Vom Personal-Trainer und einem Badelift

Donnerstag Als ich Innocent dieses wunderschöne Weihnachtsgeschenk machte, verschloss er alle Türen.
Kam so: Innocent wollte nichts. Er will, dass wir so dumme Geschenktage einfach überspringen.
JA BIN ICH DENN EIN FLOH!?
Geburtstage, Muttertage (ich zieh mir vorher immer ein Kopftuch über und bloche mit dem Besen rum, damit er auch ja nicht vergisst, wer hier das traute Mütterchen im blitzblanken Heim ist), Namenstage, Hochzeitstage und selbst der Tag vom heiligen Valentin sind ihm ein Gräuel.
«Wir brauchen nichts!», sagt er dann.
ER nicht. ICH schon.
Aber bei diesem Thema läuft seine Hörprothese auf «out».
Auf Weihnachten also habe ich ihm dann trotz unschöner Drohungen seinerseits («wehe, wenn Du für mich Geld ausgibst... wir müssen sparen und haben ja noch nicht mal ein Grab gekauft!»), an Heilig Abend also habe ich ihm das Couvert mit dem aufgeklebten fliegenden Father Christmas und den Goldlettern «Für den lieben Innocent» überreicht: «Es wird dein Leben verändern...»
Innocent wollte eben zu einer Schimpftirade über unnötige Büchergutscheine ansetzen, als seine gichtigen Fingerchen das Papier befühlten und er jubelte: «Da ist Geld drin? ach Du Guter!».
ZU FRÜH GEFREUT! ES WAR EIN BON FÜR ZEHN STUNDEN BEI EINEM PRIVATEN FITNESSTRAINER.
Auf die Idee hatte mich Annetta gebracht: «Seit ich mit dem Markus fitte, kann ich auch wieder die Brücke, den Spagat und meine eigene grossen Zehe lutschen...»
SOWEIT WILL ICH ES BEI INNOCENT GAR NICHT KOMMEN LASSEN. Er ist eh nie der Zehenlutschertyp gewesen. Aber wenn er wieder so fit ist, dass er die Abfallsäcke raustragen kann, soll es mir das viele Geld wert sein.
Als dann mein lieber Freund das Epistel öffnete (nachdem er den aufgeklebten Weihnachtsmann vorher sorgfältig unter Dampf abgelöst hatte? «den können wir wieder gebrauchen!»)? als er schliesslich die Bons für zehnmal «personal Training» in der Hand hielt, welche Markus auf imitierte Geldscheine drucken liess («GESUNDHEIT IST IHR HÖCHSTES GUT»), da musste ich ihn zuerst einmal mit Valium und drei Gläslein Baldrian (forte) wieder auf unsere schöne Welt zurückbringen.
«Ich bin fit genug», jaulte er, «und ich lasse mich nicht in ein Leben trimmen, das im Schweiss und zehn Kniebeugen gipfelt. Ich beziehe schliesslich AHV und habe das Recht auf ein bisschen Ruhe.
Ich versuchte ihm das schöne Geschenk einzugeben, wie man einem Hund in frisch gehacktem Hackfleisch die Wurmpille eintrickst: «Herr Markus ist nicht einfach so ein Schinder, wie Du ihn aus den Kriegsfilmen kennst. Er ist sanft, wie ein Stück Samt. Und er wird sich total Deinem jetzigen Trainingsstand anpassen. Das heisst? er wird bei zero anfangen...»
«Willst Du damit sagen, dass ich eine Null bin...?!
(Ich zähle langsam auf zehn, wie es mir mein Mental-Trainer für Diskussionen mit Redaktoren, Velofahrern, Rucksackträgern und älteren Menschen gelernt hat.) «Aber nein? Du bist doch mein grosser, starker Bierhumpenstemmer... aber irgendetwas müssen wir jetzt unternehmen, wenn Du Deine Zehennägel im Bade noch selber schneiden willst...»
Er: «Ich habe mir ja für sündhaft teures Geld einen Badewannenlift einbauen lassen...»
Hat er. Schon das hat mich damals totalkrass genervt. Kamen doch drei Männer ins Haus. Hämmerten in der Badestube rum. Und montierten so etwas, das wie ein kaputtes Laufband aussieht an unsere schönen Kacheln, so dass diese aufsprangen wie zu lang gekochte Eier. Via Band und Hydraulik lässt sich Herr Innocent ins Fichtennadelbad surren? und dann wieder retour. Da er eine Spielernatur ist, zittert nun jeden Morgen um halb neun Uhr die ganze Hütte und das Ganze sieht aus, wie in einer Wurstfabrik, wo die letzten darmgestopften Klöpfer maschinell ins Brühbad getaucht werden.
«So ein Lift ersetzt Dir keine körperliche Fitness. UND ICH WILL, DASS DAS EINZIG FITTE NICHT NUR DEINE RECHTE HAND BLEIBT, WEIL DER ZAPFENZIEHER SIE IN TRAB HÄLT? AUCH DAS ANDERE MUSS BEWEGLICH SEIN. Und deshalb: HERR MARKUS!»
Jetzt ziehe ich den Trumpf aus dem Ärmel: Schau mal Gutschein Nummer sieben an! «BESUCH IN DER SAUNA!»? liest Innocent ab Bon. Dann zu mir: «Ich gehe in keine Sauna. Da holt man sich den Fusspilz...»
«Nicht mit Herrn Markus... er saunt privat», sage ich. «MIR KOMMT KEIN MUSKELSCHINDER INS HAUS!», brüllt Innocent.
Innocent ist wie dieser Dackel, der die in Gudigudi-Hackfleisch eingebabbte Wurmpille immer wieder ausspeit und das Drumherum auffrisst. Schliesslich schaut er mich traurig an: «So viel Geld für nichts .. können wir von Herrn Markus nicht die Hälfte zurückverlangen...»
Ich vermute stark, er möchte es auf das Konto «unser Grab» einzahlen...

Donnerstag, 28. Februar 2008