Sizilianischer Trommler

Die alte Frau war alleine in der grossen Wohnung.

Sie öffnete die grosse Schranktüre. Und schloss sie gleich wieder.

SIE SCHAFFTE DAS EINFACH NICHT!

Anna hatte vor zwei Wochen ihren Sohn verloren. Unerwartet.

Carlo war ein Ski-Narr gewesen. Er liebte die Abfahrten fern jeder Piste. Die Lawine kam ­plötzlich.

Wie in Trance war Anna in die Kirche zur ­Abdankung gegangen. Der Sarg war mit einem Tuch bedeckt gewesen – schwarz wie ihr ­Trauerkleid.

Erschienen am: 
Montag, 8. Februar 2016

Von der Liebe zu Mimosen und dem Leben

Illustration: Rebekka Heeb

Mutter mochte Mimosen nicht. Sie verursachen Migräne. So behauptete sie zumindest. Sie mochte auch Piccolos nicht. Die hohen Töne «machen mir Kopfweh».

Und politische Diskussionen gingen ebenfalls unter Mimosen: «Ich bekomme gleich einen Anfall.»

So wurden alle Diskussionen im Keim erstickt. Allerdings immer erst, nachdem Mutter ihre Ansichten klipp und klar aufgetischt hatte.

Vater schenkte seiner Gattin also müde Tulpen statt der «schrecklich stinkenden Flaumkügelchen».

Erschienen am: 
Dienstag, 2. Februar 2016

Abwasch

Sie hasste den Abwasch.

Das war schon immer so gewesen.

Bei schmutzigen Tellern, auf denen noch Resten von Wurst oder Eigelb klebten, wurde Louise übel.

Verkrustete Pfannen gaben ihr den Rest.

Als Kind hatte sie ihre Schwester bestochen. «Ich mache deine Rechnungsaufgaben, wenn du für mich abwäschst…»

Sie war eine gute Chemikerin. Und freute sich nach dem Studium am grosszügigen Salär bei einem der Basler Chemie-Giganten.

Jean-Claude lernte sie an einem Kongress kennen.

Erschienen am: 
Montag, 1. Februar 2016

Regen auf Teneriffa

Nancy lächelte ihrem Sitznachbar zu.

«Sieht heiss aus», dachte sie.

Hans lächelte zurück.

«Wowww!», dachte auch er.

Dann entdeckte Nancy seine kleine Narbe ­zwischen Nase und Lippe.

Und sein Blick blieb auf ihrem rötlichen ­Muttermal, über das sie die blonden Haare fallen liess, hängen.

«Aha» – dachten nun beide.

Nancy hat das Muttermal seit ihrer Kindheit. Nichts Gravierendes. Aber es reichte, um sie als junges Mädchen unglücklich zu machen.

ACH, WAS – JUNGES MÄDCHEN!

Erschienen am: 
Montag, 25. Januar 2016

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