Das andere Glück

Die alte Frau schaute aufs Meer.

Wie ein Feuerball tauchte die Sonne ins Wasser ein.

Helen liebte diese Sonnenuntergänge auf ­Sansibar.

Der Name der Insel hatte sie immer fasziniert. Mit 60 wollte sie den Traum wahr machen. Ihre ­Tochter schimpfte: «DU SPINNST DOCH – IN DEINEM ALTER!»

Helen kümmerte sich nicht darum – so wie sie sich ein Leben lang nicht um Meinungen oder Getuschel der anderen gekümmert hatte.

Erschienen am: 
Montag, 4. April 2016

Von Sansibar und immer wieder Hakuna Matata

Illustration: Rebekka Heeb

Weiss der Teufel, wie wir auf Sansibar kamen. Vermutlich der Name. Er tönt ja nach Märchen, Sehnsucht und tausend Gewürzen. Jedenfalls buchte ich. Und wollte mich in Anderschs Buch «Sansibar oder der letzte Grund» etwas mit dem Thema aufheizen.

Es war ein Schlag ins Wasser. IN 37 KAPITELN KAM SANSIBAR NICHT VOR: NICHTS. Alles ist Sehnsucht nach einer guten Welt. UND DAMIT WÄREN WIR WIEDER AM ANFANG.

Erschienen am: 
Dienstag, 29. März 2016

Von der Schönheits-OP und einer Frybourger Kuh

Illustration: Rebekka Heeb

Innocent linste über den ­Tassenrand. WAS ER SAH, MACHTE IHM DIE MILCH SAUER.

Sein Visavis löffelte dieses griechische Joghurt, das so dick war wie ein Vanillepudding. Der Brei aus dem sonnigen Sorgenland hat dreimal so viele Kalorien wie vier Cremeschnitten.

ABER IMMERHIN: JOGHURT ZUM FRÜHSTÜCK! DAS IST DOCH SCHON MAL EIN ERNÄHRUNGSTECHNISCHER ANFANG. Zumindest für Nilpferde mit Nutella-Gipfel-Gelüsten.

Das Nilpferd trug keinen Morgenrock.

Erschienen am: 
Dienstag, 22. März 2016

Anrufe

Sie starrte auf ihr Handy.

Ihre Hände waren feucht – ihr Hals trocken.

Schliesslich atmete sie durch. Und tippte die ­Nummer ein.

Sie liebte ihn. So wie sie noch nie geliebt hatte.

Celine hatte selber nie viel Gefühl empfangen.

Den Vater kannte sie nicht. Ihre Mutter schwieg sich da aus: «Er ist nicht wichtig, Kind.»

Im Kinderhort war es schwierig. Das Mädchen sonderte sich ab. Sass in einer Ecke. Und schaute stumm den anderen zu.

Erschienen am: 
Montag, 21. März 2016

Pepe Lienhard: «Bei mir war das Aha-Erlebnis Frank Sinatra»

Eigentlich hätte es Burger werden sollen, Freddy Burger – Helvetiens Top- Manager der Unterhaltungsszene.

Dann Telefon: «Geht nicht. Termin in London. Nicht zu schieben … ich schicke dir Pepe! Er wird 70. Ist doch was …»

Die Reservation in der «Bodega» blieb eingetragen: «12.00 – erster Stock.»

Aldo, die gute Seele mit der Zunge einer Klapperschlange, faucht uns ins Gewissen. «Wie lange bist du nicht mehr bei uns gewesen?! Der erste Stock wird nur abends geöffnet.»

Erschienen am: 
Samstag, 12. März 2016

Von der «Pampeluure» und anderem Kaffee

Illustration: Rebekka Heeb

«Pampeluure!» – so nannte die Familie den Kaffee meiner Grossmutter.

Die Kembserweg-Omi kochte Wasser im Pfännchen.Dann stellte sie ein zylinderförmiges Etwas auf eine dickbauchige Kaffeekanne. Ins Etwas kam ein kleines, rundes Filterpapierchen. Dünn. Und weiss. Aufs Papierchen streute die Omi einen gestrichenen Kaffeelöffel voll mit Kaffee. Die Kaffeebohnen mahlte sie in einer hölzernen Handmühle. Sie klemmte diese zwischen ihre rheumatischen Beine. Und drehte wild drauflos.

Erschienen am: 
Dienstag, 15. März 2016

Fremdgegangen

Er war fremdgegangen.

SHIT. SHIT. SHIT.

Nun sass er am Frühstück. Weiss wie das Drei-Minuten-Ei. Und ebenso schweigsam.

«Etwas bedrückt ihn…», dachte Hildi.

Und schob Walter den Salzstreuer hin.

Sie wusste, dass er die Eikuppe immer mit Salz berieselte. Nur die Eikuppe.

Sie wusste alles über ihn.

Fast alles.

«Hast du wieder Magengrimmen…?» – sie nahm seine Hand. Und streichelte sie.

«Nein, Liebes – alles paletti», sagte er. Aber die Stimme war belegt. Und die Stimmung auch.

Erschienen am: 
Montag, 14. März 2016

Von Parma-Veilchen und der Drachenseite der Familie

Illustration: Rebekka Heeb

Als Kind wollte ich ein Schloss. Ich schaute mich in Kembserweg-Omis Dreizimmer­wohnung um. Und wusste: DAS IST ES NICHT!

Ein Château also. Dazu das ganze Pimporium: Diener, die vor mir auf halbmast knicksen würden. Und eine Kutsche, aus der ich dem ­huldigenden Volk lässig zuwinkte – ähnlich wie es der lustige Bub schon auf dem Kindersitzsattel des Velosolex seines Vaters tat. Aber natürlich nicht mit derselben Wirkung wie aus dem Sechsspänner in Gold.

Erschienen am: 
Dienstag, 8. März 2016

Das quadratische Ei

S i e war der Theatergänger.

E r nicht.

Er pflegte lieber einen gemütlichen Jass. Dazu ein Bierchen. Mit Schaum bis zum Rand.

«Du musst dein Niveau heben, Walti!» – hatte Hildi ihn vorwurfsvoll angeschaut. «Dein Geist ist einbetoniert in Sonntags-‹Tatort›, Jassrunde und Herrenwitze. DAS KANN DOCH NICHT DEIN GEISTIGES LEBEN SEIN!»

Erschienen am: 
Montag, 7. März 2016

Von Spiegeleiern – und wer zuerst da war

Illustration: Rebekka Heeb

Spiegeleier sind das Gelbe vom Ei. Zumindest kulinarisch betrachtet.

Ich meine: Zwei Eier hat jeder.

Sie gehören in den ­Eisschrank wie «Milch­schokolade mit Nuss». Oder Rollmöpse.

DIES ALLES FÜR DEN GROSSEN NOTFALL.

Der Notfall beginnt damit, dass die Bande in der «Big Bang Theory» in ihrer neunten Staffel Fast-Food-Reis vom Indian-Shop reinhoovert. SIE REDEN MIT VOLLEM MUND! Und schon regt sich in uns der Appetit.

Erschienen am: 
Dienstag, 1. März 2016

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