In naiven Tantenträumen habe ich mir das immer so vorgestellt:
Grosse Auffahrt zum Schloss.
Vorfahren mit der hochradigen Familienkutsche.
Auf deren polierten Toren sind dezent die Krönchen von Innocents nobelalter Familie gemalt. UND EIN LACHENDES EINHORN. Letzteres passend zur Familientradition: gerne mal lachend einen auf dem Horn.
Dann links und rechts Tonnen von Zypressen, die sich ehrfurchtsvoll vor uns verneigen.
Und eine uniformierte Dienerschaft, die nicht gleich nach einer Gehaltsaufbesserung schreit!
Nein.
Die Mädchen mit blütenweissen Schürzen am Bauch. Und Stoffhauben im frisch gewaschenen Schwarzhaar.
Die Männer – wundervoll ausgebeult im Schritt. Und mit dem heissen Blick: «Du schöner Mann: Die Wildsau ist gesattelt.»
DOCH EBEN – TUCKENTAGTRÄUME!
Die Realität bringt uns Palmen, in denen der Wurm steckt. Und die Blattausfall haben, sodass sie an Onkel Fritz erinnern, als er mit 83 das Grau aus dem verfilzten Haar rauszwingen und Blond reinfärben wollte. Resultat des allzu starken Color-Mittels: nur noch ein mieser, müder Büschel, der auf der Runzelbirne himmelwärts strebte. Fritz sah aus wie eine Karotte, die man beim Rupfen übersehen hatte.
So nun auch unsere Palmen: Ihre Wedel wedeln nicht mehr. Sie sind in der Hälfte abgebrochen. Und erinnern in ihrem ganzen Zerfall an Italiens Regierungssituation.
DAS PERSONAL STEHT ZUM GROSSEN EMPFANG NICHT JUBELND AM TOR!
NEIN. ES SCHLUCHZT VOR DEM FERNSEHER, WO DER ROTE HARRY SEINEM RÜSCHESCHLEIERKUCHEN DAS JAWORT INS OHR LECKT.
Also wirklich – dieses ganze Theater für Fräulein Markle! Wenn es wenigstens Miss Marple gewesen wäre …
Natürlich kennt das gemeine Personal die feinen Unterschiede in dieser Welt voller Orden und Unordentlichkeit nicht. Sie hoovern sich benebelt vom Glanz von meinen Reserve-Erdnüssen rein, saufen Innocents Aktions-Joli aus dem Tetrapack und wähnen sich an der königlichen Jause.
Gianni, der Gärtner unseres Vertrauens, umarmt mit der linken Hand Innocents alte Cognacflasche – mit der rechten spielt er an Lidas Busen herum. UND DAS VOR DEN AUGEN DER QUEEN!
Ja muss man sich noch wundern, dass so ein Land keine Regierung zusammenbringt! Was nützen fünf Sterne, wenn denen der Comment mit null Komma null am Arsch vorbeigeht?
INNOCENTS FIEPSENDE HÖRAPPARATE BEREITETEN DEM ROYALEN TREIBEN EIN JÄHES ENDE!
Das Personal erkennt die Herrschaft am Geläut … bei uns am Gepieps!
Alles hüpfte in Panik von den Sesseln hoch. Gianni stöpselte hurtig die Cognacflasche und Lida die Bluse zu.
STATT «EVVIVA, EVVIVA!»-RUFE NUR GENERVTES «MAMMA MIA!»-GESTÖHN.
Und irgendetwas im biederen Dialekt Hingefluchtes, das auf Deutsch «ZUM TEUFEL MIT DEN ARMLEUCHTERN!» heisst.
ICH ÜBERSEHE DIE ERDNUSS-ORGIE!
ICH SAGE AUCH NICHTS ÜBER DIE ZIGARETTENASCHE AUF DEM SPANNTEPPICH ODER ÜBER MEINE SECHS HAVANNAS IN GIANNIS HOSENSACK!
