GPS

"Das ist die Lösung für alternde Dummis!" - Innocent übergab mir schwungvoll sein Geschenk. Im Päckchen steckten weder Diadem noch Rolex mit Brillanten. Im Päckchen steckten Hanni und Werner.

Hanni und Werner führen herumirrende Hummeln auf den richtigen Weg. Es sind computerisierte Wegweiser. Sie tun ihren Job mittels eines Wegplans auf Kleinstmattscheibe. Öfters jedoch tun sie's oral.

In Frankreich heisst Hanni "Jeanne". Werner ist in Italien "Fernando". Ihr Familienname bleibt auf der ganzen Welt derselbe: Tschibi-Ess. Abgekürzt: GBS.

"Du gibst hier deinen Ankunftsort ein - diesmal ist es nun Genua", erklärte Innocent grossspurig. Er demonstrierte so, dass er Familie Tschibi-Ess bereits vorgestellt worden war. "Den Abfahrtsort erkennt Hanni selber. Du wirst nämlich über Satellit geführt - und Hanni ist das Sprachrohr dieser himmlischen Leitung!".

Daraufhin saugte Innocent den Kleinstfernseher an meine Autoscheibe an. Drückte "on". Und schon meldete sich Hanni in einem leicht quängelnden Ton: "Bitte sofort wenden!".

Ich musste mich nerven: "Das ist doch eine Einbahnstrasse, du dumme Kuh!" - Hanni blieb unbeirrt. "FALSCH GEFAHREN. WENDEN. SOFORT!"

Innocent hüstelte: "Du musst ihr einen Moment Anlaufzeit lassen - sie hat noch nicht alle himmlischen Daten!".

"WENDEN!" - schrie Hanni nun wie ein alter General aus dem Bildschirm. Auf demselbigen zeigten sich rote Kreise mit Pfeilen. Alle blinkten in Wenderichtung. Also wendete ich genervt - direkt in einen Streifenwagen der Toskaner Strassenpolizei. Denen konnte ich dann lange von Hanni erzählen: "Es war eine himmlische Fügung" erklärt ich den Uniformos. Innocent büxte seufzend 200 Euro Strafgelder heraus. Wenn unsereins mal ein Blümlein zuviel kauft, kriegt er sich kaum ein und macht die Szene. Aber Hanni kann das Geld mit beiden Händen zum Fenster rauswerfen! Das reichte. Ich habe Hanni gekündigt. Und Werner eingestellt.

"Man kann Werners Stimme aufhellen, wenn Du willst - hier, beim Knopf STIMMENVERÄNDEURNG. Wie heisst die Hotel-Strasse in Genua?"

Innocent spielt gerne mit Computers. Er drückt an den Tästchen herum, wie Casanova an den Weibern. Nun betet mir also ein sonorer Werner jeden gefahrenen Kilometer einzeln runter. Und alle drei Minuten kennt er eine Tankstelle.

"Ich finde den Weg nach Genua auch ohne dieses Gequassel" knurrte ich Innocent säuerlich an. (Das sprechende Kistchen hätte ein schönes Diadem gegeben).

Innocent rümpfte die Nase. "... und wie willst du dich in Genua zurechtfinden?. Letztes Mal bist Du nur auf Taxiwegen gefahren und hast schier den Bus gerammt..."

"Wir kamen jedenfalls an!", gab ich giftig zurück.

Und "IMMER GERADEAUS!", meldete sich die Stimme ungefragt aus dem Kistchen."

In Genua wurde Werner dann sehr gesprächig. "NACH 50 METER LINKS... WIEDER LINKS... DANN RECHTS... UND LINKS."

Ich brachte den Verkehr zum Erliegen - dann endlich war es soweit: "NOCH 50 METER ZUM ZIEL!"

Wir standen vor einer Kehrichtverbennungsanstalt. "ANGEKOMMEN" sagte Werner.

"Das ist es nicht", sagte ich.

"Es ist nicht Werners Schuld. Ich habe eine falsche Strasse eingegeben" meldete sich Innocent kleinlaut.

Mit einem Diadem wären wir besser gefahren.

Samstag, 8. Januar 2005