Zigarren

Walter leckte an ihrem Bauch.

«WALTER!»

Natürlich. Hildi machte gleich auf lautstark.

«Ich machs doch immer so…»

Machte er. Schon ein halbes Leben lag.

Zuerst schnupperte er einige Sekunden an ihrem Bauch. Ihr einzigartiger Duft machte Walter irgendwie glücklich. Das Parfum trug ihn weg in eine andere Welt – die Welt des Luxus: mokka- braune Frauen (heiss). Ein Cocktail (kalt). Und Sex. Sex. Sex.

Erschienen am: 
Montag, 29. Februar 2016

Vom Problem mit Servietten und «essen wie eine Sau»

Illustration: Rebekka Heeb

«Du isst wie eine Sau!» – ­Innocent stiert angewidert auf meine Krawatte. Auf dem seidigen Untergrund von lustig galoppierenden Hermès-­Pferdchen hat sich ein Stück Ei abgesetzt. Das flüssige Gelb klebt zwei Finger höher: auf dem Hemdkragen. Innocent schliesst gepeinigt die Augen: «Meine Mutter hat recht gehabt… nicht salon­fähig!» SEINE MUTTER HATTE EINEN PFERDEFUSS. SIE VERSPRÜHTE PECH UND SCHWEFEL. WENN SIE EINE KATHOLISCHE KIRCHE BETRAT, BEGANN DAS WEIHWASSER ZU KOCHEN.

Erschienen am: 
Dienstag, 23. Februar 2016

Sonntagsgeschirr

Lore nahm den ersten Teller. Sie schmetterte ihn auf den Boden.

SCHERBEN.

Und irgendwie: ERLEICHTERUNG.

Frühmorgens schon hatte sie das Buffet ­ausgeräumt. Das Bücken tat ihr weh. Ihr Herz hämmerte. Sie war jetzt 88. Da hämmert das Herz öfters. Oder stand dann für immer still.

Lore nahm den zweiten Teller. Der Aufprall verursachte ein knappes «DLIRRR». Die Scherben spritzten unter den Fernsehtisch.

Erschienen am: 
Montag, 22. Februar 2016

Der Fetisch

Seine Frau wusste nichts. Niemand ahnte etwas.Er war der absolute Machotyp. Und die Weiber flogen auf ihn wie die Fliegen auf die Kuhscheisse.

JAWOHL, SCHEISSE!

Denn er machte sich nicht sonderlich viel aus dem Weiberauflauf. Aber er spielte mit. Mimte den Taschenformat-Clooney. Und war nichts anderes als ein Clown.

Als Teenager schon hatte ihn sein starker Haarwuchs gestört. Vererbt. Von seinem Vater – ein bärenstarker Affentyp.

Erschienen am: 
Montag, 15. Februar 2016

D Kischtlibuebe – und ihre ganz spezielle Fasnacht

E Fasnacht fir dr Ärnscht. Zeichnung von Louis Moor (1893–1957) um 1930.

Die Fasnacht lag in ihren letzten Zügen. Noch einmal schränzten die Guggen in Vollformation durch die Gassen. Die Laternenlichter der grossen Cliquen flammten in die dunkle Nacht. In jedem Marsch hörte man jetzt die Traurigkeit des Vergänglichen. Den Abschied. Den leisen Tod.

Es war, als würde sich die Fasnacht wie ein Todgeweihter zum letzten Mal aufbäumen. Um dann ins Kissen der ewigen Ruhe zurückzusinken.

Erschienen am: 
Samstag, 13. Februar 2016

Von der weissen Wolke und Fasnacht in Adelboden

Illustration: Rebekka Heeb

Meine Alten mochten Fasnacht nicht. Sie wetterten (für einmal synchron!) in derselben Tonart: «Verpuffte Energie! Diese Stadt könnte ihre Kräfte anders einsetzen als mit Fünferrufen…» Ich aber liebte es, mich zu verkleiden. Wollte anders sein. Zumindest während dreier Tage im Jahr. Ich war eh der Überzeugung, nach meiner Geburt habe eine schreckliche Verwechslung stattgefunden.

Erschienen am: 
Dienstag, 9. Februar 2016

Sizilianischer Trommler

Die alte Frau war alleine in der grossen Wohnung.

Sie öffnete die grosse Schranktüre. Und schloss sie gleich wieder.

SIE SCHAFFTE DAS EINFACH NICHT!

Anna hatte vor zwei Wochen ihren Sohn verloren. Unerwartet.

Carlo war ein Ski-Narr gewesen. Er liebte die Abfahrten fern jeder Piste. Die Lawine kam ­plötzlich.

Wie in Trance war Anna in die Kirche zur ­Abdankung gegangen. Der Sarg war mit einem Tuch bedeckt gewesen – schwarz wie ihr ­Trauerkleid.

Erschienen am: 
Montag, 8. Februar 2016

Von der Liebe zu Mimosen und dem Leben

Illustration: Rebekka Heeb

Mutter mochte Mimosen nicht. Sie verursachen Migräne. So behauptete sie zumindest. Sie mochte auch Piccolos nicht. Die hohen Töne «machen mir Kopfweh».

Und politische Diskussionen gingen ebenfalls unter Mimosen: «Ich bekomme gleich einen Anfall.»

So wurden alle Diskussionen im Keim erstickt. Allerdings immer erst, nachdem Mutter ihre Ansichten klipp und klar aufgetischt hatte.

Vater schenkte seiner Gattin also müde Tulpen statt der «schrecklich stinkenden Flaumkügelchen».

Erschienen am: 
Dienstag, 2. Februar 2016

Abwasch

Sie hasste den Abwasch.

Das war schon immer so gewesen.

Bei schmutzigen Tellern, auf denen noch Resten von Wurst oder Eigelb klebten, wurde Louise übel.

Verkrustete Pfannen gaben ihr den Rest.

Als Kind hatte sie ihre Schwester bestochen. «Ich mache deine Rechnungsaufgaben, wenn du für mich abwäschst…»

Sie war eine gute Chemikerin. Und freute sich nach dem Studium am grosszügigen Salär bei einem der Basler Chemie-Giganten.

Jean-Claude lernte sie an einem Kongress kennen.

Erschienen am: 
Montag, 1. Februar 2016

Seiten