Hans schaute in den Spiegel.
Er tat dies in letzter Zeit öfters.
Und stets hatte er danach den Durchhänger. ABER DEN TOTALEN – SAGE ICH EUCH!
Was Hans über den Tränensäcken entgegenstierte, versaute ihm den Tag.
ÜBRIGENS AUCH DIE TRÄNENSÄCKE – WIE ÜBERVOLLES HANDGEPÄCK HINGEN SIE DURCH.
«Ach Emma», seufzte er in der Stube.
Seine Frau spielte mit den Enkeln SCHWARZER PETER.
Grosskinder sind ein Teil der Hausaufgaben von Rentnern. «50 Prozent des Landesnachwuchses werden von Grosseltern betreut», hatte Hans erst jüngst gelesen. «Der Staat spart so 3,5 Milliarden», gab die Statistik ihren Senf dazu.
«Ach Emma!», seufzte er nun mit etwas mehr Ton. Es schien, als sei der Klageruf nicht beim Schwarzen Peter durchgedrungen.
«Ja, ja», sagte Emma leicht gereizt. Sie hatte eben die Arschkarte gezogen.
«Überall sind diese braunen Flecken …» – Hans versuchte das Gespräch in Gang zu bringen – «ALTERSFLECKEN. Es ist, als ob mein Gesicht unter eine Jauchespritze gekommen wäre …» Emma schaute jetzt auf. Sie hatte die Arschkarte so drapiert, dass ihre Enkelin Sarah genau dort zugriff. «Im Alter werden wir alle zu Dalmatinern, Hans!», sagte sie. Und Sarah jubelte: «Opi ist ein Dalmatiner … Opi ist ein Dalmatiner …»
Emma knurrte: «Schön wärs, wenn er noch so wedeln könnte …» – und wieder die Arschkarte.
Am Mittag suchte Hans einen dieser wundervollen Läden, wo tausend Düfte schweben: «Ich habe Altersflecken … was kann man tun?!»
Die Parfumerie-Verkäuferin hatte punkto solcher Flecken sichtlich kein Problem. Ihr Gesicht war bis zu den Haarwurzeln mit einer kalkweissen Abdeckungsfarbe zugespachtelt. Sie hatte diesen Grundton mit Scharlachrot (Lippen) und verglimmertem Rosa (Augenlider) aufgemotzt. Es war, als würde eine Porzellankugel zu ihm sprechen: «Es gibt die weisse Kaviar-Tinktur …»
Das Fläschlein zeigte silberne Perlen. Und einen angeklebten Preis von Fr. 398.00.
Hans spürte, wie selbst die Altersflecken erblassten: «… gibts nichts Billigeres?»
Die weisse Kugel rümpfte das kleine Näschen, über dessen Ansatz zwei graue Schattenstriche den Weg zum Hirn wiesen: «Sie können die Wüstlinge auch mit Puder abdecken. Wir haben da …»
Er verliess kopfschüttelnd den Laden. Er war ja keine Tunte. Was dachte die Kuh sich eigentlich? In der Bäckerei hörte er drei Tage später, wie zwei Kundinnen das Problem der Altersflecken erörterten: «… und da habe ich diese Milch genommen. In einer Woche war alles weg!»
«WELCHE MILCH?»
Die beiden Frauen schauten etwas verunsichert auf den Mann, der sich einmischte: «Entfettete Rohmilch. Nicht pasteurisiert …»
Es war ein Riesentheater, in der Stadt magere Rohmilch aufzutreiben. In einem Bio-Laden kratzten sie den letzten halben Liter zusammen. Er schmuggelte die Flasche ins Badezimmer. Schloss ab. Tupfte die braunen Flecken mit dem weisslichen Saft ein. Versteckte die Milch im Apothekerkasten. Sechs Tage lang tupfte er. Am siebten sah er aus wie eine überfahrene Erdbeere.
«DU HAST RÖTELN!», rief Emma entsetzt.
«Dein Gesicht ist ein verhageltes Beerenfeld …»
Der Dermatologe gab ihm Pillen, Pomade und den guten Ratschlag: «Wir können solche Altersflecken weglasern. Kein Problem …» Hans horchte erfreut auf: «Auch an Rücken und Händen …?
Der Arzt rieb sich die Hände: «Nun ja – das wird kostspielig. Und geht nicht auf Kasse …»
Reumütig ging Hans in das Geschäft mit den schweren Düften zurück: «Ich brauche ein Abdeckungspuder …»
Die weisse Kugel verzog den scharlachroten Mund zu einem süffisanten Lächeln: «Kennen Sie den Farbton ihrer Frau?!» – DUMME ZICKE!