Von der tschechischen Melancholie und Blähungen

Illustration: Rebekka Heeb

Prag ist schmelzendes Moll – eigentlich stimmungsmässig eine Moll-tau-Variante.

Da kann lange die Sonne scheinen. Und der Himmel sich in diesem Blau der Zwetschgen zeigen, die sie hier in Backwaren reinkomponieren. Man ist immer einen Zacken traurig drauf. Die Moldau ist bräunlich-grün. Und die slawische Seele zeigt diese dunkle Melancholie, die uns Westler nur überfällt, wenn der Novartis-Kurs gesunken ist oder der FCB in der Verlängerung das Gegentor kassiert.

Erschienen am: 
Dienstag, 2. Dezember 2014

Fleck auf Schlitz

PLATSCH!

«Leck mich!», stöhnte Cédric.

Er sah, wie das Gemisch von Mangomark und Joghurt langsam über seinen Hosenschlitz schwabbte – eine weissgelbliche Flutwelle in Zeitlupe.

«VERDAMMICH!» – Cédric erhob sich vorsichtig. Und streckte die Genitalzone nach vorne, damit die Flutwelle nicht weiter rutschten konnte. Dann tauchte er die Frühstücksserviette in das Glas Wasser, das neben dem Espresso stand.

Langsam begann er an der prekären Stelle zu rubbeln.

Erschienen am: 
Montag, 1. Dezember 2014

Die bessere Zeit

Lorchen schaute durch den Operngucker.

Dann schüttelte sie energisch ihre frisch gelegten Löckchen, sodass sich zwei davon sofort in lausige Strähnen auflösten: «Erwin – es ist nicht mehr wie früher!»

Erwin tätschelte die magere Hand mit den braunen Altersflecken: «Ja Tantchen. Anders. Aber spannend. Und wunderbar…»

Er drückte sie kurz an sich: «Ich finde es jedenfalls grossartig, mit dir in der Staatsoper sitzen zu dürfen und…»

«Schweig!», sagte die Tante gerührt.

Erschienen am: 
Montag, 24. November 2014

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