Manschettenknöpfe

«Ich kann dir mein Gucci-Kleidchen ausleihen...» – LILLI SCHAUTE IHRE COUSINE AN. Und was sie sah, gefiel ihr gar nicht.

Natürlich konnte sie Hanni nicht einfach von der Liste streichen. Sie gehörte zur Familie. Und deshalb an die Hochzeitsfeier. ABER VERDAMMT NOCH MAL, DIESER MÜDE BESEN KÖNNTE SICH DOCH ETWAS MODISCHER AUFPEPPEN. Dann: «Rolf kommt. Er ist Cédrics bester Freund ...UND ER IST DEIN TISCHNACHBAR, HANNI.» «Ach ja?» – Hanni war nicht an Rolf interessiert. Sie wollte jetzt heim. Der Hund musste raus.

ZUR SELBEN ZEIT WURDE ROLF VON CÉDRIC DER BENIMMCODE EINGETRICHTERT: «Sie ist noch Jungfrau... sagt Lilli zumindest... Sie mag keine Männer. Nur Hunde. UND DU WIRST VERDAMMT NOCHMAL NETT ZU IHR SEIN, ROLF!» «Klar», zuckte der mit den Schultern, «ich bin immer nett. Aber jetzt muss ich gehen – Mausimaus wartet!» «MAUSIMAUS?» – Cédric schaute elektrisiert hoch, «hat der tranige Junggeselle endlich eine Flamme?!» Rolf grinste: «Ja. Aber sie liebt nur Poulet-Mischung von Sheba...»

Am Hochzeitsmorgen suchte Rolf das einzige Hemd mit den Doppelmanschetten heraus. DIE MANSCHETTENKNÖPFE FEHLTEN. «Scheisse!», jaulte er. Und jagte in die Stadt. BEIM ERSTEN JUWELIER LIESS ER SICH MANSCHETTENKNÖPFE ZEIGEN.

Die Verkäuferin erkundigte sich schüchtern: «Haben Sie sich etwas Bestimmtes vorgestellt...?» «ES IST EINE NOTLÖSUNG... ICH MUSS AN EINE HOCHZEIT...» «Manschettenknöpfe werden kaum mehr verkauft...», lächelte sie nun. Er lächelte zurück: «Ich bin eben ein altmodischer Mensch...» Sie schauten einander in die Augen. Und es war, als würden dreitausend Chöre Händels «Halleluja» anstimmen.

«Sie hat einen wunderbaren, warmen Blick...», dachte er. «Er hat so Katzenhaare am Kragen und ein liebenswertes Lächeln...» sinnierte sie. STUMM SCHWEBTEN SIE AUF WOLKEN. GUT ZWEI MINUTEN. DAS IST LANGE FÜR EIN GESCHÄFT, DAS UMSATZ MACHEN SOLLTE.

«Kommen wir voran, Frau Bitterli...?!» – der Geschäftsführer holte beide aus allem Halleluja zurück. Rolf begann zu stottern – das tat er immer, wenn er aufgeregt war: «Vielleicht... die… die mmmmit dem sssschwarzen Stein...» «ONYX», erklärte der Geschäftsführer. «Onyx ist immer viril. Und elegant...» «Ich würde die schlichten Perlenknöpfe nehmen», sagte die Verkäuferin nun bestimmt... DER GESCHÄFTSFÜHRER HUSCHTE BELEIDIGT AB.

«Sie brauchen sie nicht einzupacken...», sagte Rolf an der Kasse. DIE VERKÄUFERIN LÄCHELTE: «Ich wünsche Ihnen ein wunderbares Fest...» ER WINKTE AB. UND DANN MEINTE ER SEINEN EIGENEN OHREN NICHT TRAUEN ZU KÖNNEN: «Viviviel llllieber würde ich den A-a-abend mit I-i-hnen verbringen...»

HALLELUJA! Ihre Hände zitterten: «Das ist meine Handynummer...»

NOCH AUF DEM WEG IN DIE KIRCHE RIEF ER SIE AN: «Sind Sie morgen frei... ich bin sonst nicht so... Sie können Mausimaus fragen...» MAUSIMAUS?

«Meine Katze...» «Ohhh – wie schön. Ich habe einen Hund und...»

SIE HATTEN BEIDE NOCH DAS HANDY AN DEN OHREN, ALS SIE VOR DER KIRCHE ANKAMEN.

«Da seid ihr ja endlich...», rief Lilli genervt. «Hanna – das ist Rolf...» BEIDE LACHTEN LAUT HERAUS. «HABE ICH DA ETWAS VERPASST?» – lachte jetzt auch Lilli. UND IM STILLEN: «...ich werde den Brautstrauss Hanna zuwerfen... vielleicht wäre Rolf ja etwas für das alte Mädchen ...ALS ERSTES MÜSSTE SIE DIESE SPIESSIGEN MANSCHETTENKNÖPFE BEI IHM AUSWECHSELN UND...»

Halleluja!

Freitag, 26. Oktober 2018