Glossen

Irma sass in der Küche.
Sie sass immer in der Küche. Das Haus zählte 23 Zimmer, fünf Bäder und einen Estrich voller Erinnerungen.
In der Küche hatte sie über ein halbes Jahrhundert verbracht. Auch jetzt ging ihr Blick mindestens einmal die Minute zum Kasten über der Spüle.

03.10.2011

Max hob den Spazierstock. Der silberne Griff? ein springender Jaguar? blitzte in der Sonne auf.
Dann schlug er zu.
Drei Mal. Fünf Mal. Zehn Mal.
Er keuchte.

26.09.2011

Ein gewöhnlicher Samstag.
Nein. Kein gewöhnlicher. Es war: Hochzeitstag. Und der sollte Leos Leben verändern.
Der Chefbuchhalter und Hobby-Imker sass mit seiner Hanna in einem Nobelkasten der Stadt (Hanna: «einmal möchte ich mich auch verwöhnen...»).

19.09.2011

Der Herr stand nackt vor ihrer Tür. Alice Hämmerle musterte ihn genau. Das letzte Mal, als sie einen nackten Mann gesehen hatte, war bei der Einsargung ihres Gatten gewesen. Viel hatte es da eh nie zu sehen gegeben. «Bitte!», japste der Mann. Und hielt seine flatternden Hände vor das Drittbein.

12.09.2011

Es war Liebe auf den ersten Blick. Dabei war er gar nicht der Typ für solche Geschichten. Nie hätte sich Max vorstellen können, eines Tages so etwas zu besteigen.
UND NUN DIES.
ER WAR TOTAL BEGEISTERT. VOR ALLEM VON DEN DICKEN PNEUS.

05.09.2011

Sven stand vor der Tattoo-Bude. Der etwas mickrige Laden nannte sich «zum guten Stich». Im Schaufenster lag ein Buch mit Ornamenten, Schriften und einem blutenden Herzen.
«TI AMO»? las Sven auf dem Band, das sich wie eine wild gewordene Schlange um das Herz wand.

29.08.2011

Sie war ein fröhliches Ding gewesen. Ein Heitergemüt.
«Mein Frohfloh», hatte sie ihre Mutter zärtlich gerufen.
Weniger romantisch sah das ihre Gymnasial- klasse: «Lachsack-Susi!» Mit ihrem perlenden Gegagger konnte sie den andern schon auch mal zünftig auf den Sack gehen.

22.08.2011

Es war nicht Odettes Morgen.
Miranda hatte es prophezeit. Genau so.
NIEMAND VERSTEHT ODETTE BESSER ALS MIRANDA. DENN MIRANDA IST ODETTES KARTENLEGERIN.

15.08.2011

Die Ehe war Durchschnitt. Eine Ehe, wie sie in den 50er-Jahren geführt wurde.
Er hat ihr stets Rosen geschenkt. Rote Rosen.
Denn er war ein einfaches Gemüt? und rote Rosen bedeuteten für ihn: ICH LIEBE DICH.
Worte hat er nie viele gemacht. War nicht sein Ding.

08.08.2011

Draussen wollte es nicht dunkel werden. Trudy schaute aus dem Fenster. Dann auf die Dose mit den Tabletten.
Ein paar Vögel zwitscherten geschäftehubrig herum. Eigentlich war schon längst Nestgehzeit.

25.07.2011

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