Nicht ohne Toblerone

Eine süsse Dreiecksgeschichte

Rezept: Schiessers Mousse

Vor fast 100 Jahren wurde die Toblerone von Theodor Tobler erfunden. Inspiriert wurde der Berner Fabrikant durch einen Besuch in den Pariser Folies Bergères.

Schokolade macht glücklich. Na ja - das sagt man jetzt so.
Ich meine: Die ganze Welt schokoladet sich auf, seit ein Zeitungsartikel allen gaggobraun auf weiss klar machte: Schokolade ist gesund. Und macht glücklich.
So sollen in jeder Praline, in jedem Rippchen «Zartbitter mit Nuss» wunderbare, noch undefinierte Vitamine und Endorphine stecken, die uns irgendwie den transzendentalen Gong geben. Ein Stückchen nur - und du startest ins Nirwana. Zwei Bissen - und Buddha begrüsst dich persönlich.
Hey, das war endlich mal eine gute Nachricht. Also ran an die Tafel! Die zweitbeste Nachricht haben uns die Herren Rippchen-Forscher gleich auch noch in Stanniol verpackt: Schokolade macht nicht dick! Allerdings muss sich der Geniesser da an diese Schoggi halten, der man mindestens 72 Prozent Kakao beigemengt hat. Kakao ohne Zucker schmeckt allerdings bitter. (Das ist eben das Bittere daran, wenn einer schlank bleiben will.)

Schlank mit Spass. Aber, Freunde: Ihr könnt euch ja dick geschlagene und vorher herrlich gesüsste Rahmberge draufdonnern. Wow! So macht schlanke Schoggi Spass.

Weniger froh macht uns Schweizer die Nachricht, dass wir nicht die Schokobohne dieser Welt sind. Auch nicht deren süsser Nabel. Natürlich denkt jeder und alles ausserhalb unserer Grenzen: Die Schweiz ist das Land, wo Käs’ und Schoggi fliessen. Doch das ist nur bei Käse so. Den nennt man dann «la Fondue». Aber Schokolade - also die ist zuerst am italienischen Hof geflossen. Und zuallererst bei den Inka-Frauen. Sie haben gestampfte Kakaobohnen mit etwas Wasser aufgeschäumt und diesen «Kakao» gegen Menstruationsschmerzen geschlürft. Aus jener Zeit stammt die irrige Meinung, Schokolade sei etwas Typisches für Frauen. Ist es nicht! Auch Männer haben ihre Tage.
Also: Sicher ist, dass zur Zeit der Könige Schokolade in Spanien, Frankreich und Italien in feinen Tässchen zum Nachmittagsplausch serviert worden ist. Die Hochburg der Schokolade war damals Turin. Hier wurde dann im vorletzten Jahrhundert auch die erste feste Tafelschoggi herausgetüftelt. Man mengte sehr viel gestossene Haselnüsse (und hiervon kommen die besten aus der Gegend um Turin) unter die gemahlenen Schokobohnen - und fabrizierte so etwas wie einen Brei, der noch gezuckert wurde. Heute nennt man das Ganze Gianduja. Früher wars die erste Art der Tafelschokolade.

Ab nach Turin. Als die Kunde dieses köstlichen Schleckzeugs dann auch über die Berge nach Helvetien einzog, zogen die Schweizer Zuckerbäcker sofort aus. Sie wollten in Turin ihr Handwerk verfeinern. So kommts, dass gegen Ende des 19. Jahrhunderts Schokoladenmänner wie Nestlé, Peter, Cailler und Kohler zuerst in Turin in die Lehre gingen. Und dann in der Schweiz ihre Fabrikationen anwarfen. Sie verfeinerten die dunkle Schokolade mit dem Landesprodukt Helvetiens: der Milch. Schon war die legendäre Schweizer Milchschoggi geboren - diese Schokolade, die dann weltweit Furore machte. Und heute nur noch durch die violette Milchkuh von Milka
und dem Überraschungsei der Kinderschokolade ernstlich konkurrenziert wird. Nun hat die Schweiz wohl die Milchschokolade erfunden, die Erfolgsgeschichte der «chocolat suisse» aber hat in Bern ihren Anfang gefunden. Etwas später als bei den andern Schokoladenherren sprang bei Theodor Tobler der Funke: Zusammen mit seinem Vater und seinen Geschwistern gründete er in der Mutzenstadt «Chocolat Tobler». Der junge Tobler, ein Bonvivant und Schöngeist, ging voll auf Expansionskurs: 1900 beschäftigte die Firma 50 Leute, zwölf Jahre später bereits 600. Bald einmal verbreitete sich der Duft von Schokolade über ganz Bern.

