Vermutlich bin ich der Falsche hier.
Man erwartet die absolute Verdammnis der Homophobie.
Sorry. Das bringe ich nicht.
Ich habe mit Leuten, die bei rosa Schwulen rotsehen, keine Berührungsängste. Ich sehe darin auch kein Drama. Irgendwie steckt diese Angst vor dem «Anderen» in jedem von uns. Und das betrifft dann oft nicht nur eine sexuelle Ausrichtung – sondern: andere Kulturen… anderes Denken… andere Hautfarben… «anders sein» eben.
Ich will nicht so weit gehen, zu behaupten, ein schwules Leben sei ganz normal. Aber wir sollten auch keine Schwulenreligion aus ein paar Schrittchen Wackelgang machen!
Auf den Wecker geht mir vielmehr diese Political Correctness, welche untersagt, Dinge beim Namen zu nennen. Dabei tönt «Homophile» weit kranker als «Schwule». Gottlob ist mit «warme Brüder» Schluss. Dieses Blödwort hat Onkel Franz-Josef immer rausgelassen. Und dabei derart angeekelt mit den Mundwinkeln gezittert, als wäre er in Hundescheisse getreten. Das war gelebte Phobie.
Natürlich weiss ich, dass es Schwulenhasser gibt. Arme Seelen. Sie fürchten sich vor etwas Dunklem, das in ihnen steckt. Und das sie gar nicht näher kennenlernen wollen. Aber es gibt schliesslich auch Hundehasser. Und diejenigen mit der Zürcher-Phobie. Rufen wir deshalb eine Anti-Limmatphobie-Gedenkstunde aus?!
Na also.
Ich misstraue dem Honig
Ich denke: Jeder von uns wird irgendwann und irgendwo mit Phobien konfrontiert. Was ich in den letzten Jahren alleine schon an Blocher-Phobien habe über mich ergehen lassen müssen – danke und hallo! Parallel dazu explodierten dann arschnah gleich auch Phobien nach links.
Irgendwie diskutieren wir aber so etwas am Stammtisch oder in der «Arena»-Runde aus. Nur bei «Schwulen» haben alle Herzsausen. Und fassen das Thema mit Gummihandschuhen an. Man eint sich im Antiphobie-Gutmenschenkreis: «Es sind auch Lebewesen … so lustig und bunt… und so schön, wie sie immer die Tische decken… so etwas muss man doch akzeptieren! Sie sollen ihren Tag haben.»
Ich traue solchem Honig nicht. Denn wehe, wenn das eigene Kind sich in die falsche Richtung entwickelt – dann ist fertig mit lustig und dem schön gedeckten Tisch!
Vielleicht wars einfach Glück? Ich habe mich nie diskriminiert gefühlt. Höchstens als Raucher. Oder mit 20 Kilos zu viel. Und wenn mich jemand mies anmachte, habe ich einfach verbal wie real den Stinkefinger gezogen.
Ich lebe seit über 60 Jahren mein schwules Dasein aus und hatte keine Sekunde das Gefühl, mit einer Phobie konfrontiert zu sein – vielleicht mit ein paar Armleuchtern. Aber die gibts in überall. Nicht nur in der rosa Welt.
Ich glaube, wir sollten einfach leben. Leben lassen. Und die andern – vor allem aber uns selber nicht so verdammt ernst nehmen.
Und noch ein gratis Überlebenstipp: Der anfangs erwähnte Phobie-Onkel Franz-Josef hatte erst mit 69 sein Coming-out. Es gibt heute kaum eine Herrensauna, wo der Dunkelraum nicht nach ihm benannt wurde.
Gut ausgetobt ist halb ausgephobt.