h-Moll

Alfreds Kopf kippte langsam nach vorne.
Seine Augen waren geschlossen.
Dafür öffneten sich die Lippen. Und stiessen etwas warme Luft aus.
Milli schielte von ihrem Plüschsessel zu ihrem Alten. Dann kickte sie dem mit dem Ellbogen in die Rippen.
«WASS ISS?!»? fuhr Alfred vom Sitz hoch.
«PSSSSST!»? sagte Milli. Und schaute stur geradeaus.
«PSSSSST!»? zischte es auch von der Reihe hinter ihr.

Erschienen am: 
Montag, 30. Juli 2012

Guggurugguguu

Hilde nervte sich über die Tauben.
Sie konnte nicht verstehen, dass diese gefiederten Ratten als Liebesvögel galten.
JA KLAR: BUMSVÖGEL DER LIEBE! Und dieser Akt war dann auch immer mit verklärtem, aber fonstarkem «GUGGURUGGUGUUU!» verbunden. So ein Komponistentrottel musste aus diesem wilden Gugguruggugurren auch prompt noch einen Schlager basteln. Männer besassen eben kaum ein Gramm mehr Hirn als eine vögelnde Taube.

Erschienen am: 
Montag, 4. März 2013

Graues Grauen

Als Innocent sein Drei-Minuten-Ei in pingeligen Kurzschlägen mit dem Messerrand rundum beklopfte, als er den Deckel abhob und sein Weissbrot ins Gelbe vom Ei eintauchte, wie er dann auch noch genüsslich das weisse Geschluder reinsog und an der verdotterten Zopfkante rumnuggelte, da schaute er mich über all das Geköpfte kritisch an und unterbrach sein Geschlabber: «Du wirst grau, mein Lieber!»

DAS IST NUN ABER WIRKLICH DAS LETZTE DREI-MINUTEN-EI, DAS ICH IHM GEKOCHT HABE!

Erschienen am: 
Montag, 12. September 2005

Grauer Morgen, gurrende Tauben

Das Erwachen ist grau. Mühsam.
Alles ist schlaff, traurig.
«MORGENDEPRESSION!» hat Hildchen, meine Freundin aus der Selbsterfahrungsgruppe, einfühlend meine Hand in die ihre genommen. Und die Traurigkeit analysiert.
Es ist sechs Uhr morgens. Die Tauben gurren sich eines. Ihr Gegurre gurrt an den Nerven. Es hat etwas Bedrohliches.
Basels Briefmarkenvögel schleppen mir Dreck und Krankheiten an. Da sind mir die aufgeregten, kleinen Spatzen schon lieber.

Erschienen am: 
Montag, 27. März 2006

Grabgespräche

«Otti?»
Otto war irgendwo hinter der Zeitung. Trudy schenkte vom Filterkaffee nach. Seit Jahren plädierte sie für Clooneys Kapseln. Aber ihr Alter schaltete da auf stur: «Es geht nichts über einen guten Melitta-Kaffee, Trudy. Der Duft des frisch Angebrühten in einer abgebrühten Welt ? so lasse ich mir den Start zu einem neuen Tag gefallen. Nicht mit diesem Maschinengestöhne. Und dem?Dlagg? einer Kapsel, an der sich dieser Clooney einen goldenen Arsch verdient!»
«OTTO!? Herr Clooney ist ein hochbegabter Schauspieler!»

Erschienen am: 
Montag, 11. November 2013

GPS

"Das ist die Lösung für alternde Dummis!" - Innocent übergab mir schwungvoll sein Geschenk. Im Päckchen steckten weder Diadem noch Rolex mit Brillanten. Im Päckchen steckten Hanni und Werner.

Hanni und Werner führen herumirrende Hummeln auf den richtigen Weg. Es sind computerisierte Wegweiser. Sie tun ihren Job mittels eines Wegplans auf Kleinstmattscheibe. Öfters jedoch tun sie's oral.

Erschienen am: 
Samstag, 8. Januar 2005

Glatte Welt

Als ich kürzlich vor meinem 49. Geburtstag in den Spiegel schaute (O.k. Der Jahrgang ist so falsch wie eine Louis-Vuitton-Tasche vom Strassenhändler), als mir also diese verschwollenen Augen, die schlimme Träume und eine noch wüstere Nacht gesehen hatten, entgegenglotzten, wusste ich: ES MUSS ETWAS GESCHEHEN!
Dann weinten die Geschwollenen bittere Tränen. Derart aufgelöst traf mich Innocent im Badezimmer.

Erschienen am: 
Montag, 16. Juni 2008

Geschenkte Stunde

Tante Gertrude, eine weise Frau, die ihre Bemerkungen stets mit der Musik von klappernden Stricknadeln untermalte, nahm mich eines Tages zur Seite. Ich stresste zwischen Rom, der Insel und dem Elsass hin und her. Bei all der Hetzerei hatte ich mir wieder fünf Kilos mehr angefressen. Überdies rauchte ich wie ein Verbrennungskamin.

Erschienen am: 
Montag, 30. Oktober 2006

Gerundium

Kürzlich habe ich ein Gerundium verwendet. Das war falsch. Denn es war ein falsches Gerundium. Oder eigentlich gar keines. Sondern ein Partizip Präsens.
Es kann sehr gut sein, dass die Jugend im Zeitalter jugendlicher SMS-Sätze wie: «Ich morgen Besäufnis? du trocken?» nicht versteht, was ein Gerundium ist. Und schon gar nicht ein falsches.
Ich verstehe es auch nicht. Aber wenns dann kommt? JA HALLO! DA GEHT ABER DIE POST AB.
Die Post kam per E-Mail. Und als Leserbriefe. Absender waren meistens Lehrer.

Erschienen am: 
Montag, 25. August 2008

Geklaute Nummer

Weiss der Teufel, wo es passiert ist! Jedenfalls bretterten kurz vor der Ausfahrt nach Cannes zwei französische Flics auf ihren Riesenrollern vor meine Japaner-Schüssel. «Da hast Dus», sagte Innocent. Er sagt so etwas immer, wenns brenzlig wird.

Erschienen am: 
Montag, 22. September 2008

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