Als Klara ihre Brüste auf Facebook sah, hatte sie zuerst einen Schock.
Dann einen Heulkrampf.
Und die Erkenntnis: «Sie eiern. Ich hätte sie doch operieren lassen sollen!»
Ihr Mann hatte sie aus dem Büro angerufen: «KLARA!»
Es war der Ton, den er drauf hatte, wenn seine Krawatten nicht nach Farbtönen am Ständer geordnet wurden. Oder zu viel Salz am Spinat war.
«KLARA!»
«Ja Bardi?» – noch war sie ahnungslos. Sanft ergeben.
In Irland hatte sie ihn kennengelernt. An einem Malkurs. Bard hatte ihr die Kirche des Orts gezeigt. Und den Heiland über dem Altar: 17. Jahrhundert. Unbekannter Schnitzer. Aber Wurm im Holz.
Auf dem Friedhof hatte er sie geküsst. Vor seinem Familiengrab: «Es können noch drei rein», hatte er stolz erklärt. In perfektem Deutsch übrigens. Er lehrte Deutsch. Liebte alles GROSSTEUTONISCHE. Besonders Frau Merkel, die Bayern und die deutsche Gründlichkeit.
Vor der Bäckerei hatte er um Klaras Hand angehalten. Nach ihrem seligen «Oh jaaa» hatte er zur Feier des Tages zwei «Swiss Rolls» gekauft. Und seine Übersiedlung in dieses kleine Land mit den grossen Bankkonten in Angriff genommen.
Die Schweiz war ihm anfangs suspekt. Er kannte Tell vom Hörensagen. Bard war zwar irisch – aber nicht der Rebellen-Typ. Dies nur in Glaubensfragen. Und auf Äpfel schiessen fand er einfach nur idiotisch.
Immerhin sprach ein grosser Teil in Klaras Land Deutsch. Statt Deutsch unterrichtete Bard hier nun Englisch. Der klare Pauker-Typ. Die Schüler nannten ihn «Bard – das irische Mohrloch».
Er war kein schlechter Ehemann. Etwas pingelig vielleicht. Sex am Freitag. Sonntag Kirche.
Klara war schon lange ausgetreten. Er aber verlangte ihre Rückkehr. In diesem Punkt blieb Bard stur.
UND NACH DEM KIRCHLICHEN COMEBACK JETZT ALSO IHRE BRÜSTE IN FACEBOOK!
O.k. Sie trug den Büstenhalter. Und gottlob war alles ziemlich verschwommen. Typischer Handy-Shot.
Sie hatten an jenem Abend unter Freundinnen gefeiert. Es war eine «Underwear-Party». Heidi verschacherte an Happy-Hour-Cocktails Slips, Bühas und durchsichtige Hängerchen. Früher hatte sie mit Tupperware gehandelt. Dann mit einer Haushaltmaschine, die auch kochen konnte.
Nun also Höschen.
Es hatte viel zum Trinken gegeben. Zu viel. Die Frauen waren in ausgelassener Stimmung. Kreischend hatten sie jeden neuen Büha willkommen geheissen. Und da muss es wohl passiert sein: «Komm zeig...!»
HANDY RAUS. UND KLICK!
Klara wurde 23-mal gelinkt.
Bard kam heim – weiss wie irische Milch.
«Hast du die Kommentare gelesen», greinte er.
Hatte Klara nicht. Sondern den Computer abgestellt.
«Jetzt wissen wir, wo Bardli der Most holt...» tobte er. «...und 40 meiner Schüler haben «FINDE ICH GUT» zu diesem dummen Spruch angeklickt.
«ACH GOTT, BARD!» – weinte Karla wieder.
«Lass IHN aus dem Spiel», jaulte er.
«Es war ein Versehen ... ein harmloses Unterwäschetreffen unter uns alten Mädchen und ...» Bard knallte die Türe zu seinem Arbeitszimmer zu. Sie hörte nur noch sein Aufheulen: «ES HEISST DOCH – ‹JETZT WISSEN WIR, WO BARDLI DEN MOST HOLT!› DEN. DAS IST AKKUSATIV! Die Menschen haben kein Sprachgefühl mehr!»
«Ja», sniffte Klara. Und liess den Computer hochfahren. 1476 hatten ihren Busen gesehen.
Und keiner den Akkusativ vermisst! Den Akkusativ!