Der braune Regen...

Maggi - das weltweit berühmteste Flüssigkraut

Rezept: Haferflockensuppe

Für Hausfrauen und Hobbyköche ist es Horror. Da pflütteln sie Köstliches aufs Tellerchen. Sie wägen die Geschmacksnoten mit einer Prise Dill, etwas Zitronenpfeffer und einer Messerspitze voll Curry ab. Dann wird liebevoll der Saft einer halben, nicht allzujungen Limelle hinzugefügt und die Sauce mit etwas Crème épaisse gebunden.
UND WAS FRAGT DER GAST? - "Habt Ihr kein Maggi im Haus?!".
Es sind diese Momente, wo Hausfrauen morden!

Unsere liebe Mutter, die sich zur Hochzeitsreise meinem Vater aufs Vespa schwang und enthusiastisch nach Corsica losbrauste, erzählte immer wieder die Geschichte, wie sie bei Halbmond durch die Juni-Nacht über die Küstenstrasse gedonnert seien. Vor ihnen habe das Meer wie ein zu Füssen gefallener Himmel gefunkelt - die Leuchtkäfer hätten Tango getanzt und die Luft sei geschwängert gewesen mit diesem eigenen, schweren Duft von Liebstöckelpflanzen. Mutter habe sich an Vaters Rücken geschmiegt und geflüstert: "An was denkst Du jetzt, Hans?".
Und der: "An eine schöne Haferflockensuppe mit viel, viel Maggi drüber ..."

Vater war der Inbegfriff des Maggi-avellis. Kaum dass Mutter die Suppe geschöpft hatte, griff er auch schon zum Fläschchen. Und obwohl die gute Gattin genervt aufschrie: "Versuch doch zuerst!" liess er's braune Tropfen prasseln, dass heutige Sturmgewitter ein sanftes Nieseln dagegen sind.
Rüstete sich unser Erzeuger für die Bergtour und mussten wir geplagte Kinder mitbeineln, so winkte uns auf dem Gipfel nicht etwa der vielgepriesene Ovosport-Stengel oder ein Riegel der heissgeliebten Frionor als Belohung. Nein. Vater schälte das Maggifläschlein aus dem Rucksack. Und liess es reiherum gehen: "Das gibt Euch wieder genügend Salz!".
Noch heute kann ich keinen Dreitausender sehen ohne an ein Maggifläschlein denken zu müssen. Und bei jedem Maggifläschlein kommt mir die Lust auf Frionor.

Die Geschichte des weltberühmten Fläschleins hat ihren Ursprung in Kempttal. Und wie so oft ist es die Erfolgsgeschichte einer dieser Nieten, vor denen jeder Lehrer das Kreuz schlägt und sagt: "Aus dem wird nie etwas!".
SO GESCHEHEN BEI JULIUS MAGGI .
Der gute Julius, Zweitgenratiönler italienischer Einwanderer war auf der Schulbank nicht gerade die hellste aller Leuchten. Um ehrlich zu sein: er patzte die Kaufmanns-Lehre, fiel durch die Prüfungen und hatte den Kopf eh nur in Kochtöpfen, weil Kochen das einzige war, was ihm Spass machte. Kochen und Chemie. Und auch heute noch geht in kulinarischer Hinsicht beides parallel.

Nun war Julius Maggi ein grosser Liebhaber von Liebstöckel, den sein Mütterchen in Suppen und Salate schnipselte. Julius pröbelte, bis er ein Extrakt herausgetfütelt hatte, dessen Tropfen so braun wie altes Nussholz waren und das Parfum so kösltich wie das heiss geliebte Levisticum officinale. Vor 120 Jahren war's, als dieses Extrakt dann in ein Fläschlein abgefüllt wurde und die Hausfrauen der damaligen Zeit begeisterte. Zu jener Zeit kannte man als Würze lediglich Salz und eine Zwiebel. Erfreut, endlich ein bisschen neue Farb- und Aromanuancen ins Alltagsmenu einbringen zu können, begann die Zeit des braunen Regens. Maggi startete von Kempttal aus seinen Siegeszug in die Welt - Julius Maggi aber drehte der Schweiz und seinen Lehrern, die ihn als Niete abgetan hatten, eine lange Nase. Er zog nach Paris, wo selbst Escoffier seinen Saft pries und Herr Maggi seinen Vornamen Julius in "Jules" umgarnierte.

