Das Buch wollte ich schon lange schreiben. Und den Titel hatte ich bereits vor 50 Jahren: ROSA SEEKUH.
Ich habe es dann - wie viele Dinge im Leben - immer wieder herausgeschoben. Und doch täglich davon geträumt.
INNOCENT KONNTE SICH NICHT FÜR DAS KONZEPT ERWÄRMEN: « was soll diese Oper mit einem Knaben, der rosa zur Welt kommt und dann alles blau bummst im Übrigen hast du doch schon über 100 Bücher geschrieben muss es in einer Welt, wo Papier und Wälder rar werden, noch eines mehr sein ?»
Und dann setzt diese Miesmacher-Trompete doch tatsächlich noch einen drauf: WESHALB KANNST DU NICHT WIE ANDERE LEUTE EINFACH NUR TÖPFERN?!» Na also.
Jetzt sind wir so weit. Er sieht mich vor der Drehscheibe mit diesen braunen Fingern, als hätte ich im Park in frische Hundescheisse gegriffen.
NICHT MIT MIR!
Liesel, dieses Salzburger Rabenviech, töpfert. Nach Makramee und Regenbogen-Seidenmalerei wagte sie den Schritt zum Topf. Sie nennt es Kunst.
Innocent wird bei ihr natürlich SOFORT zur Schleimwolke: «Ach Liesel... so begabt, wie du bist du solltest die herrlichen Werke mal ausstellen »
MEIN GOTT!
Es sind Blumenväschen, Brotkörbchen mit tanzenden Elfen und ein seltsames Stück Ei, das einen Nussgipfel an sich drückt. Letzteres nennt die Tonkünstlerin banal «Vater und Sohn».
Das zerschmetterte Ei soll den jungen Herrn Baron darstellen, wie er seinen frisch geborenen Sohn an die Brust zieht. Liesel hat sich noch beim Stillen inspirieren lassen. Andere gehen mütterlich sanft in den Grossratssaal. Sie aber übergibt den Kleinen ihrem Alten. Und will das Ganze dann auch noch in Bronze gegossen haben.
IHR MANN, DIESER GUT MÜTIGE TROTTEL, ERFÜLLTE SEINER STILLENDEN SCHLAMPE JEDEN WUNSCH.
Das Resultat: man lebt bei Liesel und Co. jetzt im Bronzezeitalter. ÜBERALL NUR BRONZE-BRUNZ!
Als die Hobby-Tonkünstlerin dann eines Tages eine fünf Meter hohe Skulptur anschleppte, war Schluss. Jetzt wurde es auch dem herzensguten Herrn Grafen zu viel: «Des net, Lieserl des passt auf kain Nachttischerl!»
«Du Saubär!» - ging die Schlampe sofort auf Zeterfahrt. «Dös isch e Kunschtwerk und so hoob y no nie!»
HEULEND LIESS SIE INNOCENT NACH SALZBURG EINFLIEGEN.
Sie empfing ihn am Flughafen in ihrem Porsche-Flitzer und einem Kranwagen daneben. Am Kran-Zahn schaukelte die sechs Tonnen schwere Skulptur im österreichischen Bergwind an Eisen ketten.
Das schwebende Ungetüm sollte eine Frau darstellen. Sie streckte die Arme weit auseinander - ein bisschen wie Jesus in Rio.
Auf einer Hand hielt die Riesin etwas, das wie ein überfahrener Frosch aussah. Es hätte aber ein Vogel sein sollen. Denn «LOSLASSEN» nannte Liesel das Werk. Und wollte damit sagen, dass die grosse Frau den kleinen Vogel endlich abhauen lassen soll
So wie die Statue in der Luft hin und her drehte, sah sie eher aus wie ein Flugzeug ohne Landeerlaubnis.
«Wos sogst jetzt, Schatzi » Liesels gewaltige Möpse schmiegten sich um Innocents Hörapparate. Er sagte nichts. Aber die Ohren glühten. Und seine Hörapparate pfiffen aufgeregt
Wenn Innocent nicht weiter weiss, sagt er stets: «Ach du meine Güte »
LIESEL VERSTAND: «ACH, DU MEINE GUTE!»
Sie nahm das für Grünlicht. Und liess auf Innocents Kosten die gigantische Vogelfrau in Bronze verwirklichen.
Innocent nahm bei seiner Bank sechs Millionen-Kredite auf und verkaufte die Goldmünzensammlung seines lieben Vaters - «sie ist unsere Freundin!», flüsterte er mir entschuldigend zu, als ich auf dem Boden lag. Schaum vor dem Mund hatte. Und aufs Erdbeerbeet reinhaute.
ZUM BUCH! «Ich habe nie ein Buch geschrieben. Immer nur Geschichten. Und die haben geldgeile Verleger dann zusammengefasst. DAS IST NICHT SCHREIBEN. DAS IST SAMMELN. UND ICH BIN AUS DER SAMMLERZEIT RAUS!»
Dann zog ich bei Herrn Innocent die Stich-Karte: «DU HAST DEINER SALZBURGER WAFFEL AUCH DIE SKULPTUR ERMÖGLICHT DIE KUPFERWERKE HEDDERNHEIM TRÄUMEN HEUTE NOCH VON JENEM GROSSAUFTRAG » Diesmal warf e r sich auf den Boden. Und hämmerte. Es nützte nichts. MEINE STICHKARTE WAR STÄRKER!
Denn ich drohte mit dem Ehepaar Gottschalk, das nach 40 Jahren auch nochmals neu anfängt
So kommt es, dass ich mich vor drei Jahren nach Wien aufmachte. Und die Geschichte vom rosigen Kind, das sich blau bummste niederschrieb.
Gestern war Schluss.
Ich meine: Schlusspunkt.
Ich feierte mit mir allein im «weissen Rauchfangkehrer».
Dann versuchte ich, Innocent über Facetime ins Bild zu bekommen. Doch er kapiert die Handytechnik noch nicht so ganz. Und deshalb sah ich immer nur das haarige Ohr mit dem Lauscherstöpsel drin.
«Hallo» hörte ich ihn schreien, «halloo ich sehe nichts, ich höre nichts - und wenn du Geld brauchst: Wir sind pleite!»
«MEIN BUCH IST FERTIG» - brülle ich auf das Foto-Bild mit den Ohren.
Da hat er auch schon auf gehängt.
P. S. LIESELS SIEBEN TONNEN «LOSLASSEN» BREITEN IM NATURSCHUTZPARK VON TANSANIA DIE ARME AUS.
Es war ein Geschenk des österreichischen Kulturfonds.
Die Vögel scheissen drauf.
Die übrige Welt auch.