Mörderin Meier

Sie hatte ihn umgebracht. Doch als die Herren vom Beerdigungsinstitut Max in dieser edlen Kiste raustrugen, vermisste sie ihn bereits.

MAX HATTE GENERVT. Aber diese Stille jetzt war schlimmer.

«Mein tiefstes Beileid…» drückte ihr Doktor Änishänsli die Hände, «…sie haben ihn zu Tode gefüttert!»

Für einen kurzen Augenblick dachte sie, dieser Trottel von Arzt habe etwas geschnallt. Aber Änishänsli war neben seiner Menschenklempnerei passionierter Imker. UND IMKER SIND IMMER ETWAS NAIV.

«Ach ja», weinte sie.

«Seine Leber machte das nicht mehr mit. Er ass einfach zu gut…»

Hildegard entzog Änishänsli ihre Hand: «Er ass, was ihm schmeckte…» schnüffelte sie. «…zum Schluss Hackbraten mit Pistazien».

SIE HATTE INS HACKFLEISCH NICHT NUR PISTAZIEN UNTERGEMISCHT. AUCH EIN SCHNAPSGLAS. Das Glas wurde im Bimbi zu feinsten Splittern gemixt. UND ADE DU LIEBE WELT!

Nein. Pflegeleicht war Max nie gewesen. Seine anfänglichen Begierden im Bett verlagerten sich auf die Teller. DIES NICHT OHNE STÄNDIG RUMZUMECKERN: «Da fehlt eine Spur Majoran, Hilde-Liebchen… das Ei ist nicht richtig weich, Schatzi! ...diese Tomaten schmecken nach gar nichts, MAUS!»

Er dämpfte die pfeffrigen Stänkereien stets mit einem Kosewort ab. So wie Hilde ein überwürztes Gulasch mit Rahm abmilderte…

NACH 40 JAHREN GESTÄNKER UND NUR DREI MONATEN SEXLEBEN WAR GENUG. Hildegard Müller beschloss, ihren Alten ins Jenseits zu schicken. Deshalb: Schnapsglas… 10 Minuten Shutter-Gang auf Hochtouren… Hackfleisch. UND AB IN DEN OFEN!

«Es hat zu wenig Pistazien drin, Engelchen…» war das letzte, das sie von ihm hörte.

Die Nachbarn waren sehr feinfühlig. Sie verzichteten auf einen Kranz beim Sarg (Max war eh nicht die Nummer gewesen, die andere durch Charme erwärmen konnte). Also schickten sie ihr einen riesigen Blumenstrauss: «Wir sind mit Ihnen, Frau Meier!»

Nachbarin Bölzli erzählte überall herum, was für eine wunderbare Köchin Hildegard gewesen sei. Noch kurz vor Max’ Tod habe sie den Mixer auf Hochtouren vibrieren hören – und alles für diesen Vollpfosten von Ehemann!

WIE RECHT FRAU BÖLZLI HATTE!

Aber eben – die menschliche Seele tickt seltsam: Hilde vermisste den schmatzenden Fettkloss über ihrem Poulet in Aspik. Sie wurde käsig, fahrig. Auch ein bisschen geistig verwirrt: «Ich habe ihn umgebracht…», flüsterte sie jetzt immer. Und «Ja, ja Frau Meier – ihre Küche war einfach zu gut für ihn», tröstete Nachbarin Bölzli.

Eines Tages beschloss Hildegard ihrem Leiden ein Ende zu setzen. Sie mischte Hackfleisch. Und liess den Bimbi los: Diesmal war’s ihre Lieblings-Espressotasse mit der Signatur von George Clooney.

ALS DER MIXER RICHTIG LOSLEGTE, GABS KURZSCHLUSS. UND FEUER.

ES SCHIEN, ALS OB MAX SIE NICHT BEI SICH HABEN WOLLTE!

«Die arme Frau hat zum Schluss gar Porzellan gemixt…» erzählte Frau Bölzli später in der Bäckerei.

Hildegard kam in die geschlossene Abteilung. Alle waren freundlich zu ihr. DAS GING IHR GEWALTIG AUF DIE NIEREN! «Gebt mir meinen Bimbi und ein Schnapsglas…» tobte sie.

Sie gaben ihr stattdessen eine mildernde Spritze. So wie sie einst Rahm unter die überwürzte Sauce gerührt hatte…

Freitag, 27. Juli 2018