«Ich bin der Nikolaus» – keuchte die dunkle Stimme am andern Hörerende.
«...und ich die Königin Mutter!» – Lenchen knallte den Hörer auf die Gabel.
Einfach unglaublich, was heute alles am Telefon abging.
Vor einer Woche hatte sich eine feine Frauenstimme als ihre thailändische Nichte «Kairi» ausgegeben. Sie wolle endlich «liebes Tanti in Switzländ» kennenlernen.
Alle drei Stunden versuchte jemand ihr Telefon-Abonnement zu erneuern.
Und vor zwei Tagen waren bei ihrer Freundin Klärchen tatsächlich acht Kisten Champagner angekommen, welche dieses dumme Huhn sich von einem Schnorrer hatte aufschwatzen lassen. Das Schönste: KLÄRCHEN WAR VIZEPRÄSIDENTIN IM BLAUEN KREUZ! Sie trank keinen Tropfen Alkohol.
Es schellte erneut: «Hier ist nochmals der Nikolaus – ich hoffe, dass du ein anständiges Mädchen warst. Morgen klopfen wir an deine Türe...»
«SAUHUND!» – Helenes Schlagader war jetzt so dick wie der Hals eines Kampfhunds.
Der Anruf liess ihr keine Ruhe. Sie wählte die Nummer von Klara.
Es meldete sich: «Psychiatrie, Pforte 4».
«Entschuldigung...», stammelte Lenchen, «dann bin ich falsch...»
Sie wollte eben aufhängen. Da gackerte Klaras Stimme. «Ach du bist es. Alles klar. Ich melde mich jetzt immer unter andern Vorzeichen. Die Welt ist schlecht – ich sage nur: acht Kisten unbestellter Champagner!»
«Ich muss mit dir reden...», flüsterte Lenchen in die Muschel. «WAS IS?!»
«NICHT AM TELEFON...», brüllte Helene.
Sie knabberten am Küchentisch Salzstangen. Und Klara beschwor ihre Freundin: «Du musst Bernhard Bescheid sagen. Er ist dein Neffe. Und er weiss immer, was zu tun ist ...»
«Er ist eine alte Tante», knurrte Lenchen, «...und Jungs wie Bernhard sind keine richtigen Männer. Die machen sich doch in die Hose, wenns drauf ankommt...» Sie lächelte. Und schaute auf das Foto neben dem Telefon.
Es zeigte einen jungen Mann, der die Arme um die Schultern eines älteren Herrn gelegt hat: «Sie waren so ein nettes Paar», seufzte Helene. «Aber jetzt hat Bernhard einen Neuen... er wollte ihn mir schon lange vorstellen...»
«Vielleicht war das mit dem Nikolausbesuch nur ein dummer Scherz...», ging Klara ihren Gedanken nach.
«BLÖDSINN – DAS IST EIN TRICK!», regte sich nun Helene auf, «Beim TATORT kannst du sehen, wie sich solche Verbrecher Strümpfe über die Köpfe ziehen. Und wehrlose Mütterchen zu Brei schlagen...»
Klara seufzte: «...die Welt ist schlecht!»
Lenchen nickte: «Ein wahres Wort – wie gesagt: Ich lenke sie ab. Du schlägst mit der Eisenpfanne zu: DONG!»
Sie trugen keine Strümpfe. Sondern Klausenbärte. Und sie gaben sich sehr jovial: «Hohoho... liebe Frau... hohoho!».
«Kommt doch rein...», sülzte Lenchen.
«JAJAJAAAA...», dröhnten die beiden Kläuse. Daraufhin machte es zweimal DONG.
Die lustigen Herrschaften sanken zu Boden. Und «gut gemacht, Klara!» jubelte Lenchen.
Sie rief sofort 117 an – pfiff die Polente aber zurück, als sie den verrutschten Bart des einen Nikolaus sah. «JETZT LECK MICH ABER DER WINDBEUTEL!» – rief sie. «WENN DAS NICHT DER BERNHARD IST!»
Vier Stunden später sassen die Herren mit Eisbeuteln auf dem Haar am Tisch: «Ich wollte dir Franz als Klausen-Überraschung vorstellen...», jammerte Bernhard.
«So ein Kuddelmuddel!», lachte Klärchen laut.
Da horchte Franz auf. «Aber hallo... Ihre Stimme kenne ich doch... haben Sie bei mir nicht kürzlich acht Harassen Champagner bestellt!?» Fast wäre es noch einmal DONG geworden.