Fräulein Henriettes Guckloch und die Wiener Oper

Illustration: Rebekka Heeb

Fräulein Henriettes Auge klebt am Guckloch.
Ich kann das Gelbliche des Augapfels genau erkennen.
Es gibt kein Entweichen! WENN ICH DIE TÜRE ÖFFNE, ÖFFNET FRÄULEIN HENRIETTE AUCH: «So a Zuafall - kommts zemene Häferlkaffee?»
Ich habe aufgehört zu zählen, wie viele Kaffee-Arten es in Wien gibt. Beim Häferlkaffee aber handelt es sich um eine Brühe der schlimmsten Art.
Ausgeschenkt aus einem grossen Häferl. DES HALB: HÄFERLKAFFEE.
Und deshalb auch: «NEIN – ICH MUSS HERRN INNOCENT ABHOLEN!»

Erschienen am: 
Dienstag, 24. April 2018

Vrone Burckhardt - Wenn die Zeit eine Atemlänge stehen bleibt

Für einen Moment scheint die Welt im Lokal stillzustehen.

Das Tellergeklapper der weissbekittelten Kellner erstarrt.

Die Gespräche an den Tischen verstummen.

Man hört nur ein leises Klirren der Murano-Zapfen an den zwei grossen Lüstern.

«La Grande Dame de Bâle» hat ihren Auftritt: ein bisschen ist es Dürrenmatts alte Dame bei der Ankunft in Güllen, ein bisschen Kaiserin «Elisabeth» («die habe ich im Schultheater gespielt!»).

Aber immer füllt sie den Raum – wie hier die Stube bei «Donati».

Erschienen am: 
Samstag, 21. April 2018

Wir schaffen das!

Wir schaffen das!

Myrtha drückte den Knopf.

Das Zeichen mit dem grünen Telefon vibrierte. Es zuckelte wild.

ACH NEIN!

Myrtha jammerte auf. Sie musste wohl zu lange gedrückt haben. Das grüne Telefon-Signet verabschiedet sich in diese elektronische Wolken-Welt, die sie nie verstehen wird.

Ihre Enkelin Louise hatte ihr das Handy im letzten Mai zum Muttertag aufgerüstet.

Dazu gab es die obligaten drei Töpfe mit Geranien.

Erschienen am: 
Freitag, 20. April 2018

Von einem Italiener in Wien und Schwüren

Illustration: Rebekka Heeb

Max muss da mal raus.

SEIT ER SICH DIESER 5-STELLE-BEWEGUNG VERSCHRIEBEN HAT, HERRSCHT BEI IHM NERVLICH DAS EIERSAUSEN.

Ich sag ja nichts. Ich finde diese italienischen Parteien alle so, dass man an unseren wieder seine Freude bekommt.

ABER: MAX LANGWEILTE SICH. UND DAS IST DER HÄUFIGSTE GRUND, WARUM MENSCHEN IN DIE POLITIK EINSTEIGEN. DORT LANGWEILT MAN DIE ANDERN.

Erschienen am: 
Dienstag, 17. April 2018

Spargel?

«Er kommt!» Alex schmetterte die Haustüre zu. Warf den Mantel an die Garderobe.

Er wusch sich die Hände am Lavabo in der Gäste-Toilette.

«Lucie – hier müssen saubere Handtücher her!»

Dann etwas ärgerlich: «HIMMELHERRGOTT! Dass du so etwas nicht selber schnallst…»

Lucie warf einen gepeinigten Blick an die Küchendecke. Ihr Alter war ja so etwas von pingelig – gutes Haus. Aber stets säuerlich wie abgelaufener Joghurt.

«IST GUT, ALEX. – WER KOMMT?»

Erschienen am: 
Freitag, 13. April 2018

Von der Bimmelbahn und keinen Kontrollen im Tram

Illustration: Rebekka Heeb

Es geht so nicht weiter. DIESE ÖSTERREICHISCHEN SCHMANKERL BRINGEN MICH UM!

Na ja – nicht um! Aber sie bringen einen Bauch, sodass kürzlich in der Strassenbahn eine junge Frau in guter Hoffnung aufgehüpft ist und mir ihren Schwangeren-Sitzplatz überlassen hat.

IN DIESER RINGBAHN HAT JEDE SCHWANGERE FRAU EIN HOCKRECHT!

Ich meine: DAS ist Lebensqualität. Und SO ist es wirklich eine Freude, schwanger zu sein.

MUSS SICH JA KEINER MEHR WUNDERN, DASS WIEN DIE STADT NUMMER EINS PUNKTO LEBENSFREUDE GEWORDEN IST.

Erschienen am: 
Dienstag, 10. April 2018

I love you

Der Ballon war nicht rund.

Sondern herzförmig.

Dazu: knallbummsrot. Glitzerfolie. Also funkelnd.

Und: I LOVE YOU leuchtete darauf. In Schnörkelschrift.

Die rote Liebe schwebte zweieinhalb Meter über dem Boden. Gasgefüllt. Ihr Ziel: der Himmel voller Sterne.

Hier war der Himmel die graue Decke des Wiener Flughafengebäudes – voll Neon. Und grellem Licht.

DAS ROTE HERZ MACHTE SICH IN DEM GESCHÄFTIGEN TREIBEN SKURRIL AUS.

Erschienen am: 
Freitag, 6. April 2018

Von einer schielenden Amsel und Würstelständen

Illustration: Rebekka Heeb

Es schellt an meiner Tür.
Wenn die Wiener Glocke schellt, ist das, als würden 100.000 Morgestraich-Wecker synchron rasseln.
ICH WERFE MIR DEN MORGENROCK ÜBER. ER IST FLAUSCHIG. UND DAS KAM SO:
Eigentlich ist es ein ganz gewöhnlicher Morgenrock mit einem Eichhörnchen drauf, das sich ans Herz greift. Es zwinkert verliebt einem zwitschernden Ämselchen zu.
DARUNTER IN BLATTSTICH UND GRÜN- FÄDIG: «DAS WIRD EIN SCHÖNER TAG!»

Erschienen am: 
Dienstag, 3. April 2018

Von der Wiener Süsse und Rebläusen

Illustration: Rebekka Heeb

Wiener sind süss.

Da gibt es gar keine bittere Schweizer Neid-Pille nachzuschieben.

ÖSTERREICHER SIND NUN MAL WIE IHR BACKWERK: SIE GEHEN IM SÜSSEN AUF WIE DIE SALZBURGER NOCKERLN. Und sie sind so zuckrig wie die Mozart-Torte.

Dazu noch der Dreiviertel-Takt. Das galante «Küss dy Hond, meine Gnädigste!». Und immer wieder ein bisschen Sehnsucht nach dem Kaiser.

Erschienen am: 
Dienstag, 27. März 2018

Roger Diener: «Die Stadt ist ein grandioses Kunstwerk»

Er hat sich das «Donati» gewünscht.

«Einen Tisch, wo wir ungestört sind. Ich bin nicht unbedingt der Beizen-Typ.»

Nun sitze ich vor den leeren Tellern. Und warte. Dabei gehe ich nochmals die verschiedenen Recherchen durch. Er ist Preisträger. Viele Male wurden seine Bauten ausgezeichnet. 2011 erhielt er die Heinrich-Tessenow-Medaille. Na ja, das ist so etwas wie ein Oscar in der Architektur.

Erschienen am: 
Samstag, 24. März 2018

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