Blaue Donau in Alassio

Die Saison war ausgelutscht. Viele Badeanstalten hatten bereits geschlossen.
Die Kellner zeigten das müde Gesicht eines erloschenen Sommers. Sie warteten auf November. Dann war endgültig Schluss. Und sie konnten auch einen Happen Ferien geniessen. Last Minute nach Teneriffa.
DIE AUSGELATSCHTEN SERVICE-FÜSSE IM SALZWASSER BADEN!
Louise liebte diesen Saisonschluss in Alassio. Immer Ende September reiste sie an. Ihr Gepäck: EIN KOFFER MIT ERINNERUNGEN.

Erschienen am: 
Montag, 17. Oktober 2011

Bergwandern

ER HASSTE DIE BERGE.
Seit 37 Jahren fuhr er mit Hanne-Trudy hin.
Einmal hatte er in einem mutigen Moment auf­begehrt: «Könnten wir vielleicht dieses Jahr ans Meer. Ich möchte zumindest e i n m a l in meinem Leben den Horizont gesehen haben?»
«OTTO!»? sie schaute ihn verärgert an, «du weisst, dass ich bei zu viel Jod nicht atmen kann. Und ein weiter Horizont bringt nur Kopfweh. WAS HAST DU GEGEN ADELBODEN?!»

Erschienen am: 
Montag, 10. Juni 2013

Bergidylle

Er war ein Weichei!
EIN WARMDUSCHER.
Nein. Sie hatte mit ihm nicht das grosse Los gezogen.
WEISS GOTT NICHT!
Der angehende Wirtschaftsprüfer entpuppte sich schon bald einmal als Niete. Mit Anfällen von Hypochondrie. Und einem Grind, stur wie ein Esel ?
Bereits im dritten Ehejahr war ihr Sexleben so tot wie die Sympathien gegenüber einer Grossbank.
Sie blieben kinderlos. Die paar Versuche dagegen waren eh eine lahme Sache gewesen. Ohne harte Entschlossenheit ? wenn man es so sehen will.

Erschienen am: 
Montag, 5. August 2013

Bergdohlen

Sie sind schwarz wie Teer. Rabenschwarz.
Nein. Diese Bezeichnung trifft es nicht. Denn es sind Dohlen - Alpendohlen. Auf Lateinisch: pyrrhocoraces graculi. (Beten wir zu den Himmlischen, dass ich es richtig in den Plural gesetzt habe, und kein Klugscheisser Vögel bekommt - vergelts Gott).
Hier in Adelboden am Fusse des Wildstrubels und im Schatten des Lohners heissen die Vögel: Bergdohlen.
Die Bergdohlen waren die Freunde meines Vaters. Seelenverwandte.

Erschienen am: 
Montag, 24. Juli 2006

Beraubt

Drei Tage vor dem neuen Jahr haben sie mein - ICH - gestohlen. Na ja - gestohlen würde ja noch angehen.
SIE HABEN ES MIR GERAUBT. Im Tram - genauer: in der Nummer 8, die von der Römer Torre Argentina zur Stazione Trastevere rumpelt. Die Täter kamen von hinten - doch davon später.

Erschienen am: 
Montag, 2. Januar 2006

Beifahren

Elsie hebelte demonstrativ am Beifahrersitz herum.
Natürlich hatte Walti ihn verstellt. Dabei waren sie genau gleich gross: 170 gelebte Zentimeter.
ABER NEIN? E R FÜHLTE SICH, WIE IMMER, GRÖSSER.
Walti seinerseits fuhr den Fahrersitz zurück.
«WALTI? JETZT HÖR AUF, AN DEM SESSEL RUMZUWERKELN!»
«D u werkelst, Elsie?der Beifahrersitz war genau programmiert. Rückenschonend. ­Nackenstützend. UND JETZT KOMMST DU UND MACHST EINEN ZWERGENSESSEL DARAUS!»
AM BESTEN: FRAU SCHWIEG!

Erschienen am: 
Montag, 2. Dezember 2013

Beauty-Queen

Daisy stach zu. Wieder. Immer wieder.
Ihre Mutter schrie schrill auf.
Die Nachbarn pochten an die verschlossene Türe.
Dann hörte man die Polizeisirenen.
Das junge Mädchen sass am Küchentisch. Es hielt das spitze Kartoffelmesser noch immer in der Hand. Die Mutter lag vornübergebeugt auf dem Tisch. Ihre Augen glotzten offen in das Gemüsebecken.
Drin lagen Kartoffeln. Geschält. Das weisse Fleisch des Gemüses wurde durch ein paar Blutstropfen rosig gefärbt.

Erschienen am: 
Montag, 20. Februar 2012

Basel / Zürich

«Zürich ist kosmopolitischer, internationaler?», sagt Heinz Spoerli.
Er muss es wissen. Er tanzt dort. Und hat auch in Basel seinen Tanz aufgeführt.
«Basel ist kleiner als Zürich. Das nervt hier viele. Dabei könnte gerade das Kleine ein Plus sein?» Das sagt Mirjam Blocher. Sie ist mit Zürich verwoben - und backt trotzdem in Basel ihr süsses Brot.
«In Zürich ist für die Jungen mehr los», erklärt Stylistin Cécile Grieder. «Deshalb gehen alle dorthin in den Ausgang. Viele wandern für immer weg? Das ist gefährlich!»

Erschienen am: 
Montag, 29. Oktober 2007

Ausländer

«Nimm ein Taxi!»? das war Walter.
Aber Erna dachte nicht im Traum daran, so viel Geld aus dem Fenster zu werfen. Sie war 82. Doch sie war noch gut auf den Beinen. Also fuhr sie mit der Zahnradbahn von der Rigi nach Vitznau. Dann mit dem Schiff nach Luzern. Von dort gings bequem mit dem Zug nach Basel.
Nun ja? BEQUEM WAR ANDERS. Sie fuhr 2. Klasse. Und diese Klasse war bumsvoll. Doch Erna sah nicht ein, weshalb sie 1. Klasse bezahlen sollte, wenn sie mit der 2. genauso schnell ankam.

Erschienen am: 
Montag, 27. August 2012

Arztbesuch

Eigentlich fühlte er sich ganz wohl.
Nun ja? da war manchmal dieses bleierne «Es geht gar nichts mehr»-Gefühl. Besonders wenn Paul den Rasen mähen sollte. Oder wenn Nelly aus dem Badezimmer das Wort zum Tag durchgab: «Der Mistkübelsack muss noch runter!»
IN SOLCHEN MOMENTEN FÜHLTE ER SICH SCHLAFF. AUSGELAUGT. 120 JAHRE ALT!

Erschienen am: 
Montag, 19. August 2013

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