Es mag nicht zuletzt auch an der eigenwilligen Form des Maggifläschleins gelegen haben, dass Maggi zum weltweit berühmtesten Flüssigkraut wurde. Wie die Flüssigkeit entsteht, ist auch heute noch das gehütete Geheimnis der Fabrikanten - sicher aber ist, dass die braunen Tropfen nie auch nur ein Hundertstel Gramm vom Liebstöckel gesehen haben. Und dennoch ist der Duft nach dem Kraut frappant - ja, die Maggiwürze hat gar den Liebstöckel soweit beeinflusst, dass er im Volksmund als "Maggikraut" im Garten gepflückt wird.

Überhaupt hat Maggi die Menschen geprägt. Nicht nur meinen Vater. In den 50er und 60er Jahren hat das Fläschlein auf keinem Beizentisch fehlen dürfen. Heute rümpfen die Gourmet-Köche zwar die Nase - aber auch jetzt gibt es noch diese verfressenen Kinder, welche Brotschnitten mit Maggi beträufeln und diese genüsslich reinlullen. Und auch in der Zeit des Wachtelbrüstchen auf Estragon hat's immer wieder Feinschmecker, die heimlich das Maggifläschlein wie den Flachmann ansetzen, die Augen genüsslich verdrehen und seufzen: "Es geht nichts über Jules' braune Tropfen".

Vor 120 Jahren hat Frank Wedekind den ersten Werbespruch für Maggi lanciert:
Das wissen selbst die Kinderlein:
mit Würze wird die Suppe fein.
Drum holt das Gretchen munter:
die Maggiflasch' herunter ..."
Der Werbespruch ist verblasst - das Fläschlein ist geblieben. Zur Freude aller Maggi-os dieser Welt.

Unser Maggi-Rezept wurde von einem der bekanntesten Spitzenköche Helvetiens herausgetüftelt. Seit 23 Jahren führt Stefan Meier den Rathauskeller von Zug zu kulinarischen Höhen. Zusammen mit Hubert Erni hat er hier eine Oase für Gourmets errichtet, zu der die Feinschmecker aus allen Ländern pilgern.
Erinnerungen an Maggi?
Stefan Meier lacht: "Da ist vor allem die Erinneurng an meinen Vater. Und an die Haferflockensuppe. Über die hat er heftig das Maggifläschlein geschüttelt. Und wir Kinder haben es ihm genüsslich nachgemacht ..."

Heute hat er ein zwiespältiges Verhältnis zum berühmten Fläschlein: "Für meine Kinderzeit bei Baden war das ok. Mittlerweilen hat sich der Gaumen weiter entwickelt, verfeinert - heute geniesse ich die Parfums von frischen Kräutern ..."
Natürlich habe die Haferflockensuppe mit dem Maggi auch heute noch ihre Berechtigung: "etwa in einer Skihütte nach einer Abfahrt - oder im Sommer auf den Bergen nach einer Wanderung ... da ist diese Suppe justement das Wahre."

Für uns hat Stefan Meier wieder einmal zum Fläschlein gegriffen - und eine Haferflockensuppe kreiert, wie sie seine Mutter noch auf den Tisch gebracht hat:

Haferflockensuppe

(für 10 Personen)

Zutaten:
150 gr. Haferflocken, 1 kl. Zwiebel (fein gehackt), 1 kl. Gemüselauch(in feine Streifen geschnitten) 1 geschälte Karotte (in feine Streifen geshcnitten), 2 El Erdnussöl, 2,5 Liter Gemüsebouillon, 1 Bund Liebstöckel (Maggikraut) fein geschnitten, 1,5 dl. Rahm, Maggi (nach Belieben), Salz, Pfeffer

Zubereitung:
In einem Kochtopf Erdnussöl erhitzen, Zwiebeln darin andünsten und die Gemüsestreifen ebenfalls langsam anziehen lassen.
Haferflocken dazugeben und während 3-4 Minuten mitdünsten.
Mit etwas Gemüsebouillon ablöschen und den Rest nachschütten. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Und alls aufkochen lassen.
Während 20 Minuten bei schwachem Feuer köcherln lassen.
Kurz vor dem Servieren den Rahm und das Maggikraut hinzufügen und mit Maggi verfeinern.

E Guete!

Rezeptkategorie: 
Freitag, 8. Juli 2005