Vom Kuhauflauf in Appenzell und der Navi-Tante

Illustration: Rebekka Heeb

«ES IST 50. FÜÜÜÜÜNFZIG.»

Innocent fährt mit. Und bei. Er kommentiert jeden Meter: «Du bist zu schnell ...kein Wunder, dass es Bussen hagelt ... ACHTUNG – DER LKW KOMMT RAUS!»

Es müsste ein Spray –PFFFFT! – erfunden werden, der meckernde Beifahrer betäubt. Den Pfeffer haben wir ja – aber besser­wissende Beifahrer sind die wohl schlimmste Art der Vergewaltigung!

Wir brettern also in Richtung Appenzell. Und wir kurven auf der Rheinstrasse.

Erschienen am: 
Dienstag, 18. Oktober 2016

Von einem Trip nach Sibirien

Illustration: Rebekka Heeb

Es war Ende der 70er-Jahre, als Innocent die Krise baute.Seine Eltern lagen ihm täglich in den Ohren: «HEIRATE ENDLICH!» Dabei hatten sie NICHT an MICH gedacht.

Das Geschlecht der Blechseufzer ist eines der ältesten der Schweiz. Und das zweit­älteste in der Stadt. Nur das­jenige meiner Grossmutter war älter. Meyer. Mit Ypsilon. Das nervte die Blechseufzer.

SO ETWAS WIE DIE BLECHSEUFZER MUSSTE ALSO WEITERGEHEN. FERTIG. PUNKT. UND KEINESFALLS SCHLUSSPUNKT.

Erschienen am: 
Dienstag, 11. Oktober 2016

Herbstblumen

«WAAAALTI – könntest du mal mit dem ­Abfallsack…?!»

Hildi stand in der Küche. Sie kochte Quitten zu Mus. Die letzten dieses Jahr.

Und natürlich hatte sie die Früchte viel zu spät vom Baum genommen. Sie waren nun gelb. ­QUITTENGELB. Und jeder Banause wusste, dass Quitten jung vom Ast besser gelierten. Und mehr hergaben.

«Du hast die Quitten viel zu spät abgenommen…», nörgelte er in Richtung Küchentür.

Erschienen am: 
Montag, 10. Oktober 2016

Von Kommunisten und den Frikadellen der Omi

Illustration: Rebekka Heeb

Mein Grossvater war Kommunist. Zumindest, wenn man meinem Vater Glauben schenken wollte. Überprüfen konnte ich das nie.

Das Einzige, das mir von meinem Grossvater blieb, waren zwei Fotos: Eines zeigte ihn mit jenem Säbel in Militär­uniform hoch zu Ross. Das andere im weissen Leichenhemd eingebettet im Sarg. ES WAREN BEIDES KEINE FOTOS, DIE EIN ZARTBESAITETES KIND ZUM JAUCHZEN BRINGEN.

Erschienen am: 
Dienstag, 4. Oktober 2016

Höhenflug

Mit 10 Jahren wurde sie verführt.

In der Badewanne.

Onkel Max spielte «Die lustige Ente» mit ihr.

Er stieg zur Kleinen in den Fichtennadelschaum.

Und dann kam das mit der «lustigen Ente» – böser Onkel! Der Onkel wurde angezeigt. Mireille bekam Hilfe – «psychologischen Beistand» nannten sie das.

Doch das kleine Mädchen verkroch sich.

Blockte ab. Und wurde eine Einzelgängerin.

Erschienen am: 
Montag, 3. Oktober 2016

Von den grossen Stars und Interviews

Illustration: Rebekka Heeb

Als ich Lale Andersen ­interviewte war ich neun Jahre alt. Und sie 51.

Damals schrieb ich eine Klassenzeitung. Absolut Klasse. Das Jahres-Abo kostete fünf Cola-Frösche. Meine Mutter war die einzige Abo­n­nentin. Meine Schulklasse interessierte sich nur für ­Fussballbilder. SO VIEL ZUM THEMA: PRINT­MEDIEN HABEN ES SCHWER. SIE HATTEN ES DAMALS SCHON.

Erschienen am: 
Dienstag, 27. September 2016

Tod eines Cocktails

Der Kellner balancierte das Glas mit eisgekühltem Grenadinesirup an den Tisch.

Der Barmixer hatte den Drink mit einen Schuss Kirsch gewürzt. Dann steckte er einen Limettenschnitz an den verzuckerten Glasrand. Im ­purpurroten Getränk schwammen zwei ­Orchiedeenblüten: «ERNEST» – so wurde der Longdrink in ­Fachkreisen genannt.

ES WAR DIE ETWAS VERSPIELTE ART, WIE MONSIEUR DE LA CAVE SEINEN DRINK MOCHTE.

DIES SEIT BALD 50 JAHREN.

Erschienen am: 
Montag, 26. September 2016

Frau -witsch

Hilde zupfte ein paar der abgewelkten Geranien aus der Blumenkiste.

Die Tauben hatten auf der ganzen Terrasse beschissene Grüsse hinterlassen.

UND AN DEM TÖPFCHEN MIT DEM BASILIKUM KLEBTE DOCH TATSÄCHLICH EINE SCHNECKE!

Weiss der Teufel, wie die auf den Balkon klettern konnte.

Hilde atmete tief durch.

Der Balkon war ihre Welt. Und diese Welt liess sie sich nicht durch Taubenschiss und diesem ­Schleimer von Schneck durch den Dreck ziehen!

Erschienen am: 
Montag, 19. September 2016

Von der Erfahrung, wie man auf den Hund kommt

Illustration: Rebekka Heeb

Als vor etwa zwei Monaten die SP erstmals laut herausbellte: «EIN HUNDEPARADIES AUF DEM MARKT!», musste ich doch laut lachen. Guter PR-Gag. Gutes Fasnachtssujet. Gute Schlussfolgerung: Die SP ist auf den Hund gekommen. Ich habe dann die Gruppe der Jungsozialisten bewundert, die zurückgebissen hat: «Haben wir in dieser Stadt keine andern Probleme!»

Anscheinend nicht. Wir streiten um Puff-­Zonen und sehen das grosse Puff nicht mehr. Wir rufen nach Hundevergnügen und merken nicht, wie so ziemlich alles zur Sau geht.

Erschienen am: 
Dienstag, 13. September 2016

Seiten