war dort Assistentin. Was so viel bedeutete wie: Sie faltete Handtücher. Und füllte die Zehenbecken mit Warmwasser.

Erschienen am: 
Montag, 10. August 2015

Ratatouille froide

Für 4 Personen

Zutaten:

3 reife Tomaten
1 grosse Zwiebel
3 Knoblauchzehen
1 Aubergine
2 Kartoffeln (hartkochend)
2 Zucchini
1 Peperoni
1 Tasse schwarze Oliven
2 Stängel Stangensellerie
2 Esslöffel getrockneter Oregano
1 Mokkalöffel Kreuzkümmel
1 Kaffeelöffel Zucker
Salz
eine Messerspitze mit gemörsertem Peperoncino
2 Kaffeelöffel Zimt
1 dl Olivenöl
frisch gehackter Peterli

Peter Knogl, "Koch des Jahres 2015": «Ich trage meine Seele in den Augen»

Köche sind speziell. ES SIND SENSIBLE MIMOSEN.

Sie sind für die Umwelt nicht immer einfach zu verstehen.

Ihre Welt ist die Küche. Viel mehr hat daneben nicht mehr Platz. Denn Kochen ist ein Beruf für Freaks.

UND EINE RUNDUMBERUFUNG.

Spitzenköche sind noch spezieller. Es sind Primadonnen. Ihre Namen werden von Hand auf das weisse Jacket eingestickt. Später tauchen die Schriftzüge dann als mondäne Labels auf Essig­flaschen, Gewürzmischungen und Hausmacherpasteten auf.

Erschienen am: 
Samstag, 8. August 2015

Vom Wandel der Medien und tanzenden Redaktoren

Illustration: Rebekka Heeb

Zeitungen sterben. Weltweit.

Sie erlöschen wie die Sterne im All – oder wie abgefackelte Kerzen in den katholischen Kirchen. Es bleibt ein bisschen Weihrauch um alles. Und der Glaube aufs Bessere.

Als altes Zeitungspferd stirbst du immer ein bisschen mit. Manchmal tut es weh.

Manchmal findest dus auch spannend: Was kommt jetzt? Sicher ist: Der Medienbetrieb hat sich immer verändert.

Erschienen am: 
Dienstag, 4. August 2015

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