Der schwarze Mann

Louise hatte einen Koffer. Und ziemlich Mühe. «KEINER DENKT AN DIE ALTEN!» – knurrte sie.

Louise ist mit 88 nicht mehr taufrisch. Aber sie hält sich mit den «5 Tibetern» und Sanddorn­extrakt fit. Dazu abends: zwei Glas Wein. Früher war es nur ein Glas. Als ein TV-Report aber aufzeichnete, dass Wein nur Gutes tue, hatte sie die Ration sofort um das Doppelte erhöht.

Erschienen am: 
Montag, 20. Februar 2017

Vom steilen Abhang und dem eisernen Jungen

Illustration: Rebekka Heeb

Es ist immer wieder ein Schock.

ICH STEHE VOR DEM ABHANG.

Und ich muss daran denken, wie ich als Achtjähriger auf Ski da runterbretterte.

Ich hatte weiche Knie.

Ich hatte ein flatterndes Herz.

Und ich hatte den Schiss in den Hosen.

ABER: ICH BLOCHTE DEN STEILEN HANG RUNTER.

UND ALLES FÜR EINEN COUPE WILD­STRUBEL. (Na ja – vielleicht auch, um der ­ewigen Zwängerei meines Vaters einmal nach­zugeben.)

Erschienen am: 
Dienstag, 14. Februar 2017

Schwieriges Alter

Er wurde schwierig. «Das Alter», seufzte Hilde. Und nahm Egon, der wieder mal wegen einer Bagatelle an die Decke gegangen war, in die Arme: «Ist alles okay, mein Schatz.» So beruhigte er sich schnell.

Egon war ein guter Ehemann. Nichts zu meckern. Er hatte Stil. Geist. Und Geld.

WAS WILLST DU NOCH MEHR!

Hilde kam aus ärmeren Verhältnissen. Ihr Vater war «Gasableser» gewesen. Hatte an Türen geklopft: «Kann ich mal den Stand sehen?»

Erschienen am: 
Montag, 13. Februar 2017

Vom Twittern und fliegenden Pfannkuchen

Illustration: Rebekka Heeb

«UNGGI – ZEIG DAS MAL MIT TWITTER!»

Ich wusste es: Der Tag beginnt mies.

«Unggi» steht für Onkel. Die Grossnichten haben das Wort erfunden. HASSE ICH! Aber da ich als Kind darunter gelitten habe, meine Omama nicht «Omama», sondern «Lydia!» rufen zu müssen, verklemme ich mir Vorschriften. Ich maule nicht. Habe aber noch vor dem vierten Espresso einen dicken Hals.

Ehrlich: «Unggi» tönt doch echt wie Unke. Aber eben: «Ist gut Kinder. Unggi zeigt euch jetzt, wie das Vögelchen zwitschert…»

Erschienen am: 
Dienstag, 7. Februar 2017

Karl der Grosse

Er stahl. Nun ja – STEHLEN ist da ein grosses Wort. Er hatte ganz einfach einen an der Waffel – zumindest was diese Sache betraf. Ansonsten war Karl ein problemloses Kind. Zähneputzen, Hände waschen, Müsli essen – alles keine Sache. ABER DANN SCHLUG ER PLÖTZLICH ZU. – UND KLAUTE. Es war die Klauenseuche eines Kindes.

Es begann schon im Kindergarten. Er schob die Blockflöte von Fräulein Zürcher unter seinen Strickpullover. Und präsentierte das Instrument strahlend daheim: «…sie hats nicht gemerkt!» GROSSES THEATER.

Erschienen am: 
Montag, 6. Februar 2017

Von Après-Ski-Schuhen in Weiss und eisigen Füssen

Illustration: Rebekka Heeb

Ich friere an die Klötze. Meine Nase tropft. Meine Augen heulen. Und der Schnauzer ist ein klirrendes Wirrwarr aus Kristall. Überdies schlagen mir die eiskalten Schenkel auf die Blase: ALLE DREI MINUTEN PIPIHALT.

Da stellt sich dann doch die legitime Frage: WAS FINDET DER MENSCH AN SCHNEE UND WINTER LUSTIG?

Innocent wackelt auch knirschend vor sich hin. Er knirscht nur unter den Sohlen. Ansonsten ist er hip drauf: «SO EIN ADELBODNER WINTER IST EINFACH EINE PRACHT. HAST DU DEN SCHNEEHASEN GESEHEN?!»

Mein Gott!

Erschienen am: 
Dienstag, 31. Januar 2017

Logistik

Er stand hinter ihr. Sie war gebückt. Aber sie spürte jedes Ausrufezeichen seiner Blicke im Rücken. Schliesslich hangelte sich Hannelore vom Geschirrspüler hoch. Waldemar schüttelte missbilligend den Kopf: «Du hast sie wieder falsch eingeräumt, Hannelore!»

Sein Gesicht war streng. Sein Ton nörglerisch. Alles in allem: EIN RIESENARSCH!

Nun – Hannelore blieb ihm nichts schuldig. Seit ihr Alter pensioniert war, ging er ihr so dick auf den Wecker, dass sie bereits beim Staubsaugen einen Cognac brauchte.

Erschienen am: 
Montag, 30. Januar 2017

Gastronom Hans Richard: «Erzähl das nicht in Adelboden»

«Berlin war für junge Künstler das Mekka...»

Er ist Adelbodner.

Das oberländisch Schlaksige ist ihm geblieben:

Etwas introvertiert.

Scheu.

Skeptisch.

Es braucht seine Zeit, um mit Hans Richard warm zu werden. Ein Adelbodner eben. Und dies im Kiez von Berlin.

Natürlich kenne ich das Oberländer Hotel, in dem er aufgewachsen ist. Und das zu meiner Jugendzeit nur noch durch das «Palace» übertrumpft wurde.

Erschienen am: 
Samstag, 28. Januar 2017

Von der Omama, die wir so nicht nennen durften

Illustration: Rebekka Heeb

«BENIMM DICH!» – das war das Alltags-Credo meiner lieben Omama. Natürlich durfte ich nicht «Omama» sagen. Nur «dear Lydia». «Shitty Hexenbesen» hätte es besser getroffen.

Omama hatte mit den angeheirateten Banden ihrer Tochter nichts am Hut. Ebenso wenig mit ihrem Enkelkind, das sie zuerst einen «verzogenen Balg» nannte. Später dann einen «räudigen Hund». Und noch später, als ich mit 15 meinen ersten Offizier heimschleppte, «ein verdorbenes Miststück». ALSO DA KONNTE KEINE HARMONIE ZWISCHEN UNS AUFKOMMEN!

Erschienen am: 
Dienstag, 24. Januar 2017

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