Pommes frites

Bärbel freute sich.

Neue Küche. Neuer Ofen. Und vor allem: neuer Herd.

Dem Glück war eine lodernde Fritten-Pfanne ­vorausgegangen.

Hans hatte sich wieder mal Pommes frites gewünscht: «Aber richtige. Nicht dieser ­tiefgekühlte Mist. Handgeschnitten. Keinenfalls zu dünn. Und im Ölbad zwei Mal eingetaucht. So wie sie Mutti früher gemacht hat...»

Bärbel hätte «Mutti» am liebsten mitfrittiert. Die Gute stiess in einem Altersheim den Rollator herum. Und nannte die Schwiegertochter aus ­reiner Boshaftigkeit noch immer «Fräulein ­Schneider». Auch nach 32 Ehejahren mit Hans.

Also. Fritten wie bei Mutti.

Bärbel hatte die Kartoffeln in Schnitze gesäbelt. Diese gut abgetrocknet. Und die Frittierpfanne mit dem Öl auf die Herdplatte gestellt.

DANN KAM DAS TELEFON.

Trude wars. Und Trude hatte in der Stadt eine Tasche im Ausverkauf gesehen. Lackleder. Keine Imitation: «...und jetzt halte dich fest: ZUM ­HALBEN PREIS!»

Bärbel war skeptisch. Das konnte nichts sein. Und überdies: «... hast du mindestens 200 Taschen, Trude. Jetzt werde doch mal vernünftig. Denke an den letzten Kauf, den sie dir beim Zoll ­abgenommen haben.»

Das war die Kelly-Tasche gewesen. Von Hermes. Aber leider nur aus chinesischer Produktion.

Trude schwieg pikiert. Dann wechselten beide das Thema und zogen über Birgitt her. Die sei doch wirklich ein Flittchen. Trage diese kurzen Röcke bis ins Juhee. IN IHREM ALTER. SO WAS VON AUSGESCHÄMT! Und...

BLABBERBLABBER.

Sie stellten eben Vermutungen über die ­Körbchengrösse des Flittchens an («...alles ­Silikon, Trude. Ich kenne doch Birgitt!») als ­Bärbel in Rauchschwaden stand. Und die ­Feuerwehr auch schon die Hörner schmettern liess.

DER REST WAR LAMENTO. EIN VERSICHERUNGSFALL. UND FRITTEN BEIM TÜRKEN («gar nicht wie bei Mutti!»).

So.

Die Versicherung zeigte sich kulant. Und Bärbel durfte sich eine neue Kombination sowie einen Ofen mit Steamer und – das Schönste! – einen Herd mit diesen Schnellplatten aussuchen.

Nun wollte sie Hans am ersten Küchentag mit ­Fritten überraschen. Aber erst Können vor Lachen – sie bekam diesen verdammten Herd nicht an. Er hatte keine von diesen gemütlichen Rundschaltern, welche die Temperatur rauf und runter drehten. Er hatte überhaupt nichts. Nur sogenannte Druckstellen, die bei Fingerdrauf­pressen der Pfanne das Feuer unter dem Arsch entfachen sollten.

Bärbel drückte sich um die Frittierpfanne den ­Finger wund. Nichts geschah. Die Glasplatte blieb kühl wie die Arktis.

Sie drückte, bis die Kuppen ihres Zeigefingers blau anlief. Dann ging sie genervt zum Telefon.

Zuerst wartete Bärbel 40 Minuten in der Schlaufe. Gedüdel. Gedüdel.

Dann: «Bei deutscher Sprache drücken Sie die ­Ziffer 3». Eine Bandstimme sagte ihr, dass jetzt alles aus Qualitätsgründen aufgezeichnet würde.

UND ENDLICH HATTE SIE DEN MANN VON DER HELP-LINE IN DER LEITUNG.

Er lachte herzlich: «Aber gute Frau – das ist die Kindersicherung. Sie müssen Knopf – K – drücken. Sie haben die Betriebsanleitung doch vor sich?»

Nein. Hatte sie nicht. Aber der hätte sie doch klar als dumme Nuss abgestuft. Deshalb: «Ja, klar...».

Der Mann dozierte: «Also – nach einer gewissen Sicherheitszeit glühen die Platten ganz ­automatisch auf und...»

UND?

Rauchschwaden!

Feuerwehr.

Und wieder Fritten beim Türken («nicht wie bei Mutti!»).

Montag, 31. August 2015