Odermatt ist wunderbar. ICH HABE MICH SOFORT IN IHN VERLIEBT: Gross. Mit Schenkeln, die zupacken können. Und mit diesem Charme, dass sich die Frauen vor ihm auf den Rücken legen. Sie stossen dann diese heiseren Schreie aus, neben denen eine Pornoqueen ein Lüftchen ist.
Odermatt ist kastriert. Dennoch: Er päckelt jede und alles. Wenn das Geschrei gegen Mitternacht unerträglich wird, muss ich mit dem Wasserwerfer aufmarschieren. Ähnlich wie die Polypen bei den Impfgegnern. Doch wie gesagt: Odermatt hat keine Treicheln mehr.
Dass Kater Odermatts Fruchtbarkeit dem Messer zum Opfer fiel, haben wir Frau Oerlikon-Dolder zu verdanken. Sie jettete vor einigen Jahren zum achten Mal geliftet vom Uetliberg (!) direkt auf die Insel. Die Goldschleuder kaufte sich hier eine Villa. Und räumte katzentechnisch auf.
Vorher haben wir Jahrzehnte lang die Hühner der Umgebung aufgekauft, um sie fein geschnitten unsern Inselkatzen vorzuwerfen. Die schlauen Bauern stellten sofort von Saubohnen-Zucht auf «glückliche Hennen» um. Wir dürfen bescheiden hinzufügen, dass wir am blühenden Wirtschaftswachstum der Maremma nicht unbeteiligt waren: DIE MIEZEN WAREN UNS DAS WERT. Andere Leute investieren in Jachten - wir: in Inselkatzen! SO SIEHT GUTMENSCHTUM HEUTE AUS!
Unsere liebe Freundin Örsi, lodernde Tierschützerin und Katzenmutter in ihrem grossen Herzen, hat wochenlang das zarte Fleisch der Freiland-Hennen geschnipselt. Na gut - so lange bis die Inselpolizei auftauchte: «Sie zwirbeln hier das Öko-System völlig durcheinander, Signora - die Katzen sollen unsere Ratten und Mäuse fressen!» Frau Örsi schaute die Uniformierten so angewidert an - wie unsereins den Arzt, wenn er rät, von Schwarzwälder Kirschtorte auf Stangensellerie umzusteigen.
UND DANN EBEN: FRAU ÖRLIKON-DOLDER VON DER ZÜRCHER GOLDKÜSTE! Sie organisierte sofort den Tierschutzverband der Toskana. Wochenlang streiften Tierärztinnen mit scharfem Blick für gutgebaute Kater und ebenso scharfem OP-Besteck durch die karge Steppe: «Schnippschnapp!» - Ihr wisst schon w a s.
Und wollt es gar nicht wissen.Jedenfalls waren es immer nur Tierärzt*INNEN mit dem Gendersternchen. Ein italienischer Mann bricht nämlich schon beim blossen Wort Kastration jammernd zusammen... DESHALB SIND NUR FRAUEN BEI DEN KATERN AM BALL!
Frau Örlikon-Dolder fixierte dann rund um ihr Gut stählerne Fresssäulen. Diese erinnern an jene Automaten, bei denen man Schokoriegel, gekochte Spaghetti oder auch eine grüne Banane rauslassen kann. Für die Katzen gibt es gesundes Futter in Würfelform - und für Frau Örlikon-Dolder den Tierschutzpreis der Toskana.
Das Schlimme aber: Die Miezen zeigten uns seit jenem Tag, als sie sich erstmals den Junk von der rostfreien Yummi-Yummi-Säule reinhämmern konnten, die kalte Schultern. Vergessen waren plötzlich alle gekillten glücklichen Hühner. OH JAMMERTAL!
So lebten wir also lange betrübt katzenlos. DOCH DANN KAM MARCO ODERMATT! Marco klopfte an jenem wundervollen Samstag, als unser Schweizer Skistar Adelboden zum Beben brachte, an unsere Küchentür. Wir öffneten Tür und Herz. Deshalb nennen wir den Kater: Marco Odermatt.
Wir haben Odermatt an jenem Freudentag zu drei Dutzend zarten Maremma-Rinderfilets eingeladen. Er hat sich darüber gemacht wie der Diabetiker über den Zuckerguss. Immer nur Automatenkost ist eben auch nicht das Wahre - jedenfalls hat Marco sich seit jenem Jubeltag bei uns niedergelassen. Und bringt auch gerne seine Freundinnen mit. Nach dem Rinder-Tatar ist den Miezen stets nach Party. Sie rammeln wild rum. Und bei ihrem Katzenkonzert hätte auch Rossini nasse Augen bekommen.
Dann dies: Bei einem Anfall von Heim- und Fasnachtsweh lasse ich meine CD mit dem PP los. PP ist Piccolo-Potpourri. Die Umgebung passt - denn die Mimosen blühen draussen auf Teufel komm raus.
Beim fünfstimmigen Arabi stellen die Miezen ihr Geschrei plötzlich ein. Sie heben die Köpfe. Und schauen fasziniert zum Abspielgerät auf dem Rauchtischchen. Langsam schleichen sie sich an. Sie liegen im Kreis um das Fasnachtsconcerto aus der Büchse. Innocent bewegt die Füsse im Takt. Marco tut es mit dem Schwanz. Und die Miezen, die vorher noch Odermatt mit ihren fetten Hintern die Birne verdreht haben, schnurren zufrieden.
In diesem Augenblick hört man das Knallen einer Bentley-Tür. Frau Örlikon-Dolder rauscht an, wie Furia, die Rachegöttin der Römer: «WAS TUN SIE MEINEN KATZEN AN!»
Sie bückt sich zu Odermatt: «Und Garfield ist auch hier. JA GARILEIN, WO BIST DU NUR SO LANGE GEWESEN...»
«Er heisst Odermatt. Und er liebt Basler Fasnachtsmusik...», lächelt Innocent sonnig.
DA KANN DIE MADAME AUS LIMMAT SÜD NICHT MITHALTEN! Erzürnt braust sie ab. Vermutlich werden ihre Fresssäulen bald den Sächsilütte-Marsch intonieren.
Ganz klar - sie will uns Odermatt abwerben. DOCH EIN ODERMATT WEISS, WAS ER WILL. Das hat uns das Olympia-Gold in Peking soeben wieder bewiesen. Odermätter haben nämlich Eier, wenn es drauf ankommt!
Illustration: Rebekka Heeb