Er wollte sie umbringen. Schon lange.
Die Frage war nur: WIE?
Am liebsten wäre Rolf ihr an den Hals gegangen.
Anna hatte ihn während den letzten 40 Jahren zur Weissglut getrieben.
Liebe war eh nie dagewesen. Aber so etwas wie Respekt. Und: Geld. VIEL GELD.
Sie hatten einander an einer Benefiz-Veranstaltung kennengelernt. Sie: die Gönnerin. Er: im Service.
Natürlich wusste er, wer Anna war: die Erbin des grössten Bauunternehmers des Landes.
Nun gut – das Land ist klein. Aber der Franken hart. Und hart war auch das Leben von Rolf bis anhin gewesen: Sohn einer alleinerziehenden Mutter. Kleinere Delikte (Ladendiebstahl, Checkfälschung) im jugendlichen Alter. Besserungsanstalt. Und das ganze soziale Therapieprogramm …
Anna hatte einen Narren am Kellner gefressen. Bald frass sie ihm auch aus der Hand. Resultat: EIN CRASH-BENIMMKURS UND HEIRAT MIT POMP.
Anfangs war die Ehe ganz passabel. Man muss einer Katze nur die Sheba-Dose hinstellen – schon schnurrt sie zufrieden. Und stellt den Schwanz.
Mit der Zeit wurde der Ton zwischen den beiden jedoch schärfer. Gehässiger. Anna widmete sich noch mehr den guten Werken. Und auch einem Freund: Benno. Die beiden waren nun unzertrennlich.
ABER WAS KRATZTE DAS ROLF?
Er hatte auch seine Geschichten.
Um der Ehe ein bisschen frischen Wind zu verschaffen, kaufte Anna eine Metzgereifabrik an der Peripherie der Stadt: «Die baue ich um. Hänge meine Kunst auf. Und es wird ein hippes Nest, um das uns alle beneiden …»
Anna war die geborene Hobby-Architektin. Und ging den Bauleuten zwei Jahre lang zünftig auf die Eier.
Die Küche wurde ihr Traumort. Denn was man auch immer über Anna sagen wollte: KOCHEN KONNTE SIE!
Sie liess den Marmor des Schlachtertischs aufpolieren. Baute sich bei den Wurstkesseln eine Kücheninsel. Und winkte ab, als der Architekt («diese Pumpe!») ihr das Beste ausreden wollte: «Der begehbare Gefrierraum ist gefährlich. Wenn da mal aus Versehen die Türe zuschnappt, kommen Sie nicht mehr raus… frozen Anna, haha!»
DEPP!
Der Gefrierraum war das Beste, was einer Hobbyköchin passieren konnte. Immer Eiswürfel, immer ein hausgemachtes Sorbet griffbereit. Sie würde einen Innengriff anbringen lassen. Der Innengriff klemmte allerdings immer wieder einmal. Und das brachte Rolf auf die Idee zum kaltblütigen Mord. Eiskaltblütig – könnte man sagen.
Rolf manipulierte nachts den Griff mit einem Draht. Er würde Anna mit dem Wunsch nach Eiswürfeln für seinen Scotch in den Raum locken. Und dann: TÜRE ZU. AUS DIE MAUS!
Frühmorgens wollte er alles nochmals kontrollieren.
Rolf rieb sich zufrieden die Hände. Der eiserne Hebel blieb unbeweglich.
In diesem Augenblick hörte er Anna kommen:
«WELCHES HIRN HAT HIER DIE TÜRE OFFEN GELASSEN – ICH KÜHLE DOCH NICHT FÜR DIE KATZ!»
Es war das Letzte, das er von Anna hörte. Und dann das leise «Klack», als die Türe ins Schloss fiel.
Er hämmerte gegen das Eisen. Brüllte. Schrie.
Aber Anna hatte nur Ohren für ihr Handy: «Benno? So früh? DREI TAGE NACH PARIS?! Du bist so ein Schatz... In einer halben Stunde bin ich bei dir!»
Als Witwe hat Anna später, wenn sie den Gästen das hippe Fabrik-Heim zeigte, immer wieder betont: Die Sache mit dem Gefrierraum sei architektonisch ihre kreativste Idee gewesen.