Walti mümmelte am Gipfel herum.
Genüsslich tauchte er das halbe Hörnchen in den Milchkaffee. Dann schlürfte er den Zipfel rein – so laut, dass die Vorhänge flatterten.
«Walti!» – Seine Gattin protestierte nun energisch: «Du isst wie eine Sau! Und apropos Sau: mit dem Schüüfeli auf Bohnen wirds nichts…»
«WAAAS?»
Er stierte entsetzt zu seinem Vis-à-vis: KEIN SCHÜÜFELI…?»
Hildi schüttelte den Kopf: «Leider nein. Für mich war es immer einfach – Quickschüfeli. Heisses Wasser. Fertig. ABER WER DENKT SCHON AN MICH? UNSEREINS KANN SICH AM HEILIGEN ABEND DEN BUCKEL KRUMM KRAMPFEN!»
«Was soll das mit der Sau…?»
Walti fischte sich verärgert den abgebrochenen Gipfel aus dem Kaffee.
«Silly isst kein Fleisch mehr. Und Robert hat eine Schweine-Allergie…» – SIE WURDE NUN ZUNEHMEND VERSCHNUPFTER: «…zu allem schweinischen Elend hat mir Sven gestern ein SMS geschickt: ‹OMI – KANNST DU AUCH VEGAN?›.»
«Ja hats dem ins Gehirn geschissen…seit wann isst unser Enkel vegan?»
«Er nicht. Aber seine Neue. Sie heisst Anna-Lucia. Der Name ist das einzig Wunderbare an ihr…»
Walti wischte sich jetzt die Lippen ab: «Du machst Schüfeli! Basta! Wems nicht passt, soll sein Essen selber mitbringen…»
Hilde schaute genervt: «Wir sind hier nicht bei den Pfadi. Ich will kein Weihnachtsessen, wo jeder sein Pfännchen selber anschleppt, Walti!»
AM MITTAG MELDETE IHRE JÜNGSTE TOCHTER: «Mammi – ich habe ein Gluten-Problem…»
Weshalb Käthi das mit ihrer Glutenunverträglichkeit erst mit 55 bemerkte, blieb der Mutter ein Rätsel. Aber: «Ist gut mein Schatz!»
ZWEI TAGE SPÄTER, ALS WALTER WIEDER AN DEN FRÜHSTÜCKSGIPFELN HERUMSAUGTE, JAMMERTE HILDI: «Ich habe mich jetzt schlau gemacht – Walti…»
«AHEMM» – er zog sich die Todesanzeigen mit dem Gipfel rein.
«Es gibt ein Rezept für Steinpilzauflauf …mit glutenfreien Nudeln…»
«Ich will die Sau!» – brummte es hinter dem Blatt.
«…leider sind glutenfreie Nudeln nicht richtig vegan. Da sind nämlich Eier von lebendigen Tieren drin. Dazu sollten die Pilze biologisch sein. Die müssten wir aus Marokko einfliegen lassen. ABER ICH TRAUE DEN MAROKKANERN NICHT…!» «Nimm Tomaten…»
HILDI WURDE JETZT HYSTERISCH: «Deine Schwester bekommt von Tomaten Pickel! Sie hat eine Tomaten-Allergie – UND DAS IST D E I N E SEITE, WALTI!»
Hildi fand dann einen Ei-Ersatz aus Lupinenmehl. Damit konnte sie Pfannküchlein backen – mit Wasser statt Milch.
«Mir ist einfach wichtig, dass die Familie kommt. Wie jedes Jahr!» – weinte Hildi am Frühstück vor dem Heiligen Abend, «… ich habe diese veganen Fladen ausprobiert – selbst Leonardo frisst sie nicht!»
LEONARDO WAR DER NACHBARSHUND. ER FRASS SONST WIRKLICH ALLES.
Natürlich hatte sie dann für Walter doch noch ein winzig kleines «Schüfeli auf Bohnen» zubereitet. Dann: den Lupinenmehl-Kleister. Und eine glutenfreie Lasagne mit biologischen Austernpilzen… Das Ende vom Lied:
Walter musste seine kleine Portion mit 18 andern teilen.
Grund: «An Weihnachten machen wir mal eine Ausnahme!»
PS. Anna-Lucia kam nicht. Sven brachte eine Neue: «Das ist Nancy – sie trinkt nur Wasser ‹ohne›! Essen tut sie alles!»
Hildi strahlte: «SO EIN SYMPATHISCHES MÄDCHEN!»