Tobler erregt mit avantgardistischen Werbeaktionen und seinem risikofreudigen Geschäftsgebaren Aufsehen. Er bringt die Firma an die Weltspitze. Der grösste Coup startet der lebensfrohe Mann, der Kunst wie Frauen liebte, mit der eigenwilligen Zackenform seiner neusten Kreation: der Toblerone.

Zum Fressen süss. Inspiriert wurde der Fabrikant durch einen Besuch in den Pariser Folies Bergères. Die Damen gruppierten sich am Schluss zu einer Pyramide - und da soll Tobler ausgerufen haben: «Das ist ja zum Fressen süss. So eine Pyramide werde ich für die Schweiz kreieren - aus Schokolade!» Voilà: 1908 wurden die ersten Zacken von Toblerone eingewickelt. Das «one» am Namen Tobler hat nicht etwa (wie fälschlicherweise oft behauptet) einen amerikanischen Sound: Es hat nichts mit der Ziffer 1 zu tun, sondern es erinnert an «Torrone», an italienischen Nougat. Das Geheimnis der Toblerone ist nämlich die Kombination von Milchschokolade und Mandelnougat.

Heute wird die berühmteste Schokolade der Welt noch immer in Bern hergestellt. Von hier aus tritt sie die Reise in alle Erdteile an. Bereits über fünf Milliarden Stangen haben Bern seit der Gründung der Fabrik verlassen.
Und die Toblers? Die Firma tauchte wie fast alle Schokoladenfabriken im Übernahmesog unter. Zuerst kam Toblerone zu Suchard, dann kaufte Klaus Jacobs das grösste Aktienpaket - und verkaufte vor 15 Jahren seine Schokoladenpapiere an Philipp Morris. Geblieben sind die Zacken. Und Helvetiens berühmteste Schokoladengeschichte.

Schiessers Mousse

Vom Fachmann. Was liegt näher, als für die berühmteste Schokolade der Welt einen berühmten Basler Chocolatier nach einem Rezept zu fragen. Stephan Schiesser ist für seine Schokoladenspezialitäten bekannt: «Allerdings verwenden wir da nicht Toblerone, sondern unsere eigenen Rohschokoladenprodukte. Wichtig ist da immer die Mischung.»
Toblerone hat den Süssmann vom Basler Markt nun zu einer Mousse inspiriert - et voilà: Mousse de Toblerone allo Stephane.

Zutaten:
100 g weisse Toblerone, 100g schwarze Toblerone, 2 Eier, 4 dl Rahm, Puderzucker, Akazienhonig (flüssig). Für die Deko Krokantsplitter.

Zubereitung:
Dunkle Schokolade im Wasserbad auflösen. Ei mit einem Esslöffel voll Puderzucker verrühren - die flüssige Schokolade unterrühren. Zum Schluss 2 dl steifgeschlagenen Rahm unterziehen.
Mit der weissen Schokolade ebenso verfahren, nur verwendet man hier lediglich einen halben Esslöffel Puderzucker.
Nun nimmt man eisgekühlte Champagnergläser und dressiert die Moussen (mit 2 separaten Spritzsäcken) ins Glas: zuerst weisse Mousse, dann Akazienhonig, dunkle Mousse, Akazienhonig, weisse Mousse usw. Zuletzt wird mit der weissen Mousse eine Rosette dressiert und alles mit Krokantsplittern überschneit.

E Guete!

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Freitag, 19. August 2005