Er spielte den «Donauwalzer. Auf dem Piano stand ein Glas mit Weisswein. «Er trinkt nur Riesling», sagten die Kellner, wenn die Gäste dem Pianisten ein Getränk spendierten. Die Menschen im Restaurant plauderten. Flüsterten Liebesworte. Keiner hatte ein Auge für den Klavierspieler. Niemand hörte zu. Er war unsichtbar. Manchmal träumte er, eine der Frauen würde auch i h m ein Lächeln schicken. Männer nickten, wenn er sich vor den Tasten erhob und dem Spender mit dem Glas zuprostete. Die Frauen himmelten ihre grosszügigen Begleiter an.
DOCH N I E JOSEF.
In seinem Beruf hatte er genügend Geld auf die Seite gelegt, um sich anständige «letzte Jahre» zu leisten. «Das Spielgeld», so sagte er zu Herrn Läuchli. Und schob ihm die Noten zu. Sein Kontobetreuer nickte zufrieden: «Das lege ich für Sie anHerr Blaser». Josef hatte stets sparsam gelebt. Die wenigen Wochen im Jahr, in denen er nicht engagiert war, hauste er in einer billigen Pension in der Rheinstadt. Mit 17 wurde er bereits in Weinbars engagiert. Er verbesserte sich bis zu 5-Stern-Hotels. Und war so immer auf Achse.
In den freien Stunden schrieb er an einer Operette. Doch als sie fertig war, wollte sie keiner haben. Er hatte die Noten an die grossen Theater verschickt - «Kein Interesse!» kam alles zurück. Josef sehnte sich jetzt nach einem festen Heim.
Er sehnte sich auch nach einer Frau. Und dann sah er sie: blonde Wellen scharlachroter Mund -SAPHIRGRÜNE AUGEN.
DAS WICHTIGSTE: DIE AUGEN SCHAUTEN ZU I H M!
Der Mund lächelte jetzt.. Die Frau schickte Josef ein Glas Riesling. DIE WELT STAND STILL.
Lilli begleitete ihn künftig. Sie hatte gerade nichts zu tun. War jung. Schön. Und sehr anspruchsvoll. Die kleine Pension am Rhein war nicht ihr Ding. Wenn sie zu Engagements reisten, dann nur noch erster Klasse.
HERR LÄUCHLI WAR ALARMIERT:
«Ihr Vorsorgekonto schmilzt, Herr Blaser.»
Josef aber klimperte nur noch auf Wolken. «Macht nichts das Geld ist für das Cabrio, das sich Lilli so sehr wünscht!»
Ein halbes Jahr dauerte die ganze Sause. Dann war der Pulver weg.
UND LILLI SAMT CABRIO AUCH.
In der Pension am Rhein klopfte der Concierge an Josefs Tür: «Herr Blaser - ein Brief für Sie!» Niemand öffnete. Sie fanden den alten Pianisten angezogen auf dem Bett liegen. In den Fingern hielt er ein Farbfoto von Lilli.Doch die Hände waren bereits kalt.
DER KLAVIERSPIELER , DAS FOTO UND DER BRIEF WURDEN ENTSORGT.
So erhielt die Komische Oper von Berlin auch nie eine Antwort auf ihr Schreiben: «Wir würden uns sehr freuen, Ihre Operette nächste Saison aufführen zu dürfen!»