«Zürich ist kosmopolitischer, internationaler?», sagt Heinz Spoerli.
Er muss es wissen. Er tanzt dort. Und hat auch in Basel seinen Tanz aufgeführt.
«Basel ist kleiner als Zürich. Das nervt hier viele. Dabei könnte gerade das Kleine ein Plus sein?» Das sagt Mirjam Blocher. Sie ist mit Zürich verwoben - und backt trotzdem in Basel ihr süsses Brot.
«In Zürich ist für die Jungen mehr los», erklärt Stylistin Cécile Grieder. «Deshalb gehen alle dorthin in den Ausgang. Viele wandern für immer weg? Das ist gefährlich!»
Sie selber hat ein Zimmer in Zürich - um näher beim Leben zu sein.
Da wird selbst politischen Pflaumen wie unsereinem klar: Hallo, irgendwo scheint es Probleme zu geben. Probleme in Basel. Probleme, die eine Regierung nicht im Griff hat. Probleme, die anscheinend eine FDP-starke Stadt und ein SVP-gigantischer Kanton besser bewältigen als wir aufs Rheinknie Gefallenen? Andersrum: Basel scheint für Sozialhilfeempfänger attraktiv zu sein - Zürich jedoch für fröhliche, junge Leute.
Das klingt zynisch. Ist aber (so man diesen «In Zürich läuft einfach mehr»-Rufen Glauben schenkt) bittere Realität.
In Zürich machen sie aus dem Kulturpreis einen Event mit Pomp und Gloria. Sie schicken ihren Stapi, einen charismatischen Redner mit Pointen so bunt wie Mässmögge. Danach Dinner bei Petermann. Zwei Sterne.
In Basel: Prix Schappo. Morin. Und Streicheleinheiten für einen Verein, der Strafentlassene betreut.
Wer in Zürich durch die Bahnhofstrasse spaziert, steht diesen gelierten, jungen Businessmen mit den dunklen Anzügen und Knopf am Hals gegenüber.
Bei uns: die alte Frau mit der Handharmonika und dem russischen Tränenwalzer. Ein Junkie mit dem obligaten «Hesch mer e Stutz?»-Gebet. Und überall: Velohelme statt Gel.
In Basel sind wir stolz auf unsere museale Kultur - preisen diese aber vornehm pianissimo.
Die Zürcher sind stolz auf die Oper. Pereiras Töne sind dort so fortissimo, dass selbst ein mittelmässig gesetztes B zu einem hohen C wird. Entsprechend ist die Bude voll. Weil die Menschen dort den Glamour und laute Töne eben lieben.
In Basel träumt man Dügg nach. Und: «Das waren noch Zeiten?!»
Man muss zugeben, dass der politische Filz downtown Limmat engmaschig und bis in die öffentlichen Anstalten oder gar Verlegerhäuser verwoben ist. Doch dem kosmopolitischen Schick wird der rote Filzteppich ausgerollt - auch wenn dieser Teppich in Zürich weiss Gott nicht rot ist.
In Basel haben wir den roten Teppich ebenso - wie auch den politischen Filz. Aber der Schick fehlt.
In diesem Zusammenhang wäre doch die Frage zu stellen, ob der neue Stapi wirklich wieder aus diesem politischen Filz kommen muss. Wäre es nicht sinnvoller, irgendeine unabhängige Königin zu wählen, die nicht mit allem und jedem verbandelt ist? Sie könnte mit Baselstab-Krone und in den Droschken des Kutschenmuseums winkend durch unsere Stadt ziehen.
Ich meine: Dann wäre hier wirklich etwas los! Die offiziellen Basel-Gäste würden mit Stil und Meissen-Geschirr empfangen - nicht mit dem Goldrändchen-Service von Ikea. Und einem Umweltbillett.
Irgendwo läuft etwas falsch - und die Bevölkerung davon.
Sprengen wir den Filz - haben wir den Mut, eine Königin zu wählen. Von mir aus Trudi Gerster. Die Handharmonika-Frau. Oder Nubya. Jedenfalls jemanden, der aus dem Leben kommt.
Und nicht aus der politischen Retorte.
Basel / Zürich
Montag, 29. Oktober 2007