Vom Fluch, Weihnachtsprosa schreiben zu müssen

Illustration Rebekka Heeb

Ich liebe Weihnachtsgeschichten.

ABER ICH HASSE DIE SCHREIBEREI, DIE DAMIT VERBUNDEN IST!

Das kommt so: Wenn ich im Hitzesommer auf der Insel hocke, wenn meine Tomaten an den Stauden wie schrumplige Bäckchen von ungelifteten Omis vertrocknen, wenn das einzig Kühle noch eine coole Cola ist, also dann holt mich bestimmt ein Telefon in die verschneite Wirklichkeit zurück: «Hallihallo… es ist wieder so weit… in 5 Monaten rieselt der Schnee…»

Erschienen am: 
Dienstag, 16. Dezember 2014

3660 Gramm Asche

Irmtraud schwankte im Tram hin und her.

Energisch klemmte Sabine sie zwischen den Beinen fest.

Die Mamma war 3660 Gramm Asche. Und steckte in einem Coop-Sack.

Dabei war Irmtraud ein Leben lang Migros-­Gängerin gewesen.

Als ihr ein Studentendoktor die Schmerzen dieses widerlichen Geschwürs mit einer Ladung ­Morphium intravenös dimmen wollte, hatte sie ihn angefaucht: «Was sollen diese Plastikschnüre hier? Könnt ihr keine anständigen Leitungen legen? Da hättet ihr mal meinen Walter sehen sollen…»

Erschienen am: 
Montag, 15. Dezember 2014

Vom Wiener Ganserl und Liesels Weihnachtskugeln

Illustration: Rebekka Heeb

«NEIN – ICH WILL INS HOTEL!» – Seit Tagen versucht mir Innocent Liesels Wohnung in Wien als Alternative schmackhaft zu machen.

«Sie haben ein prächtiges Palais … und da ist es doch unsinnig, für ein Mietbett Geld auszugeben…»

MIETBETT?! – ICH WILL DAS «SACHER».

«Ich will, ich will, ich will! Hast du denn als Trämlerssohn nicht so etwas wie Bescheidenheit gelernt? Ihr lebtet schliesslich nur in einer ­Dreizimmerwohnung mit Gasherd und…»

Erschienen am: 
Dienstag, 9. Dezember 2014

Nikolaus am Telefon

«Ich bin der Nikolaus» – keuchte die dunkle Stimme am andern Hörerende.

«...und ich die Königin Mutter!» – Lenchen knallte den Hörer auf die Gabel.

Einfach unglaublich, was heute alles am Telefon abging.

Vor einer Woche hatte sich eine feine Frauenstimme als ihre thailändische Nichte «Kairi» ­ausgegeben. Sie wolle endlich «liebes Tanti in Switzländ» kennenlernen.

Alle drei Stunden versuchte jemand ihr Telefon-­Abonnement zu erneuern.

Erschienen am: 
Montag, 8. Dezember 2014

Res von Graffenried: «Manchmal fehlt einem die Heimat eben»

Ich warte im Hotelgarten auf ihn. Um mich: Wagner in Gold. Wagner in Gips. Wagner in Öl. Wagner in Marzipan.

Bayreuth ist das Mekka der Wagnerianer. Einmal pro Jahr wirft sich auch Frau Merkel in ihr Rüschellanges. Sie packt das Handtäschchen. Winkt sich über den roten Teppich. Und singt die Polit-Walküre.

Als ich in den deutschen Blättern las: «Res von Graffenried – als neuer Bühnentechniker auf den Hügel berufen!», da wusste ich: JETZT HAT ER ES GESCHAFFT.

Erschienen am: 
Montag, 8. Dezember 2014

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