Ich weiss, wann man grosszügig sein muss.
Nein. Ich gehe gleich aufs Ganze: «DIE PALMEN STERBEN – GIANNI!»
Der Gärtner hat sich sofort gefasst. Er greift seufzend an die Hose. Und breitet dann die Arme theatralisch aus: «Eh, beh … sterben wir nicht alle einmal …»
DAS IST NICHT UNBEDINGT DIE ANTWORT, DIE ICH VON JEMANDEM ERWARTE, DER MIR AUF SEINER MAI-ABRECHNUNG BEI «PALMEN-MEDIZIN UND SPEZIALAUFWAND AN BAUMPFLEGE» EINEN POSTEN VON 1650 EURO EINGETRAGEN HAT!
Er bläst sich auf wie ein Frosch.
Man kann so etwas an kleineren Menschen immer wieder beobachten.
Sobald sie sich in die Enge getrieben fühlen, werden sie grösser und grösser. Sie sind wie Ballons, die sich innerlich selber aufblasen. UND SIE SIND ANGESTAUT AN DUMMEN ENTSCHULDIGUNGEN, WIE DAS HUHN MIT EIERN.
Gianni also stemmt jetzt die Fäuste in die Hüften und brüllt: «Die Palmen sind gerammelt voll von Insekten. Und die sind so gross wie meine Eier, Sie Klugscheisser… da kann der Stamm noch so alt sein. Wenn der Wurm drinsteckt, knackts im Geäst und…»
Ach – wem sagt er das!
ICH BIN JA MIT EINEM ALTEN STAMM LIIERT. UND PRINZ HARRY AUCH (obwohl da ganz böse Zungen etwas vom Reitlehrer flüstern … ABER SO EIN REITLEHRER IST DAS BESTE, WAS EINEM DEGENERIERTEN AST PASSIEREN KANN: BLATTAUFFRISCHUNG!).
Natürlich wische ich den vulgären Ausbruch dieses kleinen Busengrabschers eisig zur Seite: «Wenn du besser auf die Palmen aufgepasst hättest, würdest du mich jetzt nicht auf dieselben bringen.»
DAS WAR EIN KALAUER.
So etwas kapieren die Italiener aber nicht. Sie verstehen punkto Witz eh nur die Remakes von «Totò total». Doch der neapolitanische Komiker ist seit 50 Jahren tot. Und sein Witz auch.
Gut. Ich komme mit Vorwürfen und Gestänker. ABER N I E MIT LEEREN HÄNDEN.
Ich habe allen unsern Treuen einen Wiener Lebkuchen mitgebracht. Vom Prater.
Und darauf habe ich den Zuckerbäcker in himmelblauer Schrift malen lassen: «SERVUS DU HALLODRI…»
Natürlich lag ich mit den Herzen total daneben.
MENSCHEN DIE PALMEN STERBEN LASSEN, HABEN KEIN FAIBLE FÜRS HERZ.
«Troppo dolce… E NON VEGANO», rümpfte Lida die Nase.
Eine offene Bluse – aber verschlossen gegenüber süssem Herzensglück.
MANCHMAL HABE ICH RICHTIG SEHNSUCHT NACH MEINEM GUTEN ALTEN BASEL.
Die Menschen sind dort einfach einfacher.
Man kann sich eine Grillwurst reinziehen!
Auf die nächste Fasnacht hinfiebern.
Und Bäume umarmen, ohne dass diese gleich umkippen.
Am nächsten Tag allerdings bedankt sich Gianni strahlend für das Lebkuchenherz. Er hat es gegen eine schöne Nacht mit seiner Ehefrau Graziella eingetauscht.
Für einmal hatte sie keine Wäsche.
Graziella hat zwar nicht mehr den straffen Busen von Lida. Aber immerhin ist d e r nicht vegan. UND – SO SCHEINT ES – EINEM ZUCKRIGEN SPRUCH NICHT ABGENEIGT.