«Wowwww!» – Nicos Augen glänzten.
Vor ihm spuckte der Vulkan.
Vulkane waren sein Lieblingsfeuerwerk: STILL. KNISTERND. Mit diesem funkelnden, steilen Sternenschweif, der in einem kleinen Feuer zusammenbrach.
Nico mochte keine Raketen.
Keine Knaller.
Er zündete eines der bengalischen Zündhölzer an. Schwenkte es hin und her. Und staunte über das magische Rot, das die Flamme ins Dunkle sprühte.
Wie immer hatten die Kinder die Nacht kaum abwarten können. Und schon beim leisen Eindunkeln erste Knaller losgelassen.
Nico hatte gewartet. Er wusste, dass die Sterne nur nachts wunderbar funkeln konnten.
Sein Vater nahm ihn jetzt in die Arme: «Du bist wie ich, Nico – auch mir sind die Vulkane die liebsten…»
Edi hatte allerdings kein schönes Vulkan-Erlebnis. Seit seiner Kindheit schleppt er dieses Trauma tief in sich herum.
Edis Vater war streng gewesen. Ein Bauer. Streicheleinheiten gabs nur für Kühe.
Der Bub bekam Kopfnüsse.
Edi schaut jetzt zum Höhenfeuer, wo «Göpfi», wie sie den Vater nennen, in die Flammen stierte.
«Er ist alt geworden», denkt Edi.
Dann lächelt er. Er sieht, wie sein Vater den Enkel auf den Schoss nimmt!
Edi wäre als Kind auch gerne einmal von seinem Vater in die Arme genommen worden. Aber «Göpfi» hatte nur Augen für den Stall. Die Arbeit. Und die Kühe gehabt.
Klar, dass es für so etwas wie Erstaugust-Feuerwerk kein Geld gab. Man drehte auf dem Bauernhof jeden Rappen um.
Edi hatte sich mit Milchaustragen ein paar Centimes verdient. Damit kaufte er einen Vulkan.
Damit es niemand sehen konnte, liess Edi den spitzen Hut im Stall ab.
Er hatte die Holztür geschlossen.
Schon zischte der Vulkan los.
Der Bub stand fasziniert davor. Als er dann das brennende Heu sah, rannte er in Panik davon.
«Göpfi» eilte herbei. Schweigend holte er eine Kuh nach der andern aus den Flammen.
Das Holzgebäude fackelte bis zum letzten Balken ab – aber jede Kuh war gerettet worden.
EDI HATTE NIE ETWAS VON SEINEM VULKAN-ERLEBNIS GESAGT.
Er trug dies alles wie ein schwerer Stein mit sich herum.
Der Bub magerte ab, ass kaum mehr.
Die Mutter machte sich Gedanken. Der Vater winkte ab: «Pubertät… das ist bei Schafen auch so…»
DIE VERSICHERUNG HATTE DEN STALL BEZAHLT.
ER WURDE NEU AUFGEBAUT.
ABER DAS SCHULDGEFÜHL BLIEB DAS ALTE.
Langsam geht Edi zu seinem Vater.
Nico ist jetzt vom Knie des Grossvaters gerutscht.
«ICH MUSS MIT DIR REDEN, ÄTTU»
Der Alte sagt nichts. Schaut nur stumm zum Feuer.
«DAMALS, ALS DER STALL ABFACKELTE, DA HABE ICH EINEN VULKAN GEZÜNDET UND…»
Jetzt schaut Göpfi langsam auf. «Ja. Ich weiss…»
«DU WEISST?»
«Ich habe dich in den Stall gehen sehen. Mit dem Vulkan…»
DER ALTE LÄCHELT SEINEN SOHN AN: «…ICH HÄTTE MIT DIR REDEN SOLLEN … aber Reden und Gefühle lagen mir nie … ERST DIE JAHRE SPÜLEN UNS WEICHER.»
Er breitet die Arme aus: «Komm. Es ist nie zu spät…»
ER SCHLIESST SEINEN SOHN IN DIE ARME.
Das erste Mal.
«Papa weint», flüstert Nico zu seiner Mutter.