Basel ist ein Saustall! SORRY - ABER DAS MUSS EINMAL GESAGT WERDEN! Es ist nicht mehr meine Bilderbuchstadt von einst. Es ist eine Abfallmulde.
Und als ich an einem Corona-Samstag durch die Stadt schlenderte, war ich so ziemlich allein mit all den rumänischen Bettlern, die es sich auf dem Trottoir bequem gemacht hatten. Sie funkten einander über Natel Zeichen zu: «Da kommt so ein bunter Dicker - der gibt!» Okay. Ich bin ein Schlechtmensch. Und habe nicht gegeben. Sondern der Zeit nachgetrauert, als hier fröhlicheres Treiben herrschte.
Was hat Zia Nelly, die ausgewanderte Grosstante aus Aesch, der italienischen Familie ihres Gatten immer wieder DICK unter die Nase gerieben: «IN BASEL KANNST DU VON DER STRASSE ESSEN - SO SAUBER WIE ALLES IST!»
Stimmt. Es gab damals keinen Müll von versenften Papier tellerchen und zerknüllte Mickey-Mouse-Servietten. Es gab auch keine durchsichtigen Kunststoffsärge, aus denen das aufgeweichte Veganschnittchen herausgeschält werden musste. Man ass nicht auf der Strasse. Das war schlechter Stil.
Na gut - es existierten damals auch noch keine Gesichts masken, denen die Geduld und der Gummi riss. Und die heute jeder genervt auf den Boden wirft. Es gab früher vermehrt ausgelutschten Kaugummi auf dem Boden. Aber wer kaut schon noch? Man zieht sich jetzt ein Jointchen rein. Und wirft in abgerauschter Seligkeit das leere Feuerzeug aufs Pflaster. Ein berauschendes Erlebnis muss man der Jugend schliesslich noch zugestehen.
Wir haben ganz klar zu viel Verpackungsballast. Wohin also mit dem Espresso-to-go- Becherchen? Wohin mit diesen verdammten Foliensäckchen, in die ich im Supermarkt mein Znüni einpacke? Und an denen ich etwa 15 Minuten herumknüble, bis ich sie endlich öffnen kann, um zwei Laugengipfel darin zu transportieren. Diese hauchdünnen Taschen sind schlimmer als siamesische Zwillinge. DU BEKOMMST SIE NICHT AUSEINANDER.
Ich weiss: Die Lösung heisst Jutetäschchen. Mache ich auch. Aber im Täschchen liegen bereits drei Eier, von denen eines angedätscht ist. Zittrig tränt der Inhalt raus. Daneben verschmiert ein Stück weicher Chèvre, den ich aus Sorge zur Natur ebenfalls ohne Schutzumschlag in die Jute gebettet habe, das grob Gewobene. Der Ziegenkäse ist überreif - aber ich liebe ihn eben läufig. Und zu allem Elend liegt da auch noch mein Taschentuch (Stoff), das vollgerotzt ist. Ich meine: In meinem Jutesack jagen die Bakterien einander wie die Kleinen beim «Wo ist der böse Wolf?» in der Kita.
Und wenn sich meine Augen samt Nervenkorsett an der schönen Kulisse der Altstadthäuser erholen wollen, stösst der Blick auf diese Schmierereien, die sie «Tags» nennen. Es werden immer mehr Tags. Auch tags-über. DAMMI NOCHMALS - WAS SOLL DAS EIGENTLICH! Wir ver slummen. Und verstummen. Keiner mag mehr klönen. Denn Klöner sind modernde Faschis. Und haben den Mund zu halten. Oder zumindest keimfrei abzudecken. So hat der Frust die Generation U-70 slumm-stumm gemacht.
Der Staat putzt den Sprayern rührend hinterher. Hat einer dir das Haus versaut, kannst du dich melden. Schon putzen sies weg. Oder überstreichen es. DAS IST ZWAR VERDIENSTVOLL. Doch diese arme Spray-out-Stelle weiss schon gar nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. Denn nach vier Tagen ist alles wieder neu übersprayt. Die Lösung liegt nicht in der Wegputzlauge (umweltkonform) - sondern in der Erziehung (nicht umweltkonform).
Wenn wir als Kinder das Zimmer nicht aufgeräumt hatten, wurden wir zum Staubsauger gezerrt: «JETZT PUTZT DU MAL DEINEN STALL! SONST KANNST DU DIR DIE CREMESCHNITTE AM SONNTAG ABSCHMINKEN!» Das wirkte.
Okay. Ich will nicht sagen, dass die Jugendlichen heute unordentlicher sind. Oder doch. Das will ich eigentlich schon. Denn wer am ersten Sonnentag am Rhein spaziert, muss sich zuerst einen Weg durch den Abfall bahnen, den Chiller wie Blumenmädchen an der Hochzeit ihre Blüten herumstreuen. Der Dreck kommt oft von derselben Jugend, die für eine saubere Welt kämpft. Und Mauern mit «WIR KILLEN FÜR EINE SAUBERE WELT» besprayen. Nur ist der Spray noch giftiger als der versprühte Kommentar. Ich wäre glücklich, wenn der Umweltkampf unserer Jugend zuerst einmal bei der nächsten Umgebung anfangen würde.
Wir Alten, Engstirnigen und Ewiggestrigen müssen uns immer wieder anhören, dass wir am Untergang dieses Erdballs Schuld hätten.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Tattergreise nachts mit Spraydosen rumdüsen. Und da wir senilen Trottel weder mit Bluetooth, Dark-Netz noch mit einem Handyvideo klarkommen, sind wir zumindest punkto gut menschlicher Vorwürfe - «Es sind arme Kinderhände, welche das Material für diese Handy-Chips ausgraben müssen» - fein raus!
Also ihr Youngsters - klemmt euch in den Arsch! Denkt über die Welt nach - diese Welt, die wir nämlich a l l e schön haben wollen. DER WILLE IST DA. BEI ALT. MITTELALT. UND JUNG.
Doch die Putzerei fängt vor der eigenen Haustür an.
HABE FERTIG - DANKE!