Mein Vetter Tom schaut knittrig aus der Wäsche - so zerknittert wie eine wütend zusammengeknüllte Steuererklärung! IRGENDWIE VOM REISSWOLF ZERFLEDDERT. Was ich damit sagen will: ER BÜGELT NICHT. Tom stemmt zwar einige Zentner mühelos himmelwärts. Er hält sich keuchend den Ranzen platt. Und fittet dabei die Arschbacken prall wie gesottene Blutwürste. ABER BEIM BÜGELN HERRSCHT TOTE HOSE.
Selbst wenn er zum Abendmahl geht oder zur Balz walzt: Das Hemd sieht aus, als hätte es eine Kuh ausgespuckt. So glänzen seine aufpolierten Muckis verloren aus einer Landschaft , die man das textile Faltengebirge nennen könnte. HALLOHALLÖCHEN! WO SIND WIR DENN DA?
Vor diesem unglatten Outfit müssen der liebe Gott wie auch die angebalzten Damen das Haupt abwenden. ANDERSRUM: Jedes ästhetisches Empfinden bekommt bei seinen Schrumpel-Shirts den Gong.
Natürlich habe ich mit ihm geredet. Ich meine so, wie verblühte Macho-Männer dies eben tun - nämlich: «Lass dir die Hemden und Hosen von deiner Mami bügeln!» Daraufhin erzürntes Telefon meiner geliebten Tante Nettchen: «JA, HAST DU NOCH ALLE EIER IM KASTEN! In welcher Zeit lebst du eigentlich- Frauen sind nicht die lustigen Büglerinnen vor dem Herrn. Im Übrigen plättet heute niemand mehr - höchstens icke, wenn icke dir eene runterplätte.»
Nettchen hat noch einen Koffer in Berlin. Und wenn sie wirklich wütend ist, jagen ihre Ganglien in den Dialekt jener schönen Gegend, wo Frau Merkel mit vier Fingern ein Herz formt. APROPOS: KÖNNT IHR EUCH FRAU MERKEL UNGEBÜGELT VORSTELLEN? Na also!
Tantchen also rupft mir im Berliner Dialekt die Federn: «Und weshalb redest DU nicht mit ihm. Auf seine Mutter hört er doch nicht mehr seit jenem Tag, als ich mich geweigert habe, einen Kugelhopf ohne Rosinen zu backen!»
Wir merken: Der fitte Tom hasst nicht nur Bügeln. Er hasst auch Rosinen. Ich meine: So etwas muss doch wie ein abgemagerter Elefant durchs Leben radeln. JAWOHL, RADELN! Er hasst nämlich auch Autofahrer und alle diese Putzmänner, welche ihre Karre am freien Samstag aufpolieren, wie die Crédit Suisse ihre Verlusterklärungen. Aaalso. Ich pfeife Tom an den Tisch. Lege vier Kalbskoteletts auf einen Teller. Keine Spargeln. Keinen Fenchel. Vor allem keine Rosinenbrötchen. Denn wo Tom bei Geknitter und Gefalte vielleicht zu wenig heikel ist, holt er beim Essen alles auf.
ER FRISST FÜR SECHS. ABER NUR FLEISCH. UND SAUCE. Vegetarier kommen bei ihm ins Fach der Samstags-Auto-Polierer. Veganer trampen nach Toms Ansicht eh jenseits vom Sattel. Fleisch ist ihm das Höchste - DA GEHTS UM DIE WURST. Wundert ihr euch, dass das Klima baden geht und der Viehhändler-Verband ihm die goldene Ehren-Schelle verliehen hat? IHR WUNDERT EUCH NICHT.
Er hockt also vor mir. Ellbogen auf dem Tisch - und in zwei Händen das dritte Kalbskotelett. Seine Hauer hauen auf den Knochen ein, wie Nähmaschinennadeln einer chinesischen Textilfabrik auf einen Stapel Billig-T-Shirts. «Tomilein wir müssen reden!» «Wenn du wieder damit anfängst, dass ich den Waschmaschinenfilter nicht reinige, verlasse ich den Tisch!»
Das ist auch so ein Thema. Wiewohl mein rumpfliger Vetter als Nick Knitterton herumstrolcht, umso mehr hält er auf Sauberkeit. Sechs Waschmaschinen im Keller drehen sich pausenlos um und für ihn. Kaum hat er einen Slip (Intimissimi) zehn Minuten getragen, kommt dieser auch schon ins Schleudern. Andere Männer verschicken getragene Slips per Post - ER LÄSST SIE IM HARTGANG WIRBELN.
Dito: die weissen T-Shirts, die roten Socken und diese Trainigsfummel, die er sich daheim vom makellosen Körper reisst, die dann aber eine Ausdünstung verströmen, so dass wir über jede MASKENPFLICHT glücklich sind.
Unser Gespräch: «ICH WASCHE DIE FILTER IMMER AUS. ANNICK IST DIE SAU.» Annick ist unsere Hausperle. UND ALLES ANDERE ALS EINE SAU. Sie ist die Reinlichkeit in Person. Und natürlich hat s i e es mir gesteckt: «THOMMY IST EINE DRECKSCHLEUDER. Die Filter sind jedes Mal verstopft. Und ich bin nicht gewillt, die Fussel eurer Untermieter wegzupusten.»
Deshalb schleime ich jetzt zur Dreckschleuder: «Ich weiss. Du bist der sauberste im Haus. ABER LEIDER NICHT DER KNITTERFREISTE. Ich finde einfach: Sooo kannst du nicht herumlaufen! WESHALB BÜGELST DU DIE TEXTILIEN NICHT!» Erstauntes Augenbrauenhochziehen: «Ich kaufe immer bügelfrei!»
«Das ist keine nachhaltige Welteinstellung! wozu hat der liebe Gott das Bügeleisen erfinden lassen?!»
Jetzt zupft mein spindeldünner Vetter (UND DAS MACHT MICH AUCH WAHNSINNIG AN IHM. ER FRISST. UND ICH HABS DANN AUF DEN HÜFTEN) - jetzt zupft also Thommy die letzte Faser vom Kalbsknochen: «Der liebe Gott hat auch den Kugelhopf erfunden - und ich esse den trotzdem nicht. Es hat Rosinen drin.» Diskussion zwecklos!
Ich werde den Waschmaschinen-Filter selber putzen. Und weiterhin Kugelhöpfe ohne Rosinen backen. DAS SCHICKSAL IST OFT WIE EIN BÜGELFREIES HEMD - MAN KANN ES TRAGEN. ABER ES IST NICHT BESONDERS SCHÖN.
Illustration: Rebekka Heeb