Von der Schiffs-Phobie und einer Puppe

Illustration: Rebekka Heeb

Innocent liebt Schiffe.

Wenn wir in unserer langen Partnerschaft auch viele Klippen sanft umschifft haben, beim Thema KREUZFAHRT wogen die Wellen hoch.

ODER UM ES IN KAPITÄNS-LATEIN AUSZUDEUTSCHEN: DIE DISKUSSIONEN STEHEN AUF STURM.

Innocent stürmte immer wieder: «Jetzt mach halblang. Die heutigen Dampfer sind stabiler als der Schweizer Franken. Kein Schwanken. Kein Schaukeln. Mach mir die Freude – komm endlich an Bord!»

JA HAT DER DENN NIE DIE «TITANIC» ABSAUFEN SEHEN?!

Erschienen am: 
Dienstag, 9. August 2016

Lumpenliesel

«Lumpenliesel» – so hiess sie im Quartier.

Niemand wusste Genaues.

Es ging das Gerücht, dass durch Liesels üppige Formen blaues Blut fliessen würde. Deutscher Adel. Doch – leider, leider! – war Liesel der ­Trunksucht verfallen.

DIE FAMILIE HABE SIE DESHALB VERSTOSSEN!

Wie gesagt – ein Gerücht!

Andere behaupteten, das mit dem Adel wäre ­blanker Unsinn. Liesel sei aus Ostberlin angereist – damals, als die Grenzen plötzlich offen waren.

Grund: In Bern wartete ein Lover.

Erschienen am: 
Montag, 8. August 2016

Von der Bar Centrale und Pariser Parfum

Illustration: Rebekka Heeb

Gestern fuhren am Hafen die Bagger vor.

Es war, als würden sie in den Krieg ziehen.

Eine der Maschinen hatte eine Riesenkugel angehängt – die Kugel baumelte wie ein gigantischer Nasentropf am Kranarm hin und her.

Schliesslich schwenkte die Maschine aus. Die Kugel krachte an die Bar Centrale. Ein Teil der weiss-rosigen Mauer brach zusammen.

NACH DREI STUNDEN WAR DIE GESCHICHTE DES ÄLTESTEN TREFFPUNKTS DER INSEL NUR NOCH EIN TRÜMMERHAUFEN.

Erschienen am: 
Dienstag, 2. August 2016

Das Baby

Das Flugzeug aus Hamburg hatte Verspätung.

«Zwei Stunden!», stöhnte Liz.

Sie setzte sich auf einen der raren Sessel. Dann schüttelte sie den Kopf: «Ist ja auch eine ­Schnapsidee …»

Es sollte ihr erstes Treffen werden. Live. Bis anhin hatten sie nur Skype-Kontakt.

Liz hatte sich von Kurt getrennt – nach dem ­verflixten siebten Jahr.

Er wollte Kinder. S I E NICHT.

Erschienen am: 
Montag, 25. Juli 2016

Von den Heuschrecken in Rom und dem Glück

Illustration: Rebekka Heeb

Badrig sass auf der Strasse. Und verkaufte Heuschrecken.

So habe ich den Jungen aus Manila kennengelernt.

Ich stresste durch Rom. Und suchte nach einer Tischdekoration. GRUND: Mein Neffe Stefan heiratete. Innocent hatte ihm gross­spurig versprochen: «Wir bauen dir das Fest auf der Insel – grosse Kiste. Für einmal soll es richtig krachen. Lade all deine Freunde und Verwandten ein! Ich lass mich nicht lumpen.»

Erschienen am: 
Dienstag, 19. Juli 2016

Falsche Leiche

Der Sarg stand in der Kirche.

Einige Frauen des Dorfs schlugen das Kreuz davor. Sie öffneten das Fensterchen an der ­Kopfseite der Holzkiste. Und hauchten einen Kuss auf das Glas.

Max schauderte. DAS WAR JA SO WAS VON UNHYGIENISCH!

Man sieht, was Max für einer ist: der ultra­pingelige Städtertyp.

Tante Erna war seine erste Tote. Er kannte ­Leichen nur aus den Sonntagskrimis.

Erschienen am: 
Montag, 18. Juli 2016

Von dem wüsten Gottlob und seiner Schreber-Idylle

Illustration: Rebekka Heeb

Wenn ich mitunter an diesen Kolonien mit Familiengärten, vorwitzigen Plastikzwergen und einem Beet voller Kunststoff-Schneewittchen vorbeispaziere, werde ich melancholisch.

Na ja – «melancholisch light» zumindest.

Es ist, als würde die Vergangenheit wie ein süss-saures Bäuerchen ­aufstossen.

Ich habe diese Art von Gartenidylle und Petersilienromantik nie sonderlich gemocht.

Erschienen am: 
Dienstag, 12. Juli 2016

Terrassen-Grill

«Kaaarl – sie tuns wieder!»

Karl lümmelte im Fernsehsessel. Er hatte die Beine auf dem Beistelltisch ausgestreckt. Und freute sich, dass die Velofahrer der Tour de France so sportlich strampelten.

«Kaaarl!»

Er stellte den Hörapparat auf Out.

Hilde kam hereingestürmt: «KANNST DU NICHT ANTWORTEN?! DIE TUNS WIEDER…»

Karl liess die Ohren auf «AUS». Und brummelte: «Schrecklich. Aber da kann man nichts machen…»

Erschienen am: 
Montag, 11. Juli 2016

DJ Antoine: «Ich lebe nicht mehr auf der rosa Wolke»

Seine Visitenkarte ist schwarz – na ja wie ein japanischer Grabstein...

Mit Goldschrift.

Das Ganze kommt nicht etwa in kommunem Karton daher. Es hat die harte Konsistenz einer Kreditkarte. Und spielt in der verspielten Art eines 10'000-Dollar-Jetons von Las Vegas.

Die Visitenkarte ist also speziell. Und der Gast ist es auch.

Meine Erwartungshaltung: Kommt er? Kommt er nicht?

Immerhin hat er den Termin etwa drei Jahre lang hinausgezögert. Ein langes Vorspiel für einen DJ.

Erschienen am: 
Samstag, 9. Juli 2016

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