Der Loser

Sein Neujahrsvorsatz war klipp und klar:

ICH BRINGE SIE UM.

Seit 18 Jahren war Max verheiratet.

ES WAREN 18 JAHRE ZU VIEL.

Klar – Eva hatte auch ihre guten Seiten. Nun ja – eigentlich eine einzige gute Seite: Sie war ­stinkreich.

Ihr Vater hatte Geld mit Immobilien gemacht. Nicht immer sauber. Aber immerhin hatte er die Anständigkeit, früh genug ins Gras zu beissen.

Und sein Vermögen der einzigen Tochter zu ­hinterlassen – Eva. Eva Meier. (Zwar nur mit gewöhnlichem i. Aber eben: ein i wie Pinkepinke.)

Er hatte sie bei seiner damaligen Freundin Julie kennengelernt. Eva flog auf ihn.

Max gab sich Mühe. Er führte sie nett aus ... gab Julie den Laufpass.

Und wandte sich neuen Wegen zu – die Wege führten zum Bankkonto. Und vor den Traualtar.

Max war nie ein grosses Licht gewesen.

«Ein ­Loser», rümpften Evas Freundinnen die Nase.

Er hatte zwei Lehren (Koch und Betriebs­kaufmann) abgebrochen. Und jobbte in einem Discount-Parfum-Job. Max sah gut aus. Und ­duftete herrlich – das genügte als Qualifikation.

Am Tag nach der Hochzeit klagte er über ­Migräne. Blieb zu Hause. Und die Parfumflacons haben ihn nie mehr gesehen.

Er spielte nun Golf. Reiste in der Welt herum. Und fuhr heisse Schlitten.

«Der nutzt dich nur aus», unkten Evas ­Freundinnen.

«Er hatte einfach immer nur Pech...» – ­entschuldigte sie ihn (UND DAMIT AUCH IHREN ­GRAVIERENDEN FEHLTRITT).

Manchmal spielten sie «Mensch ärgere dich nicht». Hier konnte sich Eva dann richtig ärgern. Sie war wie schon ihr Vater: der «Winner-Typ». Wehe, wenn er sie überholte. Beim Golf, beim Skat – immer dasselbe Drama. SIE KONNTE NICHT VERLIEREN.

Gut gelaunt war sie nur, wenn sie gewann. Und sie trickste sich mit allen Mitteln zum Sieg.

So auch am 6. Januar beim Königskuchen.

Seit Jahren liess sie die Kugeln «leer» backen. Schob dann selber das harte Figürchen in die Kugel. Und markierte die mit einer grossen Rosine.

Max war dumm. Aber blöd war er nicht. Er hatte sie und ihre Tricks durchschaut. Seit Jahren schon.

Und eben deshalb: ICH BRINGE SIE UM.

Die Rosinenkugel wurde mit Arsen gefüllt.

«Du darfst zuerst Evchen», schnulzte er.

Sie schaute ihn merkwürdig an. Seufzte. Und wählte die Kugel.

«FREIHEIT!» – jubelte es in Max.

Er nahm sich die nächste Kugel.

Erst beim letzten Bissen entdeckte er die Rosine darauf. «Aber weshalb...», hauchte er. Dann begann er zu keuchen.

Eva blieb regungslos.

«Ein Arzt... sofort ein Arzt...», stammelte Max.

Aber er wusste, dass es zu spät war.

Jetzt lächelte Eva böse: «Eigentlich wollte ich dich heute einmal gewinnen lassen, mein Schatz.

Ich bin es nämlich leid, mit einem miesen Verlierer zusammenzuleben. Doch wie ich sehe, hat das Schicksal deine und meine Pläne vereitelt...»

Da war er auch schon mause...

Natürlich untersuchte die Polizei den Fall. Sie fand heraus, dass Max sich das Arsen über ­Internet beschafft hatte.

«Er wollte Sie killen...», knurrte der Kommissar, «da haben Sie Glück gehabt, dass nicht Sie die Kugel abgekriegt haben...»

An der kleinen Abdankungsfeier erhob Eva das Glas auf Max: «Nett. Amüsant. Aber, na ja – ein Loser bis zum Schluss!»

Montag, 4. Januar 2016