Vom Top-Spotten in München und Cola auf dem Compi...

Donnerstag - «Ich weiss ein nettes, kleines Hotel in München!»
Das ist Innocent. Bei seinen «netten, kleinen Hotels» bin ich skeptisch. Meistens entpuppen sie sich als miese Wanzenbuden mit Etagen-Klo. Aber da er nach dem dritten Mass Bier eh hinüber ist, scheint ihm solches flutschegal.
IST ES MIR ABER NICHT.
Deshalb: «Kommt nicht in die Tüte - wir gehen an die Maximilianstrasse. Dort hats die goldigsten Läden. Und das?Vier Jahreszeiten?...»
Innocent reisst einen Flunsch.
«... das?Hofbräuhaus? liegt nur drei Schritte weiter», mache ich ihn heiss.
«Wenn Du meinst...», sagt er seufzend. «Aber eines sage ich Dir: Eingekauft wird nix die Bohne. Unsere Kästen überlaufen. Und erst gestern habe ich Deinen neuen Computer bezahlt - die Rechnung hat mir weiche Knie gemacht...»
DA WIRD ER BEIM «VIER JAHRESZEITEN» ERST RECHT UMKIPPEN!

Freitag - Da ich drei, vier Mal jährlich nach München kurve, um beim Senf-Sepperl diesen süsslichen «Mostarda» zu kaufen, den eben nur die Bayern senfen können, kenne ich den Weg zum «Vier Jahreszeiten» aus dem Effeff.
Trotzdem knübelt Innocent schon in Memmingen sein neustes Spielzeug aus der Tasche. Klebt mir diesen sprechenden Klotz an die Heckscheibe. Und solcher gibt mit sonorer Stimme durch: «Nach 69 Kilometern rechts halten...»
«Ich fahre nicht zum ersten Mal nach München...», keife ich gereizt in Richtung sprechender Monitor.
«DU MACHST, WAS ER SAGT!», knurrt Innocent. «SCHLIESSLICH HABE ICH NICHT UMSONST SO VIEL GELD DAFÜR BEZAHLT...»
Natürlich ist es umsonst. Was brauchen wir eine sprechende Wegwarte, wo die Innerstädte dieser europäischen Welt eh autofrei sind und die Hotels nur noch mit einem Geheimdienst gefunden werden können!
Herr TomTom dirigiert mich nach der Autobahn in einen dunklen Untergrund: «Nach der Unterführung links..., dann rechts...»
Wie wir wieder ans Tageslicht kommen, stecken wir in einer buddhistischen Demonstration fest. Immer lächelnde, immer wippende und immer glöckchenbimmelnde Glatzköpfige umtänzeln unsere Karre und beweinen jede plattgedrückte Mücke am Heck. Endlich kommt Grün ins Orange. Es ist die städtische Verkehrspolizei mit Kelle und dieser Mütze, wie sie der Ex-Gatte von «Adelheid und ihre Mörder» in der gleichnamigen TV-Serie trägt: «Ja saan?s deppert? Da sammer doch inner gsperrten Fussgängerzone... und des saan buddhistische Mönche. Da könnens die Veranstaltung doch nicht ainfach so gottlos mit aaner VW-Gondel sprengen, grützitürken!»
Ich zeige auf Herrn Innocent: «Er hat die Verantwortung!»
Und was macht dieser Feigling? Zeigt auf die Donnermaschine an der Windschutzscheibe: «Sagen Sie das dem Herrn TomTom da drin!»
Für das Bussengeld hätten wir übrigens gut und gerne sechs Stunden lang in der Maximilianstrasse shoppen können...

Montag - Das Wunderbare an meinem neuen Computer: Er hat das, was man einen «hot spot» nennt. Also: Bis anhin habe ich neidvoll diese Hotspotter bewundert, wenn sie in den Zügen oder vor dem Casino im Strassen-Café ihre Compis geöffnet haben. Und - hokuspokus! - empfangen konnten. Ich meine: DAS IST DIE WUNDERSAME EMPFÄNGNIS VON HEUTE.
«Alle neuen Geräte haben diesen Wireless-Zugang», sagte mir Herr Schweizer, mein Computer-Fachmann.
Also musste ein neues Gerät her. Und damit hocke ich nun, beseelt vom Glück auch «dazu» zugehören, in der Lounge des «Vier Jahreszeiten». Hier hot-spotten alle - von den arabenschwarzen Saudis bis zu den neureichen Russen, deren Compis mit dem Strass von Mütterchen Swarowski ausgelegt sind.
Ich drücke also die Verbindungstaste - doch nichts passiert.
Ich drücke ALLE Tasten. Tausend Blaulichter lichtern lichterloh. DOCH NICHTS PASSIERT. Ein Dreikäsehoch schaut mir sehr interessiert zu. Er nuggelt an einem Glas Cola: «Hallo dicker Onkel - Du musst die Verbindung aktivieren...»
Ich: «Zieh Leine!»
Er: «So wird dös aber nix - du musst auf die Auffi-Taste drücken...»
Ich: «Schleich Di!»
Er: «I zaig ders jetzt, wos langgeht...»
Ich: «Wehe Du kommst mir näher... ich bin einer dieser Männer, die kleine nervende Buben fressen und...»
Er rümpft verächtlich die Nase: «Au mei - Du gsiehsts aber mehr noch Zwetschgendatscherl aus...» Schliesslich drückt er mit seinem kleinen Zeigefinger auf eine der obersten Tasten. Ich will ihn wegstossen - und schon ergiesst sich die Cola über meinen Compi!»
«Was hast Du gemacht!», tobe ich.
Da ertönt ein sphärisches : «DINGDONG» auf dem Bildschirm . UND ICH BIN DRIN - MITTEN IN DER WUNDERBAREN WELT DER TOP-SPOTTER.
«Hat er sie belästigt?», fragt eine Dame im Dirndel und zieht den Kleinen weg.
«A hoffnungsloser Computer-Depp...», höre ich diesen zur Mutter flüstern, «dazu frisst er no glaine Buaberln...»

Donnerstag, 13. September 2007