Klausentag

«Eine gute Wahl!» – nickte die Verkäuferin ­anerkennend.

«Man gönnt sich ja sonst nichts», seufzte Fanny.

«Dir hats doch ins Gehirn geschissen!» – tobte die Mutter. Dies allerdings auf Wolke 13. Trotzdem – Fanny konnte den Zornausbruch ­deutlich hören.

Die Verkäuferin steckte das Objekt in ein ­flauschiges Schutztuch: «Ein Geschenk?»

«Nur für mich», winkte Fanny ab. Und schalt sich insgeheim eine dumme Kuh: «DA GEHT EBEN DEIN GANZER 13. MONATSLOHN DAHIN. ­GRATULIERE!»

So.

Erschienen am: 
Montag, 7. Dezember 2015

Jennifer Mulinde: «Dann sehen sie mich – die schwarze Helvetia»

«Röschti-Bar?»

Die Berliner Taxifahrerin schüttelt unwillig den Kopf: «Det kenn ich nicht.»

Wir stottern in ihrem klapprigen Opel durch Berlin Kreuzberg: Kebab-Buden … viel schrilles Jungobst …grüne, blaue, rosa Mähnen… Tattoo-Studios… die bröckelnden Mauern voll von Graffiti: FUCK YOU!

«Es ist ein kultureller Treffpunkt…», versuche ich es.

«Det is schrill», lacht die Rothaarige am Steuer. «Uf Kultur machn s hier alle…»

Erschienen am: 
Montag, 7. Dezember 2015

Vom Sänger an Beethovens Grab

Illustration: Rebekka Heeb

Die Frau am kleinen Holztisch wippt mit den Füssen. Sie trägt Ballerina-­Schläppchen in der rosigen Farbe von ­welken Pfingstrosen. Das schüttere Haar fällt ihr in ­dünnen, teerschwarz gefärbten Strähnen auf eine weissliche Spitzenbluse. Letztere ist für immer dahin: Denn auch der rabiateste Meister Riese kann den Gilb der Jahrzehnte nicht mehr rauszwingen.

Vor dem Runzelpüppchen liegt eine Herbst­kugel – die Wiener Spezialität des Novembers: ein Schneeball aus Schlagobers, glacierten Kastanien und Zuckersirup.

Erschienen am: 
Dienstag, 1. Dezember 2015

Fleischeslust

«Hansi – ESSEN FERTIG!»

Hans hangelte nach seinen Finken.

Er stemmte sich aus dem Fernsehsessel hoch. Und rieb in Vorfreude die Hände: Das Abendessen war ihm das Liebste!

Sein Arzt hatte allerdings die alte Leier vom ­«Kaiser am Frühstück» und «Bettler beim ­Abendmahl» gesungen: «Nach 18.00 nur ein Joghurt. Oder ein Stück Brot mit Milch, Herr ­Tobler. Beim Frühstück aber dürfen Sie in die Vollen greifen ...»

Hans Tobler war nie ein Frühstücker gewesen: eine Tasse Kaffee. Eine Zigarette. Fertig.

Erschienen am: 
Montag, 30. November 2015

Von Gasbomben in Rom und Klopfzeichen als SMS

Illustration: Rebekka Heeb

Als der Mann die Bombe in meinem Schlafzimmer sah, begann er zu hyperventilieren. Dann lief er grünlich an: «JA SIND SIE NOCH ZU ­RETTEN?! TOTAL DURCH­GESTARTET, WAS?! Raus hier – bevor alles in die Luft geht!» Dies alles in sizilianischem Schnellschussdialekt.

Und: MEIN GOTT, DIESES AFFENTHEATER WEGEN EINES LAUSIGEN BÖMBCHENS!

Ich lebe seit über 30 Jahren mit Bomben in Rom. Ja, man kann ruhig sagen: Es ist meine ­bombigste Zeit.

Erschienen am: 
Dienstag, 24. November 2015

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