Von der Flucht vor Weihnachten und der Kälte in Malaga
Marlies stand vor dem geöffneten Koffer.
Im Radio schmetterte Frank Sinatra «White Christmas».
«Nein danke!», brummte Marlies. Drückte den Out-Knopf. Und überprüfte nochmals ihre Sachen: Strandsandalen... drei hauchdünne Blusen... Sonnencrème, Faktor 50 (sie war rothaarig und hatte eine hyperempfindliche Haut) – dann zwei Bikinis (sie machte auch mit 50 Lenzen noch eine gute Figur), ein bodenlanges Seidenkleid (falls das Hotel zu irgend so einer idiotischen «Gala-Dinner-Soirée» blies).
Lenchens Weihnachten
Lenchen war klein. Aber das Mädchen hatte einen Kopf, der war grösser als ein Hobelkäse: «E Wassergring», spotteten die Bauern «u de nät ganz 100!» Sie redeten vom «armen Lenchen». Und machten einen grossen Bogen um das Kind.
Im Sommer sass die Kleine mit einer fleckigen Stoffpuppe vor dem Haus. Und drückte Änneli an sich.
Im Winter spielte es im dunklen, kleinen Bauernstübchen. Und war allen im Wege.
Süsse Weihnachten und die Eisbombe
Von Mailänderli aus der Gutzibüchse bis zu den Iles flottantes – die Feiertage sind ein Fest der Schleckmäuler
Süsses war Weihnachten. N U R WEIHNACHTEN. Ich meine das so: Wenn wir Kinder unter dem Jahr mal irgendeinen Colafrosch oder eine Zuckererdbeere reinsaugen wollten, da mussten wir das von unserm Sackgeld berappen.
-minus Iles flottantes
4 Eiweiss
1 TL Zitronensaft
75 g Zucker
1,5 l Milch
1 Vanillepudding zum Anrühren (Beutel Dawa/Oetker etc.)
2 Päckchen Vanillezucker (8 g)
5 dl Vollrahm
Von Marzipandatteln und Liesel am Telefon…
«BITTE KEINE GÄSTE!» Innocent gab sich sehr dezidiert. Es ist das Fest des Friedens. Und der Besinnung.
OHGOTTOHGOTT. Das kann ja ein fröhliches Fest werden: zwei alte Knacker alleine am Arsch der Welt. Drei Lampengirlanden in einem Olivenbaum. Und als Höchste aller Freuden: drei Voltaren-Zäpfli und vier Gläslein Grappa. NICHT MIT MIR!
Innocent machte dann eine Einschränkung. «Allerhöchstens Lieselchen und ihr Graf…» LIESEL! DIESER HEXENBESEN AN MEINER WEIHNACHTSFEIER?! Eher nehme ich die Fahrkarte zum Mond.
Casting
Das Kind heulte.
Teerschwarze Striemen zogen sich über das dick gepuderte Gesicht. Der grellrot geschminkte Mund zitterte:
«ICH WILL NICHT MEHR!»
Die Stimme der Mutter reagierte eiskalt: «Mireille... reiss dich zusammen. Sonst setzt es was...»
Sie griff zur Kleenex-Schachtel: «Schau mal in den Spiegel... willst du so die Schönste sein?»
Mireille schwieg. Sie war jetzt sieben Jahre alt.
SIE WOLLTE SCHON LANGE NICHT MEHR DIE SCHÖNSTE SEIN.
Von einer gewagten Idee und einem Gedicht
Es war eine Schnapsidee. Weich. Und schräg. Aber Evchen hat gebohrt. Und gebohrt. Dann hat sie ihre grossen Katzenaugen gemacht. Sooooo. Wenn sie auch ein Weib ist und seit zehn Jahre Rente zieht, so werde ich bei Evchen immer noch schwach.
EVCHEN IST DAS LESBOS IM SCHWULEN MANNE. Najasoungefähr.
Klausentag
«Eine gute Wahl!» – nickte die Verkäuferin anerkennend.
«Man gönnt sich ja sonst nichts», seufzte Fanny.
«Dir hats doch ins Gehirn geschissen!» – tobte die Mutter. Dies allerdings auf Wolke 13. Trotzdem – Fanny konnte den Zornausbruch deutlich hören.
Die Verkäuferin steckte das Objekt in ein flauschiges Schutztuch: «Ein Geschenk?»
«Nur für mich», winkte Fanny ab. Und schalt sich insgeheim eine dumme Kuh: «DA GEHT EBEN DEIN GANZER 13. MONATSLOHN DAHIN. GRATULIERE!»
So.
Jennifer Mulinde: «Dann sehen sie mich – die schwarze Helvetia»
«Röschti-Bar?»
Die Berliner Taxifahrerin schüttelt unwillig den Kopf: «Det kenn ich nicht.»
Wir stottern in ihrem klapprigen Opel durch Berlin Kreuzberg: Kebab-Buden … viel schrilles Jungobst …grüne, blaue, rosa Mähnen… Tattoo-Studios… die bröckelnden Mauern voll von Graffiti: FUCK YOU!
«Es ist ein kultureller Treffpunkt…», versuche ich es.
«Det is schrill», lacht die Rothaarige am Steuer. «Uf Kultur machn s hier alle…»