Königin der Wilis

Luggi Schneider schüttelte unwillig den Kopf: «Den Rücken gerade halten, Mia!»
F r ä u l e i n Schneider, wie sie von allen genannt wurde (und wehe, einer hätte sie als «Frau Schneider» apostrophiert)? Luggi Schneider korrigierte die 5. Position der kleinen Ballett-Elevin: «?und nimm gefälligst diesen grässlichen Kaugummi aus dem Mund?BALLETT IST DIZIPLIN. UND DU WILLST DOCH EINE ERSTKLASSIGE BALLERINA WERDEN? SO WIE ICH ES EINMAL WAR, MIA??»

Erschienen am: 
Montag, 7. Oktober 2013

Kolumnen

Wenn Lokalchef Onkel Fritz Stoffnot hatte, zündete er sich genervt eine seiner ägyptischen Zigaretten an. Und brüllte durch die Redaktionsgänge: «Heee, ihr Pfeifen? schreibt noch ein Geschichtlein!»
Ich hockte mich an die Schreibmaschine. Hieb in die Tasten. Und spintisierte etwas über eine Ente zusammen, welche politisch ultralinks stand und mit Vorliebe Zuckerschnecken frass.

Erschienen am: 
Montag, 30. August 2010

Knopfkiste

Wenn mir als Kind langweilig war? und für ein Einzelkind lauerte die gähnende Gefahr auf Schritt und Tritt? wenn sich also niemand der Erwachsenen mit dem Kleinen abgab, schrie ich Zetermordio. Und sie schoben mir wortlos Omis «Knopfkiste» hin.

Erschienen am: 
Montag, 3. November 2008

Kleinkind

Natürlich kann ich nicht mitreden.
WIR HABEN JA KEINE.
Es wurde immer wieder versucht. Umsonst. Innocent und ich sind 38 Jahre ohne geblieben.
Aber natürlich waren wir selber mal welche. Wenn auch sehr unterschiedliche.
Innocent soll - wenn man der Begeisterungssülze seiner Basler Kathrinchen glauben soll - «ein allerliebstes Kind» gewesen sein. Noch heute ufert sie total aus: «Immer hat er gestrahlt wie ein ganzes Atomkraftwerk? kurz: Er war einfach ein Schatz, den man knuddeln musste. Und alles knuddelte?»

Erschienen am: 
Montag, 2. April 2007

Klaustrophobie

Als ich vor über 30 Jahren mit meiner Mutter in Kairo war, wollte sie:
Erstens aufs Kamel. Zweitens drei Teppiche. Und drittens in die Cheopspyramide rein.
Bei Kamel und Teppichen machte ich mit. Das Kamel bekam mir allerdings nicht sonderlich. Denn obwohl ich damals noch recht gelenkig war, schüttelte mich dieser kleine Wüstenritt durch. Dann wollte die Mutter, dass ich fröhlich in ihre Scheisskamera winke. Sie drückte ab, als ich sonniglächelnd vom Sattel fiel.
DER EITLE STÜRZT TIEF!

Erschienen am: 
Montag, 23. März 2009

Klassentreffen

Sie trafen sich im «Löwen».
Es war das erste Klassentreffen. 45 Jahre nach der Matur.
Und jedem sah man das Alter an.
Nur Hubert hatte keine Falten. Hubert war immer speziell gewesen. Mit spöttischem Grinsen hatten die andern zugeschaut, wenn er sich nach zwei Sportstunden und dem Duschen danach den ganzen Körper eincremte. Sie jaulten: «Ohhh, du süsses Schwulchen», wenn er die Haare zu sanften Wellen föhnte. Und die Augenbrauen zupfte.
«Klassenzwetschge», nannten sie ihn.

Erschienen am: 
Freitag, 25. Mai 2012

Kinderbesuch

Lillis Emotionen fuhren Achterbahn.
Erstmals kamen Nichte und Neffe zu Besuch.
Nadine war 7. Paddy 9.
GROSSES FRAGEZEICHEN: WIE VERBRINGE ICH MIT DEN KINDERN VIER STUNDEN, SODASS SIE ÜBERALL HERUMERZÄHLEN: «TANTE LILLI IST ECHT COOOL.»?
Natürlich hatte Lilli Kinder-Erfahrungen. Allerdings nur theoretisch.
Lilli stand kurz vor dem Master mit der Abschluss-Studie: «Wie einschneidend sind Killerszenen im Fernsehkrimi beim durchschnittlichen Gemüts­leben von Zehnjährigen?»

Erschienen am: 
Montag, 9. Dezember 2013

Kein Touri-Leben in Napoli und gefüllte Zeppole...

Freitag - als Lenchen uns drängte, in der neapolitanischen Wohnung ihrer ebensolchen Schwiegermutter zu nächtigen, war das Wonne pur. «Dort sind wir dann wie richtige Neapolitaner und kochen Spaghetti, backen Pizza und bezahlen die Stromrechnung nicht» posaunte Innocent in Vorfreude auf unsern «Napoli-Trip» im Freundeskreis herum. «Trip Napoli» steht für eine «Wochenreise zum Vesuv» und nicht etwa - wie übereifrige Sprachforscher gerne falsch interpretieren - für «Neapolitanische Kutteln».

Erschienen am: 
Dienstag, 29. November 2005

Kein Bammel vor Hammel

Wir waren eine politische Familie.
Vater links von links.
Mutter rechts von rechts.
Unsere Mittagessen ähnelten häufig verbalen Tennismatches.
Das Kind hockte wie ein Schiedsrichter in der Mitte oben auf dem Kindersitzchen. Wenn es sich zum Wort melden wollte, wurde es gereizt unterbrochen. «Schweig? am Tisch redet man nicht.»
Aber wo war hier ein Tisch? Das war ein politisches Schlachtfeld.
Das Kind löffelte schweigend die Suppe aus.

Erschienen am: 
Montag, 8. September 2008

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