Marco Lusto schaut mich an.Er betrachtet mich, wie man etwa einen Gebrauchtwagen abschätzt.
Oder vier Occasionspneus.
Die Mimpfeli erscheinen immer am Dienstag im Kulturmagazin der BaZ.
Marco Lusto schaut mich an.Er betrachtet mich, wie man etwa einen Gebrauchtwagen abschätzt.
Oder vier Occasionspneus.
Es ist zu viel!
Viel zu viel zu viel!
Julchen meinte es gut. Sie war in Rom. Und ihr Finger war vom Selfie-Auslöser so wenig wegzukriegen wie Tante Mobbel vom Kuchenbuffet.
«DU SIEHST SÜSS AUS!» – schrieb sie dann aus Basel eine MMS. Und hängte das Süsse an.
Er stierte mich an.
Und seine (genetisch vererbte) stark ausgeprägte Kinnlade rutschte nach unten.
Es lag weniger an mir. Als am Schottenrock. Oder dem, was vom Schottenrock übrig geblieben war.
Milli war eine andere Welt.
Um ihre geheimnisvoll knisternden Seidenröcke wehte ein leises: «Mit Prinzessin Annetrude bin ich auf Du.» Oder: «Ihr hättet mal die Palatschinken essen sollen, die bei Tante General aufgetischt wurden!»
Die kleine Frau bei «Demel» fällt auf. Wie eine Tortenschachtel im Leichenhaus. Oder ein blühender Kirschbaum in der Wüste. Ihr Kopf trägt ein grünes Hütchen. Darauf zittern ein Dutzend Federn in Regenbogenfarben. Die Vögel allerdings scheinen ausgeflogen zu sein.
Jörn schrie Zetermordio. Und wenn ein Kind schreit, gehen meine Nackenhaare hoch wie Omi Meier, wenn wir sie auf die Wippe liessen.
«Dläääfer … Dläääfer!», brüllte der Kleine.
Es war April. Sonnenschein. Gaukelnde Bienen im Kopf. Und Schmetterlinge im Bauch. FRÜHLING TOTAL ALSO. Ansonsten: Sturm. DENN ICH HATTE DIE MATUR GESCHMISSEN.
Es gibt Leute, die meinen es gut. ABER ICH KÖNNTE SIE ERWÜRGEN. Sie schleppen alte Fotos an. Und das Schlimme: Es sind Fotos von mir. «Ist das nicht grossartig?», hecheln sie wie Hunde, die ein Stück von der Wurst erwarten.
Ich schaue auf die Foto. Und was ich sehe, lässt mich weinen: EIN SCHÖNER, JUNGER MANN. OHNE SCHNAUZER. OHNE FETT AN DEN HÜFTEN. ABER MIT ÜPPIGEN ZAPFENLOCKEN! Da schellt mich doch die Tusse von einer dieser wunderbaren Fernsehsendungen, wo es um Beziehungsprobleme geht und zwei Parteien einander unglaublich ordinäre Schimpfwörter an den Kopf schmettern, um so die Quote nach oben zu treiben… aus diesem fulminanten Familientwist schellt mich also doch tatsächlich eine parkierte Velofahrerin vors Haus.
Die Alte stützte sich auf den Rollator. Sie hatte Rouge auf ihren faltigen Bäckchen – es sah aus, als würde Abendrot über eine aufgerissene Strasse ausgegossen. «Sono Lucia», stellte sie sich nun vor. «LUCIA DI PARMA – SIE ERINNERN SICH?»
Georges war ein Weichei. Mutlos. Er lebte in seiner verlogenen Welt.
Ich meine: Er ging allen Schwierigkeiten aus dem Wege.
Daran musste ich denken, als «der Kreis», dieses bejubelte Schweizer Film-Lamento über ein trauriges Schwulenleben über mich hereinbrach.