Von einem Wolf auf Besuch und dem tropfenden Wasserhahn...

Illustration: Rebekka Heeb

Der Insel-Winter ist speziell. Wunderbares Wetter, stahlblaues Meer - aber ein Wind, der dir den Hintern schwarzfriert und Innocent die Nase tropfen lässt.

LEIDER IST ES NICHT DAS EINZIGE, WAS TROPFT.

Die Toilettenspülung rinnt. Und auch der Wasserhahn hat den Dauerheuler. ES IST EIN BISSCHEN WIE CAMPING IN DER ARKTIS.

Selbst die Wölfe sind da.

Zumindest einer. Eines Tages wartete er regungslos beim Tor.

Ich: «Psssst - dort steht ein Wolf!»

«WAS ISSS LOOOS!»

Erschienen am: 
Dienstag, 14. Januar 2020

Gloria Dei

Im Haus war es kalt.

Peter öffnete die Fensterläden. Draussen schüttete es.

HEFTIG.

Sofort sperrte er die Fenster wieder zu. Er holte nun Holz. Und Zündwürfel.

Die Würfel loderten. Das Holz nicht. Ein dunkler Rauch schlich sich vom Kamin ins Haus.

Peter hustete. Hastig öffnete er wieder alle Fenster.

Erschienen am: 
Freitag, 10. Januar 2020

Der Glänzer...

Edi stand hinter dem Buffet. Und polierte die Gläser.

Punkto Gläser war er pingelig. Er hielt nichts von diesen neuen Abwasch mitteln, die ein Polieren «unnötig» machten. Gläser waren wie Brillanten.

SIE MUSSTEN GLÄNZEN!

Bei Silbergabeln war er genauso pingelig - wehe, wenn da ein Zacken leicht angelaufen war. Da hatte er jeweils die Lehrkellner zusammengestaucht.

PUMPEN WAREN DAS!

HATTEN KEIN GRAMM BERUFSSTOLZ IN DEN FINGERN.

Erschienen am: 
Freitag, 3. Januar 2020

Vom Wunsch, Silvester zu verschlafen, und vom Kaffeesatzlesen...

Illustration: Rebekka Heeb

Nein. Silvester konnte es mir nie.

Hatte immer diesen sanft melancholischen Rappel.

UND WÄRE AM LIEBSTEN AB IN DIE HEIA!

Geht natürlich nicht. Alle hängen herum. Und warten auf den magischen Moment des Countdowns: Der Zeiger springt auf Mitternacht. Die ersten Raketen sind schon explodiert. Und auf dem Fernsehbildschirm herrscht diese ausgelassene Fröhlichkeit, wie auf der Titanic am Abend bevor sie unterging.

Erschienen am: 
Dienstag, 31. Dezember 2019

Der fliegende Klaus

Pierre mochte Urs nicht.

Als Kind musste er sich von ihm blöde Sprüche wie «Scheiss-Schwuchtel» oder «Huch - das rosige Blashorn kommt!» gefallen lassen.

Manchmal boxte Urs ihn auch: «Dir zeig ichs jetzt - du Soft-Tucke!»

Pierre liess es geschehen. Der Schwächere duckt sich vor dem Stärkeren. Das ist die Kinderagenda des Alltags.

Die Elternpaare waren befreundet: Schieber am JassteppichSonntagsspaziergänge zu Picknickplätzengemeinsamer Silvester mit klebrigem Sekt und belegten Brötchen.

Erschienen am: 
Freitag, 27. Dezember 2019

Das verbotene Türchen - eine Weihnachtsgeschichte

Illustration: Rebekka Heeb

Lucie träumte vor sich hin. Die Gedanken des kleinen Mädchens kreisten um das verbotene Türchen. Immer wieder strich das Kind mit seinen weissen Händen über den Adventskalender.

Manchmal rieselten ein paar Glimmerflocken aufs Kissen. Für Lucie waren es Diamanten, die Weihnachtsengel auf ihr Bett fallen liessen.

Monika legte die Hand auf den Kopf ihrer Tochter: «Du hast Fieber, Kleines. Und ich glaube, du solltest diesen Glimmerkalender nicht immer in die Finger nehmen. Glimmer ist gefährlich.»

Erschienen am: 
Dienstag, 24. Dezember 2019

Gesponnene Weihnacht

Agatha wisperte. Nun ja - so wie kleine Spinnen wispern, wenn sie stinkig sind: «Weshalb hocken wir in diesem Kellerloch, Omi? Hier gibt es keinen Weihnachtsbaum...»

Die Spinnen-Omi seufzte. Sie war Kummer mit ihrer Enkelin gewohnt.

Die heutige Jugend war aufmotziger als zu ihrer Zeit. Damals wurde gesponnen.

Unermüdlich. Immer kam irgendeine hyperaktive Hausfrau mit dem Staubwedel. Und zerstörte das gesponnene Tagwerk.

BRUTAL! DIE GANZE SPINNEREI FÜR NULL UND NICHTS.

Erschienen am: 
Freitag, 20. Dezember 2019

Von der Tischordnung und dem Weihnachtsessen

Illustration: Rebekka Heeb

An Weihnachten gings ums Essen. Immer.

Kann man sich heute nicht mehr so vorstellen.

Aber unsere Eltern hatten eben die Kriegsjahre hinter sich, wo sie sich ein Ei im Monat auf teilen mussten.

UND SCHOKOLADE GABS NUR IM HIMMEL.

Heute kennen wir das alles von Diäten.

Kein Brot... keine Butter... keine Nudeln... von Pralinés (dunkel) wollen wir gar nicht reden... nur Protein-Drinks und vegane Meeresalgen!

ABER HALLO!

Erschienen am: 
Dienstag, 17. Dezember 2019

Rudi Bindella: «Wir wollten den Schweizern die italienische Lebensfreude schenken!»

Foto: Lucia Hunziker

«Das ist Bindella!» - der Taxifahrer zeigt auf ein grosses Gebäude. Stil 60er-Jahre. Kein architektonischer Wurf. Aber solide.

Camions laden Weine aus. Camions laden Weine ein.

Eine Treppe führt ins Herz dieses Familienimperiums, das schon vor über 100 Jahren Chianti aus Italien in die Schweiz importiert hat.

Im Innern: prächtige Lüster, goldener Prunkspiegel, viele Antiquitäten und Kunst, wohin das Auge schaut. Dazu sanft flackernde Kerzen. Viele Kerzen.

Erschienen am: 
Samstag, 14. Dezember 2019

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