Hallo! Hallo! – Was soll denn dieses Theater um die Maskenpflicht.
HAT UNS BASLERN DAS HEISSGELIEBTE COMITE NICHT SCHON VOR JAHRZEHNTEN DEN MAHNFINGER AUS SEINER FASNACHTSBIBEL ENTGEGEN GESCHÜTTELT: «E jeedi Frau, e jeede Maa, hett z Basel jetzt e Masgge-n-aa.»
Na also. Da war Maskenpflicht noch vor der ersten Mondlandung. Und wenn wir in alten Zeitungen blättern, so machen uns viele (heute so stark vermisste) Inserate auf Maskenbälle heiss:«Masggee hänn freie Ydritt!»
ABER HALLO – WÄRE DAS HEUTE NICHT EIN WERBEHIT FÜR DIE BVB: «Mit Masgge zahlt me bi uns nytt, ohni fahre dummi Lytt. Die wärde biesst – es duet-is laid: DR TRAMDIRÄGGDER HETT DAS GSAIT.»
Man stelle sich vor: das Basler Gratis-Maskentram. Ein innovativer Welthit: SO GEHT UMWELTFREUNDLICH – SO FÄHRT VIRENFREI! Und endlich wäre die Stadt wieder mal in den positiven Schlagzeilen.
Nun müssen wir hier aber unsern lieben Zugezogenen von Dallas bis Mombasa doch den Unterschied von «Masgge» und «Larve» erklären. Wenn heute das Fasnachtscomité einer Guggemuusig beim Blasen und Pauken zuruft: «Laarve aabe – Masgge uffe!», so meint es mit der Larve diesen ganz speziellen Fasnachtskopf. Er begleitet die Verrückten unter den Bebbi drei Tage lang.
Die Larve ist nicht die Maske. Mit «Mäsggeli» ist die ganze Erscheinung gemeint – also die alte Tante mit ihrem aufgepolsterten Hintern und dem ganzen Drumunddran. Der Begriff «Mäsggeli» existiert im deutschen Sprachgebrauch übrigens nicht. Höchstens als «Mäskelchen». SCHON GEHÖRT? Ich auch nicht.
Verlassen wir nun das wunderbare Gebiet der Basler Larven und wenden wir uns dem dramatischeren Begriff «Schutzmasken» zu. Oder eben «den Masken».
Innocent weigert sich stur, so etwas an die Löffel zu schnallen. Erstens würden sich seine Hörapparate stets im feinen Gummi verheddern. Zweitens behauptet der eitle Dummi, es mache ihm Abstehohren. Und drittens flushen ihm Wutausbrüche hoch, wenn die Leute klotzen: «Wir verstehen Sie nicht, alter Mann – reden Sie laut und deutlich durch Ihren Schutz!»
Was die Leute nicht kapieren – keiner versteht meinen Innocent. Er hat eine Diktion, die irgendwo am Gaumen angeklebt ist. Er spricht mit oder ohne Maskle wie ein heutiger Jungschauspieler. Liebevoll fauche ich ihn an: «KEINE EXTRAWURST! Du wirst die Maske tragen, wie jeder andere auch – verglemmi!»
Gejammer: «Aber ich bin 86 …!» Meine Temperatur steigt . Und es ist nicht das Virus, es sind meine Nerven. «GERADE WEIL DU STEINALT BIST, MUSST DU DICH MIT DER MASKE SCHÜTZEN! ODER WILLST DU INS KREMATORIUM!?»
Er zuckt nur ein ganz klein bisschen zusammen. Dann: «Diese Designermaske, die du mir heimgeschleppt hast, muss doch ein Vermögen gekostet haben. Ich will nicht, dass die mitkremiert wird … die kommt in den Nachlass!»
Gut. Es ist eine wunderbare Mundgeschichte von Dolce & Gabbana. Stefano und Domenico sind zwar seit 20 Jahren nicht mehr zusammen. (ABER SICHER WEISS ICH DAS!) Doch das getrennte Paar studiert noch immer gemeinsam diese verrückten Fashion-Highlights aus. Hier: «FUCK YOU!». Und dies aus einem grellrot aufgespritzten Kussmund mit Zahnlücke. SO ETWAS MUSS DIR ERST EINMAL EINFALLEN!
Und bei so viel lustig fragt auch keiner nach dem Preis. Humor ist unbezahlbar! Innocent will aber keine aufgeblasenen Dolce-&-Gabbana-Kusslippen, die ihm den Mund verbinden. Er will freie Bahn – seis aufs Glas oder den Spaghettiteller. Deshalb: «SO ETWAS BINDE ICH MIR NICHT UM …!»
Weil uns in Meran bereits drei Beizer die rote Karte gezeigt haben, werfe ich mich meinem Freund zu Füssen: «Ich verhungere … wir kaufen in der nächsten Apotheke diese billigen China-Masken. UND KEINE WIDERREDE, BITTE!»
Er schaut mich verwundert an: «Du machst immer gleich so ein Theater … ich habe ja «FUCK YOU!» bei mir …» Fröhlich zupft er die Maske der beiden getrennten Norditaliener aus der Jackentasche. Schnallt sich den Kussmund mit der Zahnlücke an. Doch der nächste Wirt wirft einen entsetzten Blick darauf: «Wir sind completto!» (In Meran reden Wirte vorwiegend Italo-Deutsch.)
WIR HABEN SCHLIESSLICH AUF EINER BANK SUPPE GELÖFFFELT. Sie war vom Chinesen. Und schwabbelte in einer Pappbowle. Überdies war sie die Nummer 9 mit dem Namen Hongshao niurou mian (na ja – so ähnlich). Zwischen gläsernen Nudeln schwammen ratlos Fetzen vom Rind.
«Geht doch!», sagte Innocent zufrieden. Und schlürfte, wie er es in seiner Pekingzeit gelernt hat.
Ich habe dann mit Dolce & Gabbana die Glasnudelresten aus seinem grauen Schnauzer weggewischt. Und die Maske in der Kleidersammlung entsorgt…