Sonnige Mimosen

Sie sah die Mimosen. Sie standen auf einem kleinen Rolltisch vor dem Spitalzimmer. Und Ingrid ärgerte sich. Hatte sie nicht gesagt, man solle die Blumen nicht aus dem Zimmer entfernen!

Für Franco waren diese Blumen wichtig – ein Gruss aus seiner Jugend.

«Blumes haltet eh nicht lange… krankes Mann bekommen Kopfweh von dieses stark Geschmack» – so hatte die Krankenschwester ­argumentiert.

Erschienen am: 
Montag, 23. Januar 2017

Von der Weltmeisterin in Adelboden und Ski-Horror

Illustration: Rebekka Heeb

WINTER WAR ADELBODEN-­ZEIT. Ich hasste den Schnee. Ich hasste die klobigen Skischuhe. MEINE FÜSSE HATTEN BESSERES VERDIENT: Ballerinaschläppchen – NUN JA: ZUMINDEST TIGER-FINKLI! Ich hasste meinen Vater, der mich 50-mal aufs Kuonisbergli rauf und runter peitschte: «Nur noch das eine Mal… DANN HAST DU DIR EIN STÜCK SCHWARZ­WÄLDERTORTE IM CAFE SCHMID VERDIENT!» Es blieb nie beim «einen Mal».

Erschienen am: 
Dienstag, 17. Januar 2017

Zwillinge

Sie waren Zwillinge.

UND DOCH SO VERSCHIEDEN!

Die Leute blieben vor dem Doppelwagen stehen: «…sie ähneln sich wie ein Ei dem andern…»

DUMMES GESCHWÄTZ!

Denn äusserlich sahen sich Marc und Hans wohl ähnlich – aber ihre Seelen waren so verschieden wie Weihwasser und Essig.

Hans war ein Sonnenschein. Mit den strahlenden Augen des ersten Frühlingstags.

Marc hingegen – ein Quengelsack. Nerviger ­Rumbrüller. Schon mit sechs Monaten zeigten sich die ersten Zornesfalten über seinem spitzen Näschen.

Erschienen am: 
Montag, 16. Januar 2017

Von der Omi mit der Schlüssel-Macke

Illustration: Rebekka Heeb

Wenn ich die Fotokisten durchwühle, um die Lebens­erinnerungen für ein Buch zu bündeln, kommt mir immer wieder die Omi in die Finger.Über ihrem weissen, gewellten Haar trägt sie ein hauchfeines Netz. Auf dem Schoss eine grosse Tasche. Und stets steckte sie in weiten, nachtblauen Blumenröcken, die ihr eine Freundin in Heimarbeit und auf einer laut ratternden Nähmaschine zusammengebaut hatte.

Die Kleider wechseln auf den Fotos. Die Tasche nicht. Es war ein rissiger Gräuel aus aller­härtestem Leder. Und sie wog gut zwölf Pfund.

Erschienen am: 
Dienstag, 10. Januar 2017

Haarschnitt

Er wollte nicht mehr.

FERTIG. AUS.

Hans schaute in den Friseurspiegel.

Seit über einem halben Jahrhundert hing der an der Wand. Schon sein Vater hatte davor Haare geschnitten, Schnauzer gestutzt, Bärte rasiert.

Es war keine Frage, dass Hans die Schere übernehmen würde.

Hat er auch. Er spezialisierte sich auf Coupe Hardy. UND Bürstenhaarschnitt.

Es kam eine lange Zeit der langen Mähnen. Die totale Krise. Haarig!

Erschienen am: 
Montag, 9. Januar 2017

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