Vom verlorenen Ohr und der Knetmaschine

Donnerstag - Das Jahr fängt gut an. INNOCENT HAT DIE OHREN VERLOREN!
Ok. Das ist ein Dauerzustand. Er hört eh nur, was er will. Überdies führt er diesbezüglich einen privaten Krieg mit den TV-Sprechern und Schauspielern dieser Welt: «DIE REDEN ALLE SO UNDEUTLICH? ES FEHLT DIE RICHTIGE AUSBILDUNG!»
Es ist nicht die Ausbildung. Es ist Einbildung. Und das Alter.
Überdies wachsen Innocents Ohren zu wie ein Wildwald im Dschungel. Überall Haare. Und seit ihm Olga, diese Kuh, erklärt hat, diese Haare seien wichtig für sein Gleichgewicht, schneidet er sie nicht mehr.
KUNSTSTÜCK, WACKELT DANN DAS HÖRGERÄT!
Na ja - jedenfalls haben wir die ersten Januarwochen damit zugebracht, alle Wege abzutasten und nach einem bräunlichen Ding mit Draht zu fahnden.
WIR HABEN SÄMTLICHE MÜLLSÄCKE DURCHSTÖBERT. Dort fand dann Innocent dummerweise die Kleiendosen, die er mir auf Weihnachten geschenkt hatte: «DOKTOR HUBERS MAGENKUR - FÜR EINE WUNDERBARE MAGENREGULIERUNG!»
Na ja - wer stellt sich Weihnachten nicht anders vor. Jedenfalls habe ich die Dosen sofort entsorgt. Und als er die weggeschmissenen dann wortlos vor mir aufbaute, da habe ich - FRIEDEN AUF ERDEN! - eine dieser Mistdosen doch tatsächlich geköpft. Und drei Löffel von diesen Flocken, die so trocken sind wie der Witz der Queen, hinuntergewürgt.
KOTZKOTZ! - (wie Donald, mein kleinster Neffe, da sagen würde).
UND DIES ALLES WEGEN EINES VERLORENEN OHRS! Da kommst du punkto Beziehung schwer ins Grübeln - INS OHRENGRÜBELN!

Freitag - Noch so ein Hammer!
O.k. - die Registrierung einer Partnerschaft ist keine Hochzeit, aber ein bisschen halt schon, und wenn es um die Geschenke geht, sollten die der Normalität gegenüber EBENBÜRTIG sein.
«Es geht aber nicht um Geschenke», hat Innocent den Zeigefinger gehoben, «es geht um eine Unterschrift. Und sonst um nichts!»
Natürlich haben ihn Maria, Olgi und auch alle meine andern Freundinnen weichgeknetet: «Also du wirst doch nicht ohne ein kleines Präsent beim Standesamt aufkreuzen!»
Innocent tat geheimnisvoll. Und liess durch verschiedene Kanäle verlauten, er habe bereits vorgesorgt.
Als wir dann nach geleisteter Unterschrift das Palais verliessen, standen vor dem Standesamt nicht nur die lieben Freundinnen, da stand auch ein Paket, so riesig, dass man spielend eine Dreizimmerwohnung darin hätte verstauen können.
Sehen so DIAMONDS ARE A GIRL?S BEST FRIEND aus?
Als ich dann die Verpackung in irrer Gier und ahnungsschwanger wegriss, traf mich dann doch schwer der Schlag: EINE KNETMASCHINE mit Fleischwolf, Gemüseraspel und Plastikmixer-Aufbau. Alles made in Korea.
«Das haben wir uns doch immer gewünscht», rechtfertigte sich Innocent während der folgenden ersten Krise im frisch registrierten Partnerschaftsverhältnis. WIR gewünscht?
Ja Pimmeldreck! ER hat. Ihm kanns ja nie genug Stecker haben?
Nun grinst das Schlitzohr und zieht so ein allerliebstes, kleines Geschenkpäckchen hervor.
BINGO!
DAS HAT DIE RICHTIGE GRÖSSE!
Obwohl wir klar und deutlich abgemacht haben, die Contenance zu wahren und einander nie öffentlich um den Hals zu fallen, übermannt es mich nun doch: «Du bist einfach ein Engel!»
«Schaus an», strahlt er.
Flixflax! - das Päckchen ist schnell geöffnet. Und ein seltsames Gummiding, seidenpapierig gewickelt, liegt in zittrigen Händen.
«Das ist eine Nasenklammer für Synchronschwimmer», lacht nun Innocent schallend. «Du hast doch immer gesagt, du willst in einen Synchronschwimmkurs?»
Die Nasenklammer ist allen Illusionen und dem unschönen Weg von DOKTOR HUBERS MAGENKLEIE auf den Mist gefolgt?

Sonntag - UND WO - BITTESCHÖN - BRINGT MAN(N) EINE KNETMASCHINE UNTER?
Das Ungetüm, das irgendwelche Riesen von Taiwan konstruiert haben müssen, sprengt alle Möglichkeiten. Um ehrlich zu sein: Es sprengt auch unsere Küche. Denn das Schicksal und seine Architekten haben hier eh nur Platz für zwei Zahnstocher vorgesehen.
«Wer so eine Kitchenaid im Haushalt will, muss einen Palast oder den Grössenwahn haben», knurre ich zu Innocent.
Dann räume ich unseren Einbaukasten im Korridor aus, um Verstauraum für Taiwan zu schaffen.
Ich stosse auf einen elektrischen Saucen-Apparat, zwei Kaffeemühlen aus der Zeit des Non-Nespresso, einen Cocktailquirler mit Batteriebetrieb, drei Toaster («Weshalb weggeben? Die können wir sicher mal brauchen!») und eine vollautomatisierte Joghurt-Fabrik samt Füllgläser.
Im elektrischen Eierkocher habe ich dann übrigens auch Innocents verlorenes Ohr wiedergefunden.

Donnerstag, 18. Januar 2007