Werbung ist wichtig. UND ZWAR SO WAS VON!
Die 30-Sekunden-Spots sind das Beste des ganzen Abendprogramms. Oft auch das Einzige, das einem nach «Arena»-Dreckschleudern und dem «Samschtig-Jass» im Kopf geblieben ist.
Also: Du richtest in der Küche schon mal Spaghetti an. Da ruft einer: GRÜEZI, MIN NAME ISCH FISCHER...
Haben wir Herrn Fischer eingeladen? Nein, haben wir nicht. Dennoch kreuzt er hier mit einer Frau auf, deren Name ich auch nach 100 gerupften Gänsen nicht verstehen kann.
ALSO: WER IST DIESE GEHEIMNISVOLLE LANGHAARIGE IN DER BETTWARENABTEILUNG VON WÄDENSWIL UND JETZT VOR MEINEN SPAGHETTI? Zusammen mit einem Herrn Lummi Dzambazoska figuriert sie im Verwaltungsrat der Bettfedern-Firma.
DAS GEHEIMNIS UM DIE BETTFEDERN AUS «WÄDI» IST SO UNDURCHSICHTIG WIE DIE ANTWORT AUF DIE FRAGE: WIE WURDE DIE CORONA-TASKFORCE IN BERN ZUSAMMENGESTELLT?
Man muss sagen: Ein Wortspiel von Ramba Zamba drängt sich beim Namen Dzambazoska bei jedem Kolumnenschreiber auf. Von Schlaf kann bei so viel Ungewissem keine Rede sein - auch nicht unter einer hochwertigen Daunendecke aus dem Hause Fischer.
Die Werbung mit den «Federn von toten Tieren» ist genial. Sie ist so hausbacken, zürcherisch bieder und brav-schräg, dass jeder PR-Fachmann sich die Nägel abbeisst: WESHALB SIND WIR NICHT AUF DIE IDEE GEKOMMEN?
Nun, Herr Fischer wollte eben nicht von den teuren Werbemanagern gerupft werden - und rupfte sich lieber selbst. Er setzte seine eigene Person in den Fokus. Liess - WUSCHHHH! - Federn tanzen. Und zeigte sein gefiedertes Umfeld vor der Heimkamera.
Der ältere Herr machte so Schweizer Werbegeschichte. Ja, der Schweizer Fischer wurde mit seinen Bettfedern fast so berühmt wie der deutsche Fischer mit seinen Chören. Oder die Capri-Fischer mit Vico Torriani.
Es ist knapp 20 Jahre her, als man auf TeleZüri die etwas verkrampfte Stimme des Duvet-Bosses erstmals vernahm: «Grüezi, min Name isch...» Schon damals trat er unaufgefordert mit seinen Federvieh-Resten vor den Spaghetti auf.
Es war ein Brüller. Diesseits und jenseits von Wädenswil am See riefen die Menschen: «Ernst! Ernst! Ist das dein Ernst?» Die grossen Werber aus Zürich an der Limmat kreischten vor Lachen. Aber das Lachen verging ihnen schnell, als sie die Einschaltquoten der Werbung sahen. DIE ZEIGTEN DEUTLICH, W I E ERNST ES ERNST WAR!
Herr Fischer wird seit Jahren von Fans besucht, die die Federn bei ihm lassen. Die müden Flocken (von toten Tieren) schneien dann so theatralisch hinter Glas, als hätte sie Frau Holle direkt vom Himmel gekübelt.
Seit knapp zwei Jahrzehnten also schaue ich mir den guten Ernst und seine Sadije im Fernsehen an. In den ersten Spots hat Frau Sadije nur dekorativ eine Decke gehoben. Dann wurde sie ins Duvet-Programm einbezogen. Und seither erleben wir das Paar vom Zürichsee als Synthese wie Cindy und Bert, Fix und Foxi oder Romeo und Julia auf dem Lande. Die beiden Protagonisten kommen immer zur besten Sendezeit hereingeschneit (eben dann, wenn die Spaghetti dampfen). Und da mich Herr Hayek einmal aufgeklärt hat, wie viel die offiziellen Schweizer Kanäle für drei Sekunden Rolex-Werbung abcashen, beisse ich jetzt doch verwirrt ins Kissen: WO HAT DER FISCHER DIESE KNETE FÜR ALL DIE TEURE TV-WERBUNG HER?! Füllt er die Daunen mit Kokain? Kennt er die Chefetage des SRF bis zur Bettdecke. Oder läuft der alte Ernst gar nicht unter Werbung. Sondern heimlich als «Comedian». Und wir haben es nicht gemerkt?
Natürlich wollten wir diese Bettgeschichte aufdecken. Erfolglos.
Ein etwas herber Mann, der bei Fischers Telefondienst hatte, meinte in gebrochenen Dialektfetzen: Nein - man gebe keine Auskünfte. Und: Ja - die Fabrik lasse noch immer die Federn von toten Tieren wirbeln. Aber jetzt sei Corona. Und der Betrieb für Besucher gesperrt. Dann hat er aufgelegt. Und mich mit allen meinen Fragen und seinen toten Vögeln im Dunkeln gelassen.
Klar bin ich stinksauer, dass Frau Sadije oder der gleichnamige Herr Lummi mit mir nicht irgendwo in Wädenswil «zu Tisch» sitzen wollen. Dort hätte ich sie zwischen Forelle blau und Toast Hawaii löchern können: «Jetzt erklärt mal, wie ihr das auf die Reihe kriegt, dass eure Decken nicht verrutschen.» Zusatzfrage: «Womit bekommt ihr eure Arbeitsschürzen so blendend weiss?»
Gesprächsstoff hätte es genügend gegeben. Ich hätte sie zur Corona-Unzeit in Basel auch gern selbst bekocht. Nun ja - gern nicht. Aber immerhin: Einen Braten hätten wir sicher noch hingekriegt.
Von einem toten Tier.
Illustration: Rebekka Heeb