Fasnacht ohne Betten

Der nette Mann schüttelte noch einmal den Kopf: «Es tut mir leid – ich habe hier keine ­Reservierung ‹Celine Huber›!»

SHIT. SHIT. SHIT.

«Aber Sie werden doch noch ein Zimmer frei haben?»

Celine schaute den Desk-Mann verzweifelt an.

Der seufzte ebenso verzweifelt: «In Basel ist ­Fasnacht, Frau Huber. Sie wissen gar nicht, wie viele Bebbi diesen

Anlass fliehen!»

DOCH.

WUSSTE SIE GENAU.

SIE WAR EINE DAVON.

Als sie Hans heiratete, war klar: Fasnacht ist ein Tabu. Da hat der Trommler seine Tage.

ALSO WEG!

Sie hatte mit diesem verkrampften Humor eh nie viel anfangen können. Überdies bereiteten ihr Piccolo-Töne Migräne.

Am nettesten waren da noch die Waggiswagen. Die fuhren einfach nur stumm an ihr vorbei.

«… selbst die Badewannen sind ausverkauft», legte der Concierge noch einen drauf.

«Na dann», seufzte Celine.

Und machte sich auf ihrem Handy mal über die Retourzüge nach Basel schlau.

Zu Hause dann Chaos – das Schlafzimmer war ein Schlachtfeld. Und überall standen ­Gläser herum. Mit Lippenstift!

MIT LIPPENSTIFT?

Hans würde doch nicht wieder als Frau…?

Aber Fasnächtler waren undurchschaubar. Die lebten jetzt einfach alles aus.

Schon einmal hatte sie Hans mit Lippenstift­spuren überrascht (das war damals gewesen, als sie mit starker Grippe unverhofft heimgekommen war). Er hatte herumgedruckst: «Also am ­Dienstag gehen wir Trommler immer als Frauen und…»

DAS DURFTE DOCH NICHT WAHR SEIN.

War es auch nicht (wie sich später herausstellte).

Celine stellte den Koffer ins Schlafzimmer. Und ging zum «Braunen Mutz», wo die Clique sich jeweils zum Nachtessen traf.

Erwin, ewiger Junggeselle, Starpfeifer und ein bisschen schwul, schaute sie traurig an, als sie nach Hans fragte.

«Du musst jetzt stark sein, Celi?!»

ERSTE ÜBERLEGUNG: ER HATTE EINEN INFARKT.

NOCH SCHLIMMER: ER HAT SICH EINEN BUSEN SPRITZEN LASSEN!

«Er ist schon lange nicht mehr bei uns. Er geht seine eigenen Wege, Celine…»

Sie schüttelte ungläubig den Kopf:

«Blödsinn. Er hat doch mit euch die Larven gemalt … beim Requisit geholfen. Und…»

«…seine eigenen Wege», wiederholte Erwin leise. Und nahm Celine in die Arme.

«Ich muss jetzt heim», flüsterte sie später.

«Soll ich dich begleiten?», fragte er.

«Es geht schon – und danke, Erwin. Du

bist ein guter Mann.»

ZU HAUSE WAR DANN IHRE SEITE DES ­DOPPELBETTS BEREITS BELEGT.

«Du hast mir gesagt, du seist geschieden», gellte die Tusse neben Hans.

Sie klebte ihm eine Ohrfeige.

Celine schlug auch zwei Mal zu:

«N o c h nicht, Fräulein! Aber bald!»

Dann nahm sie wieder ihren Koffer. Irgendwo auf dieser Welt sollte doch verdammt nochmal ein Bett für sie frei sein.

P.S. Sie lernte mit 44 noch Piccolo spielen. Und nahm zusammen mit Erwin das ­Mittwochs-Abonnement im Theater.

Hans ruesste künftig alleine.

Montag, 6. März 2017