Der Comment

Mutter hatte es mit dem Comment. Grossmutter noch ärger.
Das war die Meyer-Seite. Meyer mit Ypsilon. Und deshalb etwas Besonderes.
Die Vaterseite warf den Comment total über den Haufen. Und die Ypsilons rümpften die Nase. «Typisch? schnitzt sich ein teures Zündholz zu einem Zahnstocher. Und stochert damit ungeniert sein Amalgam durch. HIER IST ABER JEMAND WIRKLICH MIT DEM SECHSERTRAM DURCH DIE KINDERSTUBE GEFAHREN?!»

Erschienen am: 
Montag, 25. Februar 2008

Der Blaggedde-Verkäufer

Als mich der Binggis mit seinen untertassengrossen, rabenschwarzen Augen anschaute, da konnte ich gar nicht anders.

Klar. Ich habe schon einige Dutzend Fasnachtsblaggedde angehängt bekommen: 3 kupferne, 6 silberne, 3 goldene. Da sind die Kinder von Urs (sie nehmen die Bestellungen schon im Oktober auf). Da ist meine Nachbarin (pfeift in einem Schyssdräggzigli). Dann mein Masseur («Was hast du gegen Wagencliquen? Jetzt unterstützt auch uns einmal!»).

Erschienen am: 
Montag, 13. Februar 2006

Der Beischläfer

«? er schläft mit Max!», flüsterte Innocent zu seiner Freundin Rosie. Und rümpfte die Nase.
«Ich weiss nicht, was er an ihm sieht?»
Derweil hockt Max auf meinem Bett. Und stiert - zugegeben - etwas hilflos in eine Ecke.
«? und das Allerschlimmste: Max muss auf alle unsere Reisen mit. Ich finde das nur noch peinlich?»
Nun werde ich aber doch leicht säuerlich. «Noch ein Wort und ich sage mit wem DU herumpennst?»
Daraufhin hat Innocent hurtig das Thema gewechselt.

Erschienen am: 
Montag, 17. September 2007

Der Barbiere

Andrea bückte sich. Sein Atem ging knapp. «Ich sollte aufhören...», dachte der Barbiere. «Aufhören mit allem...»
Dann schloss der 78-Jährige mühsam das Eisengitter vor seinem Barbiergeschäft im römischen Getto? ein Laden, in dem schon sein Grossvater Bärte rasiert und Haare geschnitten hatte. Und dessen Grossvater davor.
«Der älteste Barbiere im Getto...», hatte ein Lokalreporter einmal in einer Reportage geschrieben.
Andrea hatte den Artikel ausgeschnitten. Und neben dem grossen, ovalen Spiegel an die Wand geklebt.

Erschienen am: 
Montag, 18. Juni 2012

Der andere 1. Mai

Was für ein Wochenende! Oh Gott! Und mit Gott. Ich meine: ER war immer dabei. Und natürlich Glanz und Gloria. Die Ereignisse schlugen Schlag auf Schlag in die TV-Kisten ein, so dass man zum Schluss nicht mehr so richtig wusste, ob nun an diesem ersten Mai-Weekend Prinz William selig gesprochen und Papst Ratzinger endlich unter die Haube gebracht wurde.
Issjauachegal. HAUPTSACHE DIE FERNSEHKISTEN DAMPFTEN. UND MILLIARDEN DAMPFTEN MIT.

Erschienen am: 
Montag, 2. Mai 2011

Deidideldumm

«Damit können Sie auch fernsehen!»? Die Verkäuferin war gereizt.
Seit einer geschlagenen Viertelstunde betete sie diesem Alten nun ein Mobiltelefon nach dem andern hin. Und der zuckte stets nur mit den Schultern. «Ach, ich weiss nicht recht...»
Heinz wurde immer unsicherer. Weshalb nur hatte er diesen verdammten SHOP betreten? Und was wollte diese miesgelaunte Zicke mit der silbernen Kugel im Nasenflügel von ihm? Heinz mochte gepiercte Nasenflügel nicht. Und schon gar keine miesgelaunten Fräuleins.

Erschienen am: 
Montag, 6. Februar 2012

Das verbotene Lachen

Sie sahen aus wie vom Mars: eine Gruppe kleiner, silberner Männchen.
Sie wackelten mit ihren fetten Gummiköpfen. Wenn jemand eine Münze in die kleine Kartonschachtel warf, hüpften sie freudig auf und lachten schallend drauflos? ein Lachen, das an den einstigen Lachsack erinnerte. Und alle Menschen mitlachen liess.
«Köpfe ab!»
Der Polizist stand drohend vor der Gruppe, die am römischen Corso auf dem Boden sass.
Sein Kollege brüllte: «Wirds bald!»
Zögernd schälte Vadim die Gummimaske vom Kopf.

Erschienen am: 
Montag, 2. Januar 2012

Das spezielle Fieber

Mit fünf Lenzen überfiel es mich erstmals.
Ich bebte am ganzen Körper vor Neid. Ich fieberte vor Verlangen. Objekt meiner Begierde war Dora. Nicht sie selber.
ABER DORA TRUG EIN PRINZESSCHEN-KOSTÜM.
Und das war das ehrgeizige Ziel meiner Wünsche.
ICH WOLLTE PRINZESSIN SEIN.
Später, als mich Generationen von Psychoanalytikern flach legten, um die Gründe meiner skurrilen Bedürfnisse zu erforschen, klopften sie mit ihren Bleistiften immer wieder etwas ungeduldig auf den Block:

Erschienen am: 
Montag, 12. Februar 2007

Das schwere Los des Osterhasen

Er stellte die Frage beim Frühstückskaffee.
Die ersten bunten Ostereier lagen im Silberkörbchen.
Daneben Mayo. Und Aromat.
Immer wenn es Ostern wird, stellt er diese Frage? DIE KOMMT WIE DAS AMEN IN DER KIRCHE. ODER DER DOTTER IM EI. UND SISSI AN WEIHNACHTEN.
«Wer war zuerst da? Das Huhn? Oder das Ei?»
Dann grinst er triumphierend über diesen witzigen Knaller. Greift zum Hartgesottenen. Und knallt das Ei mit dem Messer in zwei Teile. ES IST ZUM HÜHNER KRIEGEN.
«Das Ei!»
«Bitte?»

Erschienen am: 
Montag, 18. April 2011

Das Parfum

Erwin war nett.
NETT? ist der richtige Begriff.
Erwin arbeitete als Buchhalter in einer Schraubenfabrik. Zuverlässig. Und ohne zu motzen, wenn man ihn bei der Lohnerhöhung vergass.
Er war ein zufriedener Ehemann. Milli, seine Frau, kochte ihn rundlich. Und war anhänglich mit einem leichten Hang zur Eifersucht.
18 Jahre lebten sie nun zusammen? 18 Jahre stellte sie beim Morgenkuss immer dieselbe Frage, um sie auch gleich mit einem Befehl beantworten zu lassen: «LIEBST DU MICH?? SAG, DASS DU MICH LIEBST!»

Erschienen am: 
Montag, 17. Dezember 2012

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