Von Ticket-Automaten und Technik-Tücken

Donnerstag KLAR. Die folgenden Worte sollte jemand gar nicht erst in den Mund nehmen. Sie machen dich nämlich so alt wie diese versteinerten Flöhe in der prähistorischen Sammlung. DENNOCH: DIESE SCHEISSTECHNIK VON HEUTE GEHT MIR ABER GANZ ZÜNFTIG AUF DIE EIER!
Drehen wir die Zeit zurück: Da bimmelte (mit weichem «b») mein lieber Vater als Führer des Sechsertrams über die Kreuzung. Hinten sass Ernst Isch, sein ihm ergebener Billeteur. ES MUSS GESAGT WERDEN: Die Fahrwelt war damals noch in Ordnung. Es gab genügend Trams, genügend Personal und genügend Grund für die Gewerkschaft zu jammern:
«Wir arbeiten uns fürs Volk kaputt!» Dann kam das Lied der Forderungen in Sturdur:
« MEHR LOHN! WENIGER ARBEIT!»
Mein Vater war Vorsänger? begnadet, muss man sagen. Denn heute haben alle wohl mehr Lohn. Aber wir keine Billeteure mehr. Nur noch ein Tram, das nicht mehr so regelmässig oft kommt wie früher. Und in der Stosszeit so verstopft ist, wie die Kembserweg-Omi, nachdem sie wieder eine Büchse Ovo ausgenuggelt hatte?
UND JETZT MAL HERHÖREN? DAS SCHÖNSTE IST EBEN ERST GEKOMMEN: DIESER SCHEISSAPPARAT!
Natürlich fährt man am nervenschonendsten mit dem Umwelt-Abo. DANKE. DAS WEISS ICH AUCH. Aber ich hab nun mal keins. Und will trotzdem vier Stationen fahren. Also soll mir dieser neue Apparat ein Ticket rausspucken.
Vor dem Apparat steht jedoch eine riesige Menschenschlange. Ganz vorne will eine Frau die metallene Kiste dazu überreden, ihr eine Tageskarte zu verkaufen.
SIE HÄTTE AUCH EIN TICKET ZUM MOND BESTELLEN KÖNNEN!
Die Frau ist den Tränen nahe? und die Menschenschlange dem Nervenzusammenbruch.
«Fangen Sie nochmals ganz von vorne an...», ruft der Dritthinterste nach vorne, «... manchmal spuckt er!»
MITTLERWEILE KUTSCHT MEIN SECHSERTRAM FRÖHLICH BIMMELND AB.
Es sind nun vier Köpfe und acht Hände, die sich mit dem neuen Billettautomaten befassen.
«Also? zuerst die Begrüssung», schnupft die Frau mit der Tageskarte, die sie noch nicht hat. Ihr Zeigefinger macht kreisende Bewegungen, wie damals beim Kinderspiel «rund um die Welt wer stupft», «... dann gehe ich auf GANZTAXE... dann auf...»
«HALT!», ruft nun ein Siebengscheiter? so ein verbissener Mathe-Pauker-Typ: «Sie müssen die Sache schon zuerst bestätigen und...» Wie gesagt: Einst wars der Billeteur. Und ein kleiner Block, dem er innert einer halben Sekunde eine Tageskarte entriss und das Geld gleich einkassierte... AMEN.
Ich will nicht über die heutige Technik meckern. Klar, dass wir mit der Zeit gehen müssen. Aber irgendwie wars früher nicht nur kommunikativer (na, reden SIE mal mit einem beleidigten Apparat? der hat doch immer das letzte Wort!)? es war auch gemütlicher. Und doch effizienter.
Fräulein Nussbaumer von der Buchhaltung hat uns auf der alten «National Zeitung» die Löhne noch in gelbe Couverts abgezählt. Und diese Lohnsäcklein persönlich verteilt.
Mit dem Couvert gingen wir auf die Post und bezahlten die aufgelaufenen Rechnungen. Am Schalter tickerte die Postfrau alle Beträge in eine Rattermaschine? ihr Kopf zuckte hoch wie der Teufel aus der Überraschungsbox:
«Wie viel?»
Du sagtest den Betrag. UND? GLÜCK! GLÜCK!? SIE HATTE DEN GLEICHEN.
Damit war alles erledigt. Heute? Ich versuche über das Internet in meine «postfinance» einzusteigen. Aber auch beim vierten Mal verweigert mir der Computer den Eintritt. Er behauptet mein Codewort sei ERROR. Mein Codewort ist aber immer das Geburtsjahr von Innocent minus fünf und die zwei Anfangsbuchstaben von Tante Finnis drittem Ehemann. JA WESHALB SCHLUCKT DER COMPUTER MIR DIESEN EHEMANN NICHT?!
Nun gibts ja gottlob in einer Zeit des «Service public» (was immer das sein mag?) noch Postomaten. Ich also nichts wie hin. Aber vermutlich ist im ganzen Quartier das Codewort abgestürzt? jedenfalls treffe ich auch hier auf eine Menschenschlange.
Nach 40 Minuten Wartezeit und nachdem der böse Apparat ihre Karte einfach verschluckt hatte, zog das zarte Persönchen vor mir schäumend den Schuh aus und hieb, wie damals dieser Nikita Chruschtschow, auf die Postomat-Tasten ein.
DANN WAR ENDLICH ICH AN DER REIHE.
Aber: «? DER POSTOMAT IST VORÜBERGEHEND AUSSER BETRIEB! (fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker).
Das meine ich mit «früher war alles besser!». Beim Trambillett-Apparat habe ich es 45 Minuten ausgehalten. Der siebte Sechser war mir eben abgefahren, als die Frau mit dem Tageskarten-Begehren aufschrie: «JETZT IST ES DA!»
Es war der Schrei einer beglückten Mutter eines Trambilletts. Leider wars dann keine Tageskarte. Sondern «FRENKENDORF EINFACH? HALBTAX».
Ein entsetzter Schrei ging durch die Menge. Die arme Frau sank jammernd in sich zusammen. Und in den achten Sechser bin ich dann als Schwarzfahrer eingestiegen.

Donnerstag, 27. März